Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
seine
beiden Mädchen, deren Schutz jetzt seine Aufgabe war, und er
wusste, dass er alle Kräfte der Hölle in Bewegung versetzen und
sogar sein eigenes Leben opfern würde, um sie vor dieser Bestie
zu retten. Todesmutig trat er auf den Malachista zu, klein wie
eine Maus vor einem ausgewachsenen Hund. Aber er wusste,
dass Magie nicht eine Frage der Körpergröße des Magiers war.
Er hatte zwei Kreuzdrachen mit der Macht seiner Magie vernichtet, Mörderbestien, einst von den Sonnendrachen erschaffen, und
diesen widerlichen Malachista würde er ebenfalls in die Hölle schicken!
Es waren irre Gedanken fernab jeder Vernunft, die ihm durch
den Kopf schossen, aber er war bis in die letzte Faser seines Körpers entschlossen.
Der Kopf des Malachista zuckte herum, versuchte in der Dunkelheit die Quelle der Worte auszumachen.
Ullrik kam auf die wahnwitzige Idee, dem Mörderdrachen ein
helles, magisches Licht als Wegweiser zu bieten; Augenblicke
später flammte es zwanzig Ellen über seinem Kopf auf, und der
Kopf des Malachista flog herum.
Ullrik blieb stehen. »Komm her, du hässliches Stück Dreck!«,
brüllte er, von unbändigem Zorn erfüllt. Er winkte weiter. »Du
stinkst bis hierher! Woraus bestehst du? Aus Pisse und fauligem
Morast, durch Magie zusammengehalten?«
Der Malachista raste auf ihn los. Ullrik hatte längst das Trivocum mit einem brutalen Schlag aufgerissen. Gierig leckten die
Finger zerstörerischer Magien durch einen riesigen, klaffenden
Riss zu ihm ins Diesseits herüber, darauf wartend, von ihm in
eine Richtung gelenkt und freigelassen zu werden.
Ullrik hatte sich vorgenommen, nie wieder einen Dämon zu entfesseln wie damals an dem Strand der Insel, wo ihm gegen den
heranrasenden Kreuzdrachen einfach nichts anderes mehr übrig
geblieben war. Und im Moment hatte er sogar noch zwei oder drei
Sekunden Zeit. Er fühlte sich stark, sehr stark – aufgeladen von
der Kraft, die ihm sein Beschützerinstinkt eingab.
Als der Malachista die Hälfte der Distanz überbrückt hatte und
sein scheunentorgroßes Maul aufriss, um dieses lächerliche Insekt
zu töten, das es gewagt hatte, sich ihm entgegenzustellen, beugte sich Ullrik in einer ruhigen, kleinen Geste nieder. Er berührte
mit der linken Hand das Gras und die Erde unter sich; ein Gefühl
hatte ihm gesagt, dass die vitalen Kräfte der Erde, vermischt mit
den auflösenden Energien des Stygiums, die Macht seiner Magie
verstärken würden. Dann hob er die rechte Hand und hielt sie
dem heranrasenden Malachista entgegen.
Etwas Blendendes schoss aus ihr hervor, in Richtung des Malachista, und die Nacht um ihn herum löste sich in einem lautlosen
Blitz auf und erstrahlte zu einer Helligkeit, die selbst die Sonne
diesem Ort noch nie gespendet hatte.
22
Tränen
»Ich will so nicht sein«, flüsterte Ullrik. Tränen rannen über seine Wangen, die zwar schnell im Flugwind trockneten, aber es
kamen immer neue, und sie wollten nicht versiegen.
Sie flogen auf Tiraos Rücken; Azrani saß vor ihm, in beinahe
schon altgewohnter Weise, unter ihnen das endlose Schwarze
Nichts und über ihnen der Nachthimmel von Jonissar, der sich
langsam anschickte, der Morgendämmerung zu weichen. Nerolaan flog links neben ihnen, Shaani auf der anderen Seite, Burly
und Laura auf ihrem Rücken. Yacaa und Jamal waren nicht mehr
bei ihnen.
Azrani hatte wohl ebenso viele Tränen geweint, wenn auch nicht
aus völlig gleichen Gründen. Sie trauerte um die beiden verlorenen Freunde und empfand Mitleid mit Ullrik, der sich vor Selbstzweifeln innerlich zerriss.
»Du bist nicht so«, versuchte sie ihn aufzumuntern. »Du hast
uns nur beschützt. Ohne dich wären wir jetzt alle tot.«
Seine Hände lagen auf ihrem Bauch, die ihren darüber, wie
schon vor Stunden, und wäre es möglich gewesen, dass sie ihn
jetzt hätte festhalten, umarmen und beschützen können, hätte
sie hinter ihm gesessen und hätte es getan. »Ich will nur ein einfacher Mann sein«, sagte er zum wiederholten Male mit zitternder
Stimme. »Diese Macht... die furchtbare Macht... das bin nicht
ich.«
»Das weiß ich doch«, erwiderte sie sanft und drückte seine
Hände. »Das ist die Macht der Magie. Aber es kommt doch darauf
an, wofür man sie einsetzt, nicht wahr? Ich habe bisher noch keinen einzigen Moment erlebt, wo mir Zweifel an dir gekommen
wären. Im Gegenteil. Ich finde, du bist großartig. Ich mag dich
so, wie du bist.«
Er seufzte schwer. »Wirklich?«
Azrani glaubte, endlich die richtigen Worte
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