Himmel und Hölle
schwanger …?«
»Nein, Professor, wirklich nicht, diesmal habe ich allesch voll im Griff!«
»Aber? Sie klingen so anders am Telefon! Was haben Sie denn da im Mund?«
»Eine Tschahnschpange …!«, gab ich kleinlaut zu.
Zum ersten Mal hörte ich den guten Professor aus vollem Halse lachen. »Sie lassen ja nichts aus!«
»Tut mir leid … Meinen Sie, ich kann die Stelle trotzdem haben?«
»Frau Doktor, ich stelle Sie wegen Ihres Könnens und Ihrer eisernen Disziplin ein!«, polterte der Professor am anderen Ende der Leitung. »Wie Sie aussehen, ist mir herzlich egal.«
Schade eigentlich, dachte ich.
Aber da hatte der Professor schon aufgelegt.
Wie immer war Stefan durch nichts aus der Fassung zu bringen.
»Natürlich nimmst du die Stelle!«, sagte er, als er morgens um halb sechs seine Turnschuhe schnürte. »Dein Professor Aigner ist die allererste Adresse! Der weiß, was du kannst! Du willst deinen Facharzt machen, und das ist deine Chance.«
»Und die Kinder?«
»Wir nehmen ein Kindermädchen.«
Stefan stand bereits in der Tür. Er saugte an seinem Fitnessdrink und konzentrierte sich auf seinen Lauf. Er lief natürlich nach wie vor täglich - nicht, dass der Eindruck entsteht, er habe die Laufschuhe nach dem Hamburg-Marathon wieder an den Nagel gehängt.
»Ein Kindermädchen. Okay, klar. Natürlich. Gute Idee.«
Erleichtert verzog ich mich nochmals ins Bett. Dort warf ich mich von einer Seite auf die andere.
Hoffentlich war sie nicht hübsch. Nicht jung und nicht hübsch. Das würde ich mit meiner Zahnspange nicht ertragen.
Aber Stefan war einverstanden, und das war schließlich, was zählte! Als er eine Stunde später aus der Dusche kam, war mir plötzlich völlig egal, ob das Kindermädchen hübsch oder hässlich, alt oder jung sein würde.
Stefan liebte MICH. Mit Schwangerschaftsstreifen, Zahnspange und Überbiss.
Und so zogen wir kurzerhand in die Oberpfalz, damit ich in der Nähe der Klinik wohnte. Diesmal war es ein netter Bungalow - kein Supermarktdach mehr, eigentlich schade.
Anders als bei dem Job in der Praxis konnte ich nicht morgens um neun erscheinen und abends um fünf wieder gehen. Von wegen freitag- und mittwochnachmittags frei! Auch die Wochenenden waren natürlich nicht mehr zur freien Verfügung. Das war alles ein ungeahnter Luxus gewesen, an den ich mich fast schon gewöhnt hatte.
Aber Stefan hätte mir niemals Steine in den Weg gelegt. Obwohl einer unserer Leitsprüche lautete: »Auch aus Steinen, die man uns in den Weg legt, kann man was Schönes bauen.«
Was wir damals noch nicht wussten, und zwar glücklicherweise: Das Schicksal würde uns noch größere Steine in den Weg legen.
Was sag ich, Steine!
Felsen.
Berge.
Die wir würden versetzen müssen.
15
Das Kindermädchen engagierte Stefan am Telefon. Er hatte keine Ahnung, ob es hübsch oder hässlich war.
»Sie sind es. Kommen Sie morgen früh um sieben.«
Ich schwöre, er hatte sie wirklich nie gesehen! Sein Gespür war einfach phänomenal. Sie war nämlich ein Volltreffer. Aber das sollte sich erst in späteren Krisen herausstellen.
Das Kindermädchen war siebzehn Jahre alt und hieß Nicole. Sie war blond. Und sie war leider entsetzlich hübsch. Das Leben konnte wirklich grausam sein!
Ihr Gesicht war wie aus Porzellan gemeißelt, und warum sie nicht Model war, sondern Erzieherin, war mir ein Rätsel. Ihre blonde Mähne hätte Claudia Schiffer und Heidi Klum vor Neid erblassen lassen, ebenso ihre Figur. Sie trug High Heels und Miniröcke. In diesem Aufzug schob sie Kinderwagen und Kleinkind auf dem dazugehörigen Brettchen in unserer Siedlung herum und strahlte jeden an, der ihr begegnete.
Ich fühlte mich mit meiner Zahnspange ziemlich beschissen, wenn ich morgens um sieben mit dem Fahrrad zur Klinik strampelte, während Stefan im Bademantel
dem blutjungen blonden Kindermädchen die Tür öffnete.
Das Auto wurde natürlich für die Kinder gebraucht.
Es war Winter, und die Landschaft in der Oberpfalz ist bekanntermaßen hügelig. So hatte ich wenigstens mein tägliches Workout, und die Figur war nach den zwei Schwangerschaften blitzschnell wieder in Ordnung.
Die Nachbarn drückten sich die Nasen am Fenster platt, wenn die dämliche Frau Doktor morgens mit praktischem Pferdeschwanz und ihrer lächerlichen Zahnspange in die Pedale trat, während der Herr des Hauses das leckere blonde Frollein ins Haus ließ. Aber sollten sie doch ruhig glotzen!
Wie jede arbeitende Mutter hatte ich ständig ein
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