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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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die von Irokesen gesteuert wurden. Die Boote, die keine lebende oder tote menschliche Last trugen – die Indianer führten auch die Leiche des Kriegers mit, den Alexander getötet hatte –, quollen von den Ballen über, die die Felle und Waren des Hollandais’ enthielten. Étienne war nicht mehr bei ihnen: Er war nach Montréal zurückgekehrt.
    Langsam waren sie den Rideau-Fluss hinaufgefahren. Dann, nach mehreren Tagen auf dem Wasser und mühsamen Portagen – Alexander konnte sie schon nicht mehr zählen –, waren sie einen Nebenfluss hinaufgerudert, und dann noch einen…
    Alexander versuchte erst gar nicht zu erfahren, wohin sie in diesem unentwirrbaren Netz von Wasserwegen unterwegs waren. Ohnehin sprach man ihn nicht oder kaum an, und er verstand nur ihre Gesten. Er ging, wohin man es ihm befahl. Sinnlos, darauf zu hoffen, durch eine zufällige Begegnung gerettet zu werden. Ein Kanu fuhr ihnen voran, um sie in solchen Fällen zu warnen. Wenn Boote in Sicht kamen, knebelte man ihn und seine Kameraden fest und ging rasch an Land, um sich zu verstecken. Wenn das unmöglich war, stieß man ihn einfach auf den Boden des Kanus, warf ein Tuch über ihn und drohte ihm mit dem Gewehr. Die Botschaft war eindeutig.
    Die drei Gefangenen wurden streng überwacht und konnten nur beim Essen miteinander sprechen. Bei Nacht trennte man sie, legte sie auf den feuchten Boden, spreizte ihnen die Gliedmaßen und band sie einzeln an Pfählen fest, damit sie nicht fliehen konnten.
    »Siehst du, da?«, flüsterte Dumais ihm eines Tages zu und wies auf den Pflanzenwuchs am Flussufer. »Wenn ich nur diese Pflanze in die Hände bekommen könnte, und ihre Wurzeln …«
    Alexander zog die müden Augen zusammen und sah ihn fragend an.
    »Schierling«, erklärte le Revenant und kaute an einem Stück fast rohen Fleisches, dessen Saft ihm von den Lippen troff.
    Mit den tiefen, fast violetten Augenringen, die seine Nase aus rostigem Blech umgaben, sah der Mann ziemlich unheimlich aus. Alexander betrachtete die Giftpflanze aufmerksamer und sah dann seinen Kameraden an.
    »Das würde ihnen aber gar nicht gefallen, wenn sie als einzige Beute ein paar Leichen heimbringen würden, was?«
    Le Revenant lachte leise und nickte.
    »Dafür muss das Gift dich erst einmal umbringen, Dumais!«
    Dumais war bei dem Kampf schwer verwundet worden, und seine Wunde nässte. Doch er ertrug den Schmerz mit außergewöhnlicher Tapferkeit. Aber die drei Männer wussten auch, dass ihre Leiden nur ein schwaches Vorspiel dessen waren, was sie noch erwartete.
    »Soll ich dich vielleicht mit meinen Fesseln erdrosseln? Diese verfluchten Teufel hätten wahrscheinlich solche Angst davor, dass dein gequälter Geist sie für alle Zeit verfolgt und in Ewigkeit mit Unglück schlägt, dass sie die Beine in die Hand nehmen und uns zurücklassen würden. Ich könnte sogar so tun, als wäre ich besessen!«
    »Wie bitte?! Aber das bist du doch schon! Wenn du deinen verflixten Schnabel und deine teuflische Mütze abnimmst …«
    »Ach, sei still!«
    »Ist doch wahr! Mit deinem Gesicht könntest du sie glauben machen, dass du ein echter Wiedergänger bist!«
    »Genau! Dann machen sie sich nicht die Mühe, mich umzubringen, sondern fressen mich gleich roh!«
    »Und sterben alle an Fleischvergiftung, ha, ha, ha!«
    »Pass nur auf, gleich spuckst du Blut, Dumais!«
    »Nur keine Zurückhaltung, mein Freund. Ich habe wenig genug davon übrig …«
    Dumais’ Miene hatte sich verdüstert. Er verlor tatsächlich viel Blut. Da die Wunde an seinem Oberschenkel, die mehrere Zoll lang war, nicht versorgt wurde, brach sie jedes Mal, wenn sie marschieren mussten, wieder auf.
    Alexander dagegen spürte, wie sein Zustand sich mehr und mehr verbesserte. Seine Kopfschmerzen traten seltener auf, und er konnte wieder besser sehen. An seinem Hinterkopf saß noch die dicke Beule, die Wemikwanit ihm beigebracht hatte. Der Mischling, der im selben Kanu reiste wie er und am Ruder saß, sprach sehr wenig und gab vor allem Befehle. Aber in den schwarzen Augen, die sich ernst auf ihn richteten, bevor sie auf den ekelhaften Sack zu seinen Füßen weiterglitten, las Alexander, was ihm bevorstand, nämlich das gleiche Los wie seinem Freund. Der Hollandais hatte ihn vor den blutrünstigen Methoden der Chippewa gewarnt.
    Am Tag, an dem sie endlich den St. Lorenz-Strom erreichten, geschah etwas, das ihm die finsteren Absichten ihrer Entführer bestätigte. Sie schickten sich gerade an, nach einer langen

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