Hexen: Vier historische Romane (German Edition)
ich unserer Grafschaft und mir nicht wünschen.“
H EXENKUNST
ROMAN
VON ROSWITHA HEDRUN
Imprint
Hexenkunst
Roswitha Hedrun
Copyright: © 2012 Armin Kirstein
Datenkonvertierung eBook und Titelbild
Armin Kirstein
Prolog
V or noch keinem Papst hatten die Europäer je so gezittert, wie vor dem derzeit herrschenden Papst Innozenz VIII. , dessen stetes Anschüren der Inquisitionsaktivitäten immer mannigfaltigere Auswüchse zeitigten.
Die Folge, die eingeschüchterten Gläubigen gaben jetzt oft ihre letzten Münzen für Ablassbriefe hin, was, statt ihren Seelen, ausschließlich der Vatikankasse zum Heil gereichte. Und Dank jener zusätzlichen Einnahme konnte Papst Innozenz inzwischen nicht nur bequem die ständigen vatikanischen Eroberungskriege in Mittelitalien finanzieren, sondern überdies, woran ihm noch mehr gelegen war, das ebenso kostspielige wie sittenlose Wohlleben in seinem Kirchenstaat.
Auf dass dieser Geldborn munter weitersprudelt, wurde den Europäern allerorts vor Augen geführt, wie pflichteifrig nun die immer zahlreicher werdenden Ketzer- und Hexenjäger ihrer ‚christlichen Berufung’ nachgingen, die sie umso gnadenloser auszuüben hatten, je näher ihr ihnen zugeteiltes Betätigungsfeld der Siebenhügelstadt lag.
U mso erstaunlicher, dass sich der Südfranzose Alphonse de Belleville und sein ‚Neffe’ aus Südtirol, der sich jetzt Lukas de Belleville nannte, nach Italien gewagt hatten, wo sie doch, sagen wir ruhig gezwungener Maßen, gegen gleich mehrere Kirchengebote verstießen. Doch die Wahl ihres Ziels war nach eingehendem Abwägen ihres Vorhabens nun mal auf die einzigartige Kultur- und Kunststadt Florenz gefallen. Dort, nur dort wollen sie ihr Glück versuchen.
Vorab strebten sie allerdings die lombardische Hauptstadt Mailand an, der sie nun im immer dichter werdenden Straßengedränge mutig entgegen ritten, in der Hoffnung, dort Einlass zu finden.
E RSTER T EIL
Kapitel 1 • Frühjahr 1490
Studien für eine Kirche
„L ass dich nicht abdrängen, Lukas, kurz vor dem Stadttor wird es noch enger.“
„Ich kann schließlich reiten!“
Alphonse musste ein Lächeln unterdrücken und gestand sich dann ein, dass sich sein Schützling bisher tatsächlich mannhaft gehalten hatte. Wenn er nur nachher den Stadtwächter überzeugt, bangte Alphonse jedoch gleich drauf, und auch Lukas fiel es zunehmend schwerer, seine Angst vor diesem Moment zu bekämpfen. Eingezwängt von Pferde- und Ochsengespannen, von Reitern und Fußgängern, näherten sie sich durch den Straßenmorast schubweise dem trutzigen Mailänder Torhaus mit seinen gestrengen Wächtern.
Nicht mehr lang und die Straße zum Torhaus verengte sich, weshalb sich die Einreisenden nun auseinandersortieren mussten. Da sich die Fuhrleute bei dem links stehenden Stadtwächter auszuweisen haben, begannen sie, nacheinander ihre Gespanne auf jene Straßenseite zu manövrieren, wodurch allmählich für die Reiter und Fußgänger rechtsseitig, wo dann ihr Ausweisprüfer stehen wird, lediglich ein schmaler Streifen verblieb. Alphonse sandte Lukas einen ermutigenden Blick‚ ehe er sich auf seinem Falben vor Lukas einreihte.
Endlich stand Alphonse im Torhaus und reichte dem Wächter, der ihn als häufigen Besucher Mailands sogleich erkannte, seinen Pass hin. Der begrüßte ihn höflich:
„Don de Belleville, erfreut Euch hier wieder zu sehen!“, und ließ ihn einreiten, kaum, dass er einen Blick auf den Pass geworfen hatte.
Nachdem Alphonse wenige Schritte weiter geritten war, wendete er sein Ross und verfolgte unauffällig das Gespräch zwischen seinem Schützling und dem Wächter. Lukas hatte indessen dem Wächter mit ruhiger Hand seinen Pass dargeboten, worauf der Wächter Lukas’ Gesicht gemustert und dann gestutzt hatte. Jetzt nahm er, wie Alphonse beobachtete, den Pass in Augenschein und las laut vor: „Lukas de Belleville. - Diese Ähnlichkeit!“ Und nach einer kurzen Kopfbewegung zu Alphonse hin wollte er von Lukas erfahren: „Euer Bruder?“
„No, Signor, mein Onkel und Vormund“, gab Lukas in seinem bemüht besten Italienisch zurück.
„Euer Vormund?“, wiederholte der Wächter skeptisch und kündete dann an, was zu befürchten war: „Der Angelegenheit muss ich nachgehen. Immerhin seid Ihr unmündig, und dann solch ein junger Vormund?“
Inzwischen war Alphonse aus dem Sattel gestiegen, wodurch seine kleinwüchsige Statur jetzt noch augenfälliger war. Deshalb trat er mit gestrecktem Rücken vor den
Weitere Kostenlose Bücher