Historical Collection 04
Vater, ja. Aber ich nicht.“ Natürlich begriff sie nicht, weshalb er sie hatte holen lassen. „Wenn ich dich nun zurück in den Harem schickte, würdest du bestraft und gezüchtigt werden. Zudem könnte mein Vater dich in sein Bett holen.“ Khadin schaute sie durchdringend an. „Willst du das?“ Er hob die ferace auf und reichte sie ihr.
Laila presste sich das Kleidungsstück wie einen Schutzschild an den Leib und schüttelte langsam den Kopf. „Nein.“
Es war unüblich, dass Frauen die Zurückgezogenheit des Harems verließen, aber Khadin verspürte den Drang, diesen Mauern zu entfliehen. „Zieh dich an, und dann geh ein Stück mit mir.“
Er steckte sich einige Datteln in die Tasche seines Gewands für den Fall, dass Laila doch plötzlich der Sinn nach Essen stehen sollte. Nachdem sie die schwarze ferace übergestreift hatte, rückte sie ihren Gesichtsschleier zurecht.
Khadin nahm sie bei der Hand. Ihre zierliche Handfläche war schwielig und nicht weich wie die anderer Frauen. Offenbar war Laila harte Arbeit gewohnt und hatte kein verwöhntes Leben geführt. Aber vielleicht würde ihr eine kleine Atempause von dem Dasein, das sie sonst fristete, ja zusagen.
Er führte sie hinaus, wobei sie Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. „Wohin bringt Ihr mich?“
„Das wirst du schon sehen.“ Er ging mit ihr durch das Akhor Kapı , das riesige Tor, das zu den Stallungen führte. Hier standen mehr als dreitausend Pferde. Doch Khadin führte sie weiter bis zu dem Stallgebäude, das den stolzen Arabern vorbehalten war. Sobald Laila die Tiere erblickte, blitzte freudige Erregung in ihren Augen auf.
Ein Sklave führte einen schwarzen Hengst zu ihnen, damit sie ihn begutachten konnten. Das Fell des Tiers war gestriegelt worden, bis es glänzte. Laila trat vor und sprach mit dem Hengst. „Wie schön du bist“, murmelte sie und strich ihm über den Hals.
Khadin beobachtete, wie sie das Pferd liebkoste und ihm mit den Händen über den schwarzen Rücken fuhr, und meinte, ihre Finger auf seiner eigenen Haut zu spüren. Laila musste gefühlt haben, was in ihm vorging, denn sie drehte sich kurz herum, ehe sie sich erneut dem Pferd zu- und den Blick abwandte, als suche sie sich Khadins Aufmerksamkeit zu entziehen.
„Du solltest nicht aufhören“, meinte er. „Es gibt wohl kein männliches Wesen auf Erden, das die Berührung einer schönen Frau kalt lässt. Ich bin gewiss, dass es diesem Burschen dort nicht anders geht.“
Er wollte, dass sie seine Berührung ebenfalls genoss. Behutsam schob er ihr Zopf und Schleier hinter die Schulter, legte ihren Nacken frei und machte sich daran, ihr die Verspannungen fortzumassieren. Laila erstarrte, als wage sie nicht, sich zu rühren. Unter seinen Fingern spürte er ihre Gänsehaut; eine andere Wirkung erzielte er mit seiner Liebkosung nicht.
„Möchtest du ihn reiten?“
Sie erschauerte, fasste nach seinen Händen und schob sie fort. „Ja.“
„Soll ich dir hinaufhelfen? Brauchst du einen Sattel?“
„Weder noch.“ Sie schwang sich auf den Rücken des Hengstes und lenkte das Tier nur mittels ihrer Knie über den Platz. Dieser war nicht besonders groß, aber dennoch ließ sie den Hengst in leichten Galopp fallen. Der Schleier wehte hinter ihr her.
Khadin ertappte sich dabei, dass er wünschte, sie würde weder ferace noch Schleier tragen, weil er ihr Gesicht sehen wollte. Sie ritt das Tier, als sei sie mit ihm verwachsen, ging geschmeidig mit den Bewegungen mit und musste sich kaum festhalten. Er schaute ihr eine Weile zu, bis sie schließlich zu ihm zurückritt.
„Was ist mit Euch?“, fragte sie. Als er sie nur fragend ansah, fügte sie hinzu: „Wollt Ihr gar nicht reiten? Oder benötigt Ihr Sattel und Zaumzeug?“
Vermutlich hielt sie ihn für zu hochmütig, sich auf den bloßen Rücken eines Pferdes zu schwingen. „Ich werde mit dir zusammen reiten“, erwiderte er und saß hinter ihr auf, ehe sie noch etwas einwenden konnte. Er schob Laila nach vorn und ritt an, zunächst im Schritt. „Sollte ich hinunterfallen, werde ich dich zwangsläufig mitziehen.“
Sie warf ihm über die Schulter einen Blick zu, und in ihren Augen funkelte es erheitert. „Dann solltet Ihr besser nicht hinunterfallen.“ Sie beugte sich vor und flüsterte dem Hengst offenbar eine Anweisung zu, denn er trabte an. Diese Gangart machte es schon schwerer, das Gleichgewicht zu halten, doch Khadin war als Heranwachsender häufig ohne Sattel geritten – verbotenerweise.
Laila in
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