Heute morgen und fuer immer - Roman
es, die mit mir nach Alaska fährt und mit glühenden Wangen Steine klopft in der Hoffnung auf tolle Funde. Das verbindet uns beide einfach sehr!«
Mich rührten seine Ausführungen, zumal sie mich zumindest ein Stück weit verstehen ließen, was die beiden zusammenhielt. Meine Rührung überdeckte aber nicht meinen Hunger, vor lauter Aufregung hatte ich tagsüber kaum etwas gegessen. Ich schnitt mir ein großes Stück von Omis selbst gebackenem Käsekuchen ab und inhalierte ihn fast. Omi, die das sah, musste schmunzeln und hob drohend ihren Zeigefinger: »Iss langsam, Kind, sonst wird dir schlecht!«
»Omi, ich bin kein Kind mehr!«, antwortete ich gespielt brüskiert.
»Dann benimm dich auch nicht so!«, kicherte sie und zwickte mich in die Wange. Sie sah wieder viel besser aus, meine geliebte Omi. Sie hatte das Dilemma mit dem Wasserschaden erst mal gut überstanden, natürlich stand das Abschlussgutachten der Versicherung aus, aber wenigstens waren die Reparaturarbeiten fast abgeschlossen, und es herrschte beinahe normaler Betrieb im Waldhaus, das Weihnachtsgeschäft fiel zum Glück nicht ins Wasser.
Omi zog mich zu sich und sah mich freudestrahlend an.
»Weißt du eigentlich, wie stolz ich auf dich bin, Frau Dozentin, und dankbar für deine Unterstützung. Ohne dich würde das alles hier nicht mehr sein, dann hätte ich schon lange verkaufen müssen!«
Da hatte sie allerdings recht, und ich war mir meiner Verantwortung mehr als bewusst und froh, ihr jetzt nachkommen zu können. Bislang lief alles nach Plan, jetzt musste nur die OP gut verlaufen und alles wieder verheilen, bis ich die neue Stelle antrat. Die Operation hatte ich meisterhaft verdrängt, ich fand, ich musste mir bis nächsten Dienstag nicht unnötig Gedanken machen. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass alles gut werden würde. Was konnte auch schon schiefgehen mit vier Gläsern Champagner im Magen? Eben! Es war schon ziemlich spät, eigentlich gehörte Nele längst ins Bett, und einige Gäste waren bereits gegangen. Jasper machte sich gerade am Kamin zu schaffen, das würde noch eine Weile dauern, bis es richtig brannte und wärmte. Besser, ich holte mir meinen Pashmina, beschloss ich fröstelnd, und überlegte, dass wir das Waldhaus dringend neu isolieren mussten, sonst beheizten wir ständig das Weltall mit. Leicht beschwipst ging ich nach oben. Doch als ich im Zwischengeschoss ankam, sah ich Valentin durch die weit geöffnete Tür allein im Klavierzimmer an meinem Flügel sitzen. Gedankenverloren schaute er in die Dunkelheit. Na super, das hatte mir gerade noch gefehlt. Leise versuchte ich, mich vorbeizustehlen, was in einem Haus mit altem knarzigem Parkett geradezu unmöglich war.
»Bei aller Liebe, Clara, hast du deine Tarnkappe vergessen, oder wie glaubst du im Ernst ungesehen an mir vorbeizukommen? Halt doch mal mit der Hand beide Augen zu, vielleicht klappt's dann!«
Mist, Valentin hatte immer 'nen Spruch parat, ich geriet immer unter Zugzwang.
»Ah, vielleicht wollte ich mich gar nicht an dir vorbeischleichen!«, konterte ich, offen gesagt ziemlich stümperhaft und uninspiriert.
Valentin musterte mich von oben bis unten.
»Ach so, ziehst du im Winter bei Minusgraden deine Schuhe immer aus, um barfuß durchs ungeheizte Treppenhaus zu tapern?!« Spöttisch und zugleich herausfordernd sah er mich an.
»Noch nie was von Kneippkur gehört? Ist total gesund, würde dir auch mal guttun!«, gab ich endlich souverän und sehr witzig zurück, wie ich fand.
Als ob unser Gespräch eben am Büfett und seine Lobpreisung aller Vorteile, die sich durch eine Beziehung mit Jutta ergaben, nicht stattgefunden hatte, sagte er: »Mir würde was ganz anderes guttun, aber daraus wird ja leider nie was werden!«
Da war es wieder, dieses Funkeln, das es so besonders gefährlich machte, weil Valentin kein Luftikus oder Player war, sondern jedes Wort genau so meinte, wie er es sagte. Er strahlte eine Konsequenz und Kompromisslosigkeit aus, die keinen Platz für Spielchen ließ. Mit Valentin ließ sich nicht einfach zum Spaß flirten, da gab es nur entweder oder. Mit erhobenem Kopf ging ich an ihm vorbei und die paar Treppen zu meinem Zimmer hinauf, während mein Puls so sehr pochte, dass man ihn bestimmt aus hundert Meter Entfernung am Hals schlagen sah. Als ich gerade nach der Türklinke griff, spürte ich Valentin hinter mir, sein Atem in meinem Nacken, der mir eine ungewollte Gänsehaut verursachte. Ich versuchte erst gar nicht, gegen mein Verlangen,
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