Historical Lords & Ladies Band 38
höchstens ein oder zwei Jahre älter sein als sie. Sie war hübsch, hatte große blaue Augen, einen kleinen wohlgeformten Mund, das volle rotgoldene Haar betonte ihren zarten hellen Teint. Das freudige Ereignis schien nur eine Frage von Wochen zu sein.
„Sie sollten sich besser setzen, Mrs Beresford“, riet sie zögernd. „Dort drüben ist eine Bank, oder soll ich Ihre Kutsche …“
„Wir sind zu Fuß gekommen. Übrigens, mein Name ist Lydia. Ich glaube, ich habe Sie schon hier in der Stadt gesehen. Verzeihen Sie, aber jemanden, der so hübsch ist, vergisst man nicht.“
Sarah errötete. „Wohnen Sie hier in Eastbourne?“, fragte sie schließlich.
„Ja, mein Mann hat hier in der Nähe eine Wohnung gemietet. Er ist auf Genesungsurlaub.“ Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. „Aber wir wollen Sie nicht länger aufhalten. Ich werde dort auf der Bank auf ihn warten. Wir wollten uns nach seinem Arztbesuch hier an der Ecke treffen.“
„Ich verstehe“, murmelte Sarah unbeholfen. „War Major Beresford schwer verletzt?“
„Ja.“ Lydia Beresford warf einen kurzen Blick auf Giles, dessen Aufmerksamkeit einem zweispännigen Phaeton auf der anderen Straßenseite galt. „Armer William, er lag mehrere Monate in einem französischen Lazarett und wurde schließlich gegen einen anderen Kriegsgefangenen ausgetauscht. Es dauerte fast ein Jahr, bis sein Gesundheitszustand sich besserte.“
„Das muss schlimm für Sie gewesen sein.“
„Sehr schlimm“, stimmte Lydia Beresford zu. „Doch das liegt nun hinter uns“, fügte sie strahlend hinzu. „William geht es von Tag zu Tag besser, und Giles wird im Sommer einen kleinen Spielgefährten bekommen. Ich fürchte, ich habe Ihnen noch nicht gedankt, Miss Lynley. Und Sie? Sind Sie allein hier? Sollen wir Sie irgendwohin begleiten, wenn William …?“
„Danke, das ist nicht nötig. Meine Freundinnen sind noch im Geschäft. Wir wollten uns hier treffen.“
„Ich hoffe, wir sehen uns auf einer der hiesigen Gesellschaften wieder. William und ich sind zwar nicht in der Lage zu tanzen, aber die Soupers sind ausgezeichnet. Komm, Giles, Liebling. Verabschiede dich von Miss Lynley, und dann geleitest du mich über die Straße.“
Sarah wartet, bis die beiden die Bank am Parkeingang erreicht hatten. Sie winkte ihnen zu und wollte sich schon umdrehen, als ein hochgewachsener Offizier in Husarenuniform um die Ecke bog. Trotz der Entfernung und des Verkehrslärms hörte Sarah Giles rufen: „Papa! Papa!“
Der Junge rannte zu seinem Vater, der ihn hochhob und zur Bank zurücktrug. Der Kleine redete wie ein Wasserfall.
Plötzlich blieb Sarah wie gebannt stehen. Lady Wribbonhall, Julia und die Einkäufe waren vergessen. Wie ein Theaterstück, dachte sie geistesabwesend. Aber das hier war echt: die zärtliche Besorgnis, mit der sich Major Beresford über seine Frau beugte, die Liebe in ihren Augen.
Sie sprachen miteinander. Der Major schüttelte lächelnd den Kopf und küsste ihre Hand, Lydia strahlte ihn an. Dann zog er Lydia hoch, und sie gingen gemeinsam in den Park.
Sarah wandte sich peinlich berührt ab. Sie hatte das Gefühl, in die Privatsphäre der Beresfords eingedrungen zu sein. Trotzdem musste sie noch einmal zurückschauen. Das Paar betrat den Park, der kleine Giles lief übermütig voraus. Wie hypnotisiert überquerte Sarah die Straße und folgte ihnen.
Die Beresfords hielten gelegentlich inne, um eine Frühlingsblume oder einen blühenden Zweig zu bewundern, während Giles fröhlich herumtollte. Die Szene kam Sarah seltsam vertraut vor.
Auf einmal erinnerte sie sich. Der Major hinkte, und seine hochgewachsene Gestalt war zu dünn – ein Beweis seiner langen Krankheit –, doch seine Bewegungen glichen denen Ravensdenes. Neben ihm wirkte Lydia klein und zierlich, dennoch vertraute sie sich ihrem viel größeren Ehemann an, hatte ihm ein Kind geboren und trug ein weiteres unter dem Herzen.
Der Major legte seinen Arm um Lydia und flüsterte ihr etwas zu. Sie lächelte, stellte sich auf Zehenspitzen und berührte mit ihren Lippen flüchtig seinen Mund. Dann, als hätten sie gerade erst bemerkt, dass sie nicht allein waren, ließ der Major seine Frau los, dirigierte sie in Richtung Ausgang und rief Giles.
Sarah stand wie angewurzelt. Sie dachte an den flüchtigen Kuss.
Ohne sich dessen bewusst zu sein, schlenderte sie weiter. Die Zeit verstrich. Sarah versuchte vergeblich, ihre konfusen Gedanken zu ordnen. Doch sie wusste nur eines mit Sicherheit:
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