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Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar

Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar

Titel: Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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Helligkeit, die durch
die hohen Fenster einfiel, gut erkennen konnte.
    Wie er schon bei seinem ersten Aufenthalt in dieser Halle festgestellt hatte, zeigten die Bildnisse Szenen aus der Geschichte
dieser Welt – die er in groben Zügen bereits kannte. Doch als er
die Reliefs näher betrachtete, drängte sich ihm der Eindruck auf,
dass sie wie ein Versuch der Rechtfertigung wirkten. Einer Rechtfertigung der Abon’Shan.
    Deutlich war der Unterschied zwischen ihnen und ihren beiden
kriegerischen Vettern zu erkennen – den Abon’Dhal und den
Abon’Thul. Während die Letzteren stets mit kantigen, scharfen
Körperkonturen und unerbittlichen Gesichtszügen dargestellt waren, konnte man die Abon’Shan an ihren viel sanfter gezeichneten
Umrissen und den freundlicher dargestellten Szenen sofort erkennen. Sie wirkten kleiner als die anderen Abon-Drachen, und
entgegen den meisten heroischen Kunstwerken, die Ullrik bisher
erblickt hatte, ging es in den hier wiedergegebenen Szenen nirgends um Sieg, Triumph oder Ruhm.
    Langsam, aber immer deutlicher strömte etwas auf Ullrik ein,
das umso machtvoller wurde, je länger er die Reliefs betrachtete.
Mittels Magie ließ er ein sanftes, warmes Licht hoch in der Luft
entstehen, das die große Halle besser beleuchtete. Die Bildnisse
hatten ihn gefangen genommen, wollten ihm eine Geschichte erzählen. Ullrik verstand, dass Yacaa und Shaani ihr Leben diesem
Drachenturm und dem sorgfältigen Erzählen ihrer Geschichte gewidmet hatten. Sehr wahrscheinlich enthielten alle anderen
Kunstwerke des Turms, bis hin zu den Steintafeln in der Bibliothek, ähnliche Inhalte. Lange Zeit sah sich Ullrik um, ging mehrfach im Kreis herum, während er die Bildnisse eingehend betrachtete, dann hatte er die Geschichte verstanden.
*
    Mit einer seltsamen inneren Ruhe betrachtete Azrani den Mond
Okayar. Er stand hoch am Himmel, etwas im Süden, und ein paar
Strahlen seines warmen Lichts fielen durch die Blätter und Zweige
eines kleinen Golaabaumes, der sich schützend über sie breitete,
auf ihren nackten Körper.
    Sie lag entspannt und flach ausgestreckt im Gras, das sie als
ungewöhnlich weich empfand. Es umschmeichelte fast ihre Haut,
und die Wärme der Luft gab ihr ein Gefühl der Geborgenheit.
    Überhaupt empfand sie alles hier auf Xahoor als ausgesprochen
sanft und weich, auch wenn es in seinen Ausmaßen so riesig war
wie der Drachenturm oder die Abon’Shan selbst. Sie fragte sich,
was die Bezeichnung Seelenfelsen wohl zu bedeuten hatte.
Jonissar war eine erstaunliche Welt, und sie versuchte sie in einen Zusammenhang mit der Dreieckswelt zu bringen, die sie besucht hatte – und deren wahren Namen sie gern gewusst hätte.
Warum brachten einen die Pyramiden der Baumeister auf fremde
Welten? Wollten sie damit den Reisenden etwas sagen, ihnen eine
Geschichte erzählen? Was sie auf der Dreieckswelt im Tal des
Obelisken erlebt hatte oder in der riesigen Unterwasserkaverne,
deutete darauf hin.
    Aber warum gab es gleichzeitig so viele Ungereimtheiten? Manche Mechanismen in Pyramiden den funktionierten einfach nicht,
andere brachten unerwartete Ergebnisse hervor, und manchmal
war alles völlig auf den Kopf gestellt, wie zum Beispiel im Tal von
Okaryn. Zum ersten Mal gab es kein Säulenmonument vor dem
Portalgang der Pyramide, und ihre Körperhülle, die sie so lieben
gelernt hatte, war erloschen. Fragen über Fragen.
    Leise seufzte Azrani. Sie vermisste ihre Freundin Marina sehr.
Mit ihr konnte sie über alles reden, nicht nur über ihre Gefühle,
sondern auch über die kniffligsten Probleme und Fragen. Mit leisem Stolz musste sie lächeln, als sie daran dachte, dass man ihnen beiden, wenn sie sich gemeinsam an eine schwierige Aufgabe
heranmachten, schon eine gewisse Genialität nachsagte. Ja, sie
waren gut, sie hatten tatsächlich so manches Geheimnis aufgedeckt, das ohne sie vielleicht nie ans Licht gekommen wäre.
Wenn nur Marina hier wäre – die Sorge um sie drohte Azranis
Herz zu sprengen.
    Sie wandte den Blick von Okayar ab, hob den Kopf, stemmte
sich auf die Ellbogen und schlug die ausgestreckten Beine übereinander. Vor ihr, weit entfernt am Horizont, lag die Mauer der
Abon’Dhal. Das bedrohliche tiefblauen Leuchten, das dort in den
Himmel hinaufstrahlte, hatte sie bereits entdeckt, als sie sich vor
einer Stunde hier niedergelassen hatte – unter diesem kleinen
Baum am südöstlichen Rand des Schwebenden Felsens von Xahoor. Zum Glück lag die Mauer der Abon’Dhal

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