Historical Weihnachten Band 04: Zeit der Hoffnung, Zeit der Liebe? / Mein Engel der Weihnacht / Ein Weihnachtsmärchen in London
Periwinkle war betrübt darüber, dass sie Claire nicht überzeugt, sondern sie vielmehr verwirrt hatte. Durch ihre Schuld mochte das arme Mädchen jetzt dem Ziel der wahren Liebe ferner sein als je zuvor.
„Du bist zu eifrig darauf bedacht, deine Aufgabe zu erfüllen. Und das nicht zu ihrem Vorteil, sondern zu deinem.“ Die Stimme des Engels schalt sie nur sanft, doch seine Macht über sie ließ Periwinkle erzittern. „Ihr Leben, ja, ihr Schicksal hängen von dieser wichtigen Entscheidung ab. Die Liebe verändert die Richtung, die das Leben eines Menschen nimmt. Deswegen müssen sie diese Entscheidung allein treffen. Du selbst hattest einmal eine solche Entscheidung zu treffen, Periwinkle. Hättest du gewollt, dass man dich dabei bedrängt?“
Das Mitgefühl in der Stimme des Engels füllte Periwinkles Augen mit Tränen. Sie erkannte tief in ihrem Herzen, wie berechtigt der Vorwurf war.
Die Stimme wurde noch sanfter. „Du tätest gut daran, dich zu erinnern, Periwinkle, dass die Einflüsterungen durch einen Engel sehr viel stärker auf das menschliche Herz einwirken können als selbst der lauteste Schrei.“
Auch der nächste Morgen war noch immer ein wenig von der Weihnachtsstimmung des Vorabends erfüllt. Die Familie nahm in der Küche gemeinsam das Frühstück ein, das sie dieses eine Mal im Jahr selbst zubereitete. Cousin Halbert entzündete den Gasofen, der die Küche erwärmte, und legte Holz für den Herd und den Dampfkessel auf. Onkel Abner tranchierte den Schinken, und Tante Eloise schnitt Brotscheiben zum Toasten. Cousine Tillie deckte das eine Ende der langen Tafel, die den Dienern als Esstisch und Vorbereitungsfläche diente.
Claire holte Butter, Milch und Käse aus der Eistruhe. Sie stand gerade auf einem Schemel und nahm einen Topf vom höchsten Regalbrett, als Rafe hereinschlenderte; unglaublich männlich und offensichtlich unglaublich hungrig.
„Was kann ich tun?“ Er blieb neben dem Schemel stehen und blickte zu ihr auf.
Sie errötete. Lieber Himmel, er sah zum Anbeißen aus! „Ich weiß es nicht“, antwortete sie verlegen. „Was kannst du denn tun?“
Er lächelte und fing an, die Ärmel hochzukrempeln. „Eier. Ich kann Eier braten, nach denen du dir die Finger lecken wirst.“
„Du kannst kochen?“ Sie ließ sich von ihm herunterhelfen.
„Mutterseelenallein in einem fremden Land“, erklärte er und behielt ihre Hand etwas zu lange in seiner, „bleibt einem Mann nichts anderes übrig, als zu lernen, für sich selbst zu sorgen.“
Er schaute in Schränke und Speisekammer und fand eine große eiserne Bratpfanne, einige Zwiebeln, Speck und getrocknete Kräuter. Bald schon hatte er den Speck gebraten und die Zwiebeln hinzugefügt. Er vertraute Claire die Aufgabe an, auf die Pfanne aufzupassen und umzurühren, während er etwas Käse rieb. Dann ließ er sich einen Schaumschläger geben und verquirlte damit in einer Schüssel ein Dutzend Eier und etwas Milch.
Alle sahen ihm dabei zu, wie er mit schwungvoller Bewegung die Eier in die warme Pfanne goss und abwartete, bis das Omelett zu stocken begann. Bevor er es in der Mitte zusammenklappte und auf einen großen Servierteller gleiten ließ, fügte er noch etwas mehr Speck, Zwiebeln und größere Stücke Käse hinzu, um eine appetitliche Füllung zu erhalten. Schließlich stellte er den Teller auf den Tisch, den Tillie inzwischen fertig gedeckt hatte.
Einen Moment lang konnte jeder in der Küche nur stumm staunen.
„Nun, ich sehe, ich werde beweisen müssen, dass es kein Gift ist. Komm, Claire, sei mein Vorkoster.“ Er zog sie zu einem Stuhl und legte ihr eine große Portion auf den Teller. Alle sahen mit angehaltenem Atem zu, wie sie einen Bissen nahm und die Augen schloss. Dann kam ein Stöhnen aus ihrer Kehle, das die älteren Herrschaften besorgte Blicke tauschen ließ.
„Es ist köstlich.“ Sie öffnete die Augen und sah Rafe fast ehrfürchtig an. „Der Käse, der Speck, die Kräuter – alles ergibt eine vollkommene Mischung.“
Voller Aufregung begab sich jeder an seinen Platz, während Rafe ihnen sein Werk servierte. Schon bald regnete es wieder Lob für Rafe, und alle stimmten darin überein, dass sie noch nie ein besseres Frühstück am freien Tag der Dienerschaft gegessen hätten.
Nach dem Essen saßen sie noch eine Weile beisammen, tranken die zweite Tasse Kaffee und fragten Rafe nach seinen Reisen aus und wie er seine Kochkünste erworben hatte. Er verriet ihnen, dass ein schrulliger Franzose es ihm
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