Hilfe ich bin berühmt
bereitgehalten hatte. Aber das brauchte viel Zeit, viel zusätzliches Futter und ständige Überwachung. Tessa schloß jetzt die Tür des freien Zimmers überhaupt nicht mehr auf. Sie hatte keine Zeit mehr zum Malen und auch sehr wenig Lust dazu. Am Ende des Tages saßen Bruder und Schwester noch ein oder zwei Stunden lesend am Feuer und fielen dann müde in ihre Betten. Sie sah die Schattenseiten des Lebens im Hinterland zur Winterzeit. Es gelang ihr, etwas Zeit zu erübrigen, um zu Alf und seinem Klavier zu eilen. Er machte jetzt wirkliche Fortschritte und zeigte grenzenlose Begeisterung. Er konnte sich jetzt ein bißchen auf sein Lehrbuch stützen und hoffte, zwar nicht das Klavierspielen in zwölf Lektionen zu lernen, aber vielleicht doch von diesem Buch und von Tessas Unterricht zu profitieren. Seine Farmarbeit beschäftigte ihn nur wenig. Irgendwie war es ihm gelungen, von seinem kleinen Viehbestand zu leben, wohl deshalb, weil er einen guten Gemüsegarten und ein Dutzend Legehennen hatte, die fröhlich auf der Farm umherliefen und auch in das Haus eingedrungen wären, hätte es nicht den gelben wachsamen Kater gegeben.
Tessa begann zu überlegen, wie Don eigentlich ohne ihr eigenes kleines Einkommen ausgekommen wäre. Jetzt war die magere Zeit auf allen Schaffarmen angebrochen, und besonders auf einer, wo alles für Verbesserungen gebraucht wurde. Sie war sicher, daß Jake ihnen mit Freuden Kredit gewährt hätte. Er schien durch ihre prompte Bezahlung seiner Rechnungen ausgesprochen verletzt zu sein und flehte sie mehr als einmal an, die Schulden doch stehenzulassen. Als Tessa dann während einer Trockenperiode mit ihrem kleinen Auto zu Jake gefahren war, packte er das Thema direkter an. Nach einer mit vielen Freunden durchzechten Nacht befand er sich in Katerstimmung, und als sie ihr Scheckheft hervorholte, wies er es mit einer gebieterischen Geste zurück und sagte: »Ich bin Ihr Freund, nicht wahr? Ich habe Sie die ganze Zeit beobachtet und gedacht: >Diese schöne kleine Dame kämpft sich durch. Sie trägt ihren hübschen Kopf immer hoch und lacht, während sie wie ein... wie ein Galeerensklave schuftet.<«
»Unsinn. Ich arbeite nicht hart — und es gefällt mir. Und außerdem, was hat das mit dem Bezahlen der Rechnungen zu tun?«
»Als ob ich nicht wüßte, daß Sie zu kämpfen haben. Der alte Jake ist kein Dummkopf, und er beobachtet genau. Was kommt herein? Das möchte ich gerne wissen.«
»Hereinkommen?«
»Zahlen, zahlen, das ist alles, was Sie und Don tun, und nichts wird verkauft. Nicht einmal ein kleines Kalb.«
»Wir melken nicht, Jake, deshalb haben wir auch keine Kälber zu verkaufen, und ich bin froh darüber. Ich hasse es, wenn ich sehen muß, wie kleine, drei Tage alte Kälber weggekarrt werden, um sich schlachten zu lassen. Ich versuche immer wegzusehen, wenn sie in diesen Gattern vor den Toren warten. Oh, ich weiß, daß die Leute es tun müssen — man kann nicht alle Kälber aufziehen, wenn man melkt. Aber ich bin eben froh, daß wir es nicht zu tun brauchen.«
Ihr Mitleid mit den Kälbern war zuviel für Jake, und er sagte etwas rührselig, daß sie das zarteste Herz und das hübscheste Gesicht der Welt habe... Hier brach Tessa in Gelächter aus. »Hübsch? Sie sollten mich sehen, wenn ich zu den Schafen hinausgehe.«
Das machte Jakes zutiefst sentimentale Stimmung vollkommen, und in der nächsten Minute sagte er zu ihr, sie habe kein Recht, diese Arbeit zu tun, sie sei eine viel zu feine kleine Dame, um in diesen verfluchten Stürmen auf die Weiden hinauszugehen, und wenn er für sie sorgen dürfte, würde sie bei schlechtem Wetter nie wieder einen Fuß vor die Tür setzen.
»Kurz«, wie Tessa an diesem Abend Don erzählte, »ich würde ein beschütztes und glückliches Leben hinter der Ladentheke führen. Eigentlich ein Heiratsantrag, Don. Darauf kann ich mir etwas einbilden!«
»Wie bist du mit ihm fertig geworden?«
»Oh, ganz leicht. Er war so von seinem Gefühl und dem Whisky überwältigt, daß ich ihm nur herzlich dankte und sagte, ich würde seine Freundlichkeit nie vergessen, aber ich hätte mich dem Zölibat verschrieben.«
»Was, zum Teufel, hast du damit gemeint?«
»Ich habe keine Ahnung, aber er auch nicht. Es klang sehr eindrucksvoll, und er vergoß nur ein paar Tränen mehr über mein hartes Schicksal, nahm den Scheck für meine Rechnung an, und wir trennten uns als bessere Freunde denn je zuvor. Ich mache mir nur Sorgen, ob es ihm gelingen wird, mit der
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