Historical Saison Band 20
gelingen? Was er von Lizzie gehört hatte, war nicht allgemein bekannt, doch wie sie sagte, in Jeremys Kreisen eine anerkannte Tatsache. Deborah war sieben Jahre verheiratet gewesen. Bestimmt hatte sie doch die Wahrheit gekannt? Nur, wenn das so war, warum dann hielt sie versessen daran fest, sich die Schuld am Scheitern ihrer Ehe zu geben? Er musste sie einfach nur überzeugen, dass es für sie weder Grund für Scham- noch für Schuldgefühle gab. Wieso nur begriff sie das nicht selbst?
Grübelnd runzelte er die Stirn. Er schwankte zwischen Zorn und Mitgefühl. Das unsägliche Elend zweier Menschen, die in einer solchen Ehe gefangen waren, konnte man sich kaum vorstellen. Ihre Gelübde hatten sie zu lebenslangem Scheitern verurteilt. In der Armee hatte man bei Männern, die Erleichterung suchten, wo es ging, ein Auge zugedrückt. In seiner sechzehn Jahre währenden Dienstzeit hatte Elliot gelernt, dass manche Männer sich so unwiderruflich zum eigenen Geschlecht hingezogen fühlten, wie er selbst sich zum anderen. Anders als manche seiner Mitoffiziere ruhte Elliot fest genug in seiner eigenen Sexualität, um diesen Dingen gleichgültig gegenüber zu stehen. Unter anderen Umständen wäre, was Lizzie ihm erzählt hätte, völlig unwichtig.
Nur war Jeremy Deborahs Ehemann gewesen. Dass er ihr Liebe vorgespiegelt und sie wegen ihres Geldes geheiratet hatte, war schlimm genug, aber sie derart berechnend benutzt zu haben, nein, das konnte Elliot nicht verzeihen. Nicht dass es ihm wichtig war. Wichtig war ihm Deborah, die sich anscheinend nicht verzeihen konnte, dass ihr Gatte sie verschmäht hatte.
Deborah behauptete, sie hätte mit der Vergangenheit abgeschlossen, doch das war offenkundig nicht wahr. Und wenn sie nie damit abschließen konnte? Was dann? Allein bei der Vorstellung öffnete sich ein Abgrund vor Elliot. Er krampfte seine Hände zu Fäusten. Nein, sie beide durften sich nicht länger verstecken. Das musste er ihr klarmachen.
Deborah arbeitete oder versuchte es zumindest, doch ungefähr ebenso erfolgreich, wie sie versucht hatte zu schlafen. Dauernd sagte sie sich, sie sollte sich nicht quälen, und mühte sich, nicht dauernd jenen bewussten Nachmittag erneut zu durchleben.
Das Blatt vor ihr war bedeckt mit einem Wirrwarr von Kritzeleien, Tintenflecken, Tränen und, wie sie missmutig bemerkte, mit Elliots Namen. Sie konnte einfach nicht aufhören, an ihn zu denken. Und diese Gedanken führten automatisch dazu, sich zu erinnern, an jeden Kuss, jeden Blick, jede Berührung. Das ekstatische Beben, die Spannung in ihrem Leib, als er in sie eindrang. Der rauschhafte Höhepunkt. Das göttliche Gefühl von Haut an Haut. Sein Duft auf ihrer Haut.
Wenn er sich doch nur melden würde! Aber sie war eigentlich noch nicht bereit, sich ihm zu stellen. In ihr tobte die Angst, dass er sich niemals wieder melden würde.
Als es klopfte, fuhr sie erschrocken zusammen. Hastig musterte sie ihren tintenbefleckten Arbeitskittel. Ein Blick in den Dielenspiegel sagte alles. Auf ihrer Wange prangte ein Tintenfleck, und ihr Haar sah aus, als hätte sie mit ihren Papilloten einen Kampf bis auf den Tod ausgefochten.
Elliot seinerseits ist ganz er selbst, dachte sie, als sie die Tür öffnete. Von schlichter Eleganz. Wortlos sah sie zu ihm empor, gefangen in der Erinnerung.
„Darf ich hereinkommen?“
Verlegen mied sie seinen Blick, hielt ihm die Tür auf und ließ ihn in ihren Salon eintreten.
„Du arbeitest?“
Hastig raffte sie das bekleckste Bündel Blätter zusammen und drückte es abwehrend an ihre Brust. Ihr zitterten die Hände. „Ich habe dich nicht erwartet“, sagte sie, ihr Ton halb atemlos, halb barsch. Es stimmte, und es war eine Lüge. Wie alles in letzter Zeit; so kam es ihr wenigstens vor.
Obwohl er den Rest der vergangenen Nacht damit verbracht hatte, jede einzelne Variante des Folgenden durchzuspielen, fehlte Elliot doch immer noch ein Schlachtplan. Vergebens kämpfte er gegen die ungewohnte Panik, unter der sich sein Magen zusammenkrampfte. Als sie sich das letzte Mal gesehen hatten, war Deborah nackt gewesen und rosig überhaucht vom Liebesspiel. Hier, in diesem Zimmer, hatte es begonnen. Die Küsse. Die Berührungen.
Ihre Blicke trafen sich, und Deborah schaute rasch fort. Röte stieg ihr in die Wangen. Er war … er dachte daran , und er war … verdammt, er sollte nicht daran denken!
Elliot wollte sich setzen, sah, dass Deborah noch stand und lehnte sich kurzerhand an den Kaminsims. Plötzlich
Weitere Kostenlose Bücher