Historical Lords & Ladies Band 38
plauderte angeregt mit ihrer Tochter und Lord Devenham. Sarah war völlig durcheinander. War heute denn nichts so, wie es schien?
„Sarah, du wirst von unserem Plan begeistert sein.“ Julias aufgeregte Stimme riss sie aus ihren Grübeleien. „Sie auch, Mylord.“ Sie errötete, als sie Ravensdenes Miene bemerkte. „Zumindest hoffe ich, dass Sie uns begleiten.“
„Natürlich wird er das“, versicherte Devenham, „nicht wahr, Nick?“
„Mit Vergnügen“, pflichtete Ravensdene ihm trocken bei, „und wohin, bitte?“
„Zu den alten Klosterruinen“, berichtete Julia eifrig. „Mama, bitte erlaube es uns. Als Lord Devenham und ich Sarahs Hut kaufen gingen, trafen wir Eliza Langdon, deren Bruder sowie Harry und Sophie. Eliza schlug ein Picknick vor. Das Wetter soll sich halten, und die Ruinen wären ein perfektes Ziel. Es soll dort Geister geben. Es wird bestimmt lustig, sie zu jagen.“
Sarah erschauderte bei der Vorstellung. Sie hatte genug von Gespenstern. Doch angesichts Julias Begeisterung konnte sie nicht ablehnen. Sie zwang sich zu einem Nicken, das sofort mit einer impulsiven Umarmung belohnt wurde.
„Nun, da so viele daran teilnehmen, kann ich wohl meine Zustimmung geben“, willigte Lady Wribbonhall ein. „Und wie willst du dort hinkommen, mein Schatz?“
„Ach, das ist kein Problem“, versicherte Julia. „Wir treffen uns alle am Donnerstagmorgen in Wribbonhall Lacy. Wir Mädchen fahren mit der Kutsche, die Herren begleiten uns zu Pferde. Du würdest vermutlich auch lieber reiten, Sarah. Aber du kennst ja Sophie Sherington. Sie würde es ebenfalls wollen, und mit deren lahmem Gaul kämen wir nie an. Die Kutsche ist besser geeignet, und ich werde sie fahren.
„Nein!“, widersprachen Lady Wribbonhall und Lord Devenham wie aus einem Munde.
„Aber …“
„Wenn Miss Lynley lieber reiten möchte“, fügte Devenham gewandt hinzu, „fahre ich mit der Kutsche und nehme die Zügel. Miss Sherington wird wahrscheinlich kein Reitkostüm tragen und kann sich deshalb auch kein Pferd leihen, von da droht also keine Gefahr. Einverstanden, Miss Wribbonhall?“
Julia hatte nichts dagegen einzuwenden. Als kurz darauf der Wirt erschien und Lady Wribbonhall meldete, dass die Pferde angespannt seien, begab man sich mit den Gentlemen in den Hof.
Sarah hatte bislang Ravensdenes Blick gemieden. Sie half, die Päckchen zu verstauen und hielt sich im Hintergrund. Kurz, sie tat so, als wäre sie gar nicht da.
Ravensdene trat vor, um ihr beim Einsteigen in Lady Wribbonhalls Landauer zu helfen. Ihr verzweifelter Versuch, ihm auszuweichen und allein hineinzuklettern, endete damit, dass sie auf den Saum ihres Kleides trat und beinahe kopfüber in der Kutsche gelandet wäre, wenn Ravensdene nicht so schnell reagiert hätte.
„Danke, Mylord.“ Sie wäre am liebsten im Boden versunken.
„Flöße ich Ihnen solche Angst ein, Miss Lynley?“, flüsterte er ihr zu.
Der belustigte Unterton ließ sie erstarren. „Nein. Betrachten Sie mein Ungeschick als weiteren Beweis dafür, dass eine Frau Ihretwegen den Verstand verliert. Guten Tag, Sir.“
Der weiche Klang seines Lachens ließ sie erbeben. Er hob ihre Hand kurz an seine Lippen. „Ich werde daran denken. Auf Wiedersehen, Miss Lynley.“
Sarahs Herz machte einen heftigen Satz. Einfach ihre Hand zu küssen! Wusste Ravensdene eigentlich, was er tat? Hatte er ihren Sarkasmus nicht bemerkt? Glaubte er, sie …?
Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, machte sie es sich im Landauer bequem. Warum konnte sie in seiner Gegenwart ihre Gefühle kaum unter Kontrolle halten? Warum war es so schwer, ihm zu widerstehen?
Der Entschluss, den sie vor acht Jahren gefasst und für unumstößlich gehalten hatte, geriet allmählich ins Wanken. Die ganze Welt schien kopfzustehen.
Da war Julia, die errötete, wenn Devenham etwas zu ihr sagte, und Lydia Beresford, die die Berührung ihres Mannes nicht nur duldete, sondern sie sogar von sich aus suchte.
Ist dies auch Julias Traum, fragte Sarah sich beklommen, als sie die leuchtenden Augen ihrer Freundin bemerkte. Gewiss, Julia wollte irgendwann heiraten, aber warum diese Ungeduld?
Allerdings hatten weder Julia noch Lydia Amy gesehen und ihre Schreie gehört.
Und dann war da noch Ravensdene – dunkel, stark, leidenschaftlich. Sie wünschte, sie wüsste, was für ein Mann er wirklich war: der furchterregende Fremde, dem sie im Wald begegnet war, oder der Freund, der zwei Tage zuvor Verständnis für ihr rätselhaftes
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