Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
der
Innenhöfe schmückten. Für die Abon’Dhal mochten diese Gärten
klein sein, für Ullrik waren sie riesig. Inzwischen war der Tag angebrochen, und er suchte einen abgelegenen Platz, wo nur wenig
Sonnenlicht einfiel. Unter einem palmenartigen Baum entdeckte
er einen großen Farn; hier würde er seine Ruhe haben. Es war ein
gemütliches Plätzchen, und so legte er sich nieder und schloss die
Augen. Azrani kam ihm in den Sinn, und dass er viel gegeben
hätte, sie jetzt bei sich zu haben. Doch bald verflogen seine Gedanken, die Müdigkeit überfiel ihn, und er schlief ein.
*
Azrani war es, die ihn viele, viele Stunden später weckte.
Mit einem Stöhnen kam er zu sich und sah sich erstaunt um,
denn es war völlig dunkel. Azrani hatte eine Öllampe bei sich, die
sie ihm vors Gesicht hielt.
»Guten Abend, du Schlafmütze«, begrüßte sie ihn mit einem
warmen Lächeln.
Er reckte sich und gähnte herzhaft. »Du lieber Himmel, ist es
schon wieder Nacht? Ich muss geschlafen haben wie ein Toter.«
»Ja, den ganzen Tag«, stellte sie streng fest. »Endlich hab ich
dich gefunden.«
Sie langte nach seiner Hand und versuchte ihn hochzuziehen.
»Los, komm mit, ich muss etwas mit dir besprechen. Wir brauchen einen ruhigen Platz.«
»Einen ruhigen Platz?« Ullrik sah sich um. »Gibt es einen ruhigeren als diesen hier?«
Azrani rollte mit den Augen. »Weißt du nicht, was hier los ist?
Hier gibt es inzwischen ungefähr hundertfünfzig Paare, die nach
abgelegenen Fleckchen wie diesem hier suchen. Wie, glaubst du,
habe ich dich gefunden? Ich musste bloß herumfragen. Hier waren schon fünf Dutzend Leute und mussten wieder verschwinden,
weil du dich hier breit gemacht hattest. Der beste Platz von allen.« Ullrik lachte laut und ließ sich bereitwillig von Azrani hochziehen.
»Du hast ja wieder mein Hemd an«, meinte er und deutete auf
ihren Oberkörper.
Azrani schlang schwärmerisch die Arme um den Leib. »Hab ich
mir wiedergeholt. Ich liebe es.« Sie nahm ihn an der Hand, hob
die Öllampe und zog ihn mit sich fort. »Komm, ich weiß schon
einen Flecken.« Ullrik folgte ihr und stellte mit Staunen fest, dass
es hier inzwischen tatsächlich recht bevölkert war. Die Paare zogen die kleinen Gärten den kalten, steinernen Hallen in der Tiefe
von Okaryn vor. Es wurde Zeit, dass die Drachen sie wieder hinunterbrachten – da würden sie eine Menge zu tun haben, es
würde sicher Tage dauern. Über vierhundert Frauen waren hinzu
gekommen.
»Nerolaan geht es wieder besser«, sagte sie, als hätte sie seine
Gedanken erahnt. Ullrik nickte. Ihr Drachenfreund hatte sich beim
Kampf gegen die Abon’Dhal einen heftigen Kopfstoß in den Unterleib eingefangen. »Morgen wollen wir anfangen, die Leute wieder
nach Hause zu schaffen. Heute haben sie den ganzen Tag gefeiert. Unten gab es ein großes Fest. Ich glaube, sie feiern immer
noch.«
»Oh, wirklich? Und keiner hat mich vermisst?«
»Dich? Nein. Die meisten halten dich noch immer für einen Götterboten, glaube ich. Und mich für die Drachengöttin.« Sie lachte
fröhlich, während sie ihn mit sich zog. Sie erreichten das nördliche Ende des Gartens, und Azrani deutete voraus. »Da vorn ist
noch so einer. Ganz abgelegen!«
Plötzlich schlug Ullriks Herz schneller. »Ein abgelegener Garten?
Was hast du mit mir vor?«
»Wirst du schon sehen. Komm mit.«
»Und… wo ist Marina?«
»Die schläft schon wieder. Deswegen konnte ich fort. Nun
komm schon.«
Im Laufschritt durchquerten sie ein großes Portal und gelangten
auf einen breiten Weg, der von hohen Mauern gesäumt wurde;
dann folgte ein weiteres Portal. Sie wählten den Weg nach links,
durchschritten ein drittes Portal – und hatten ihr Ziel erreicht. Vor
ihnen breitete sich ein weiterer, schöner Garten mit Bäumen, Bü
schen und sogar einem kleinen See aus. Wenn man den
Abon’Dhal eines lassen musste, dann war es ihr Geschick und
Gefühl für diese kleinen Enklaven der Natur. Auch auf Xahoor
hatten sie so etwas gesehen, bei den Abon’Shan.
»Dort bei dem kleinen See, unter den Bäumen.
Komm!«
Ullriks Puls hatte sich beschleunigt. Er hatte noch keine Zeit gefunden, sich darüber Gedanken zu machen, was nun zwischen
ihnen sein würde, nachdem Marina wieder da war – im Augenblick jedoch schienen seine geheimsten Wünsche wahr zu werden.
Azrani war offenbar ebenso aufgeregt wie er, sie lief um den
kleinen See herum, stellte unter den Bäumen ihre Öllampe auf
einen kleinen Felsen und ließ sich ins Gras fallen. »Komm her!«,
rief
Weitere Kostenlose Bücher