Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
sauber war; der Hunger jedoch
trieb ihn weiter in der Hoffnung, Nüsse oder Beeren zu finden
oder mithilfe seiner Magie irgendwo ein wild lebendes Tier erlegen
zu können. Am Fluss entlang wandte er sich nach Westen, aber
kaum hatte er das Dorf verlassen, wurde ihm ein anderes Problem wieder bewusst. Hinter dem Fluss kam der Wald, dahinter die
Hügel, und von dort war es nicht weit bis zu den Bergen, über
denen drohend der Schwarze Nebel lag. Hier am Fluss war er dem
unheimlichen Gebilde näher als je zuvor. Mit Schaudern stellte er
fest, dass das Schwarz im Westen einen Bogen beschrieb und
sich von dort nach Norden zog. Nun zögernd und mit wachsender
Sorge lief er weiter, erklomm einen flachen Hügel und sah in die
Runde. Was er befürchtet hatte, erwies sich als wahr. Vor ihm im
Westen endete die Welt. Das Tal war auf dieser Seite vollständig
von dem Schwarz eingeschlossen. Vielleicht konnte er noch zehn
oder zwölf Meilen nach Westen gehen, dann aber würde er der
unheimlichen Barriere so nahe sein, dass er nicht mehr weiterkonnte.
Nach Norden hin war das Schwarz etwas ferner. Was im Osten
lag, in Richtung des Schwebenden Felsens, konnte Ullrik nicht
sagen. Er hoffte, dass das Tal dort nicht auch noch von dem
Schwarz eingeschlossen war. Wenn er doch nur mit den Leuten
hätte reden können!
Tim war eine kleine Hoffnung für ihn. Der Junge würde ihm sicher helfen können, das Gebilde zu verstehen. Allerdings fragte
sich Ullrik, ob er ihm wieder begegnen würde, wenn er ins Dorf
zurückkehrte. Nicht nur die Frauen, sondern auch die Kinder wurden dort offenbar eingesperrt.
Ratlos setzte Ullrik sich wieder in Bewegung.
Mit knurrendem Magen schritt er gen Westen den grasbewachsenen Hügel hinab. Er hatte vor, diese Seite des Flusstals ganz zu
erkunden, ehe er ins Dorf zurückkehrte.
Gegen Abend wollte er sich auf den Rückweg zum Fluss machen, um sich am Morgen dort mit Tirao zu treffen.
Hoffentlich hatte sein Drachenfreund etwas herausgefunden.
Vielleicht konnten sie mit dem neuen, gemeinsamen Wissen ein
Stück vorankommen.
Der Himmel hatte sich ein wenig mit Wolkenschleiern verhangen, was die Sonnenglut verminderte und ihm das Laufen erleichterte. Ein nicht ganz so heißer Wind lebte von Norden her auf.
Wege gab es in diesem Abschnitt des Tals nicht, bestellte Felder
sah Ullrik ebenfalls keine. Trotz der Hitze, die hier möglicherweise
das ganze Jahr über herrschte, wuchs das Gras üppig. Womöglich
gab es hier ausgiebige Regenfälle oder gar Unwetter. Mäßig zuversichtlich marschierte er weiter; er erwartete nicht, hier etwas
Besonderes zu finden, doch er wollte sichergehen, dass er nichts
von Bedeutung übersah. Und dann änderte sich plötzlich alles.
Als er durch eine kleine Senke kam und dort durch einen von
Hecken überwucherten Hohlweg schritt, erreichte er schließlich
eine Lichtung zwischen vereinzelt stehenden Büschen und niederen Bäumchen. Mitten auf dem freien Platz kauerte eine Gestalt
über einem toten Tier.
Erschrocken blieb Ullrik stehen.
Die Gestalt fuhr herum, richtete sich auf, sah Ullrik kurz an und
rannte sofort davon. Ullrik machte ein paar Schritte und hob die
Hände, aber es war schon zu spät.
Es war ein Mädchen gewesen, vielleicht etwas jünger als Azrani
und Marina, in ausgesprochen ungewöhnliche Kleider gewandet
und mit einem seltsamen, länglichen Objekt bewaffnet. Sie hatte
sich nach links in die Büsche geschlagen und sich dabei so flink
bewegt, dass Ullrik keinen Gedanken darauf verschwendete, sie
barfuss verfolgen zu wollen.
Noch von dem Schreck und der plötzlichen Aufregung erfüllt,
näherte er sich dem toten Tier. Dass er hier eine Jagdszene gestört hatte, war offensichtlich.
Das Tier war etwa so groß wie ein Hund, besaß ein sehr kurzes,
gelbbraunes Fell und einen plumpen, rundlichen Körper mit kurzen Vorderläufen und hasenartig langen, kräftigen Hinterbeinen.
Der Kopf war breit und erinnerte ein wenig an ein Wildschwein;
einen Hals hatte das Tier nicht, ebenso wenig einen Schwanz.
Dafür aber zierte eine hässlich verschmorte Wunde seine linke
Seite; das Blut war geronnen, und Ullrik stieg ein Duft von gebratenem Fleisch in die Nase – hervorgerufen durch die tödliche Verletzung, die offenbar mit Hitze erzeugt worden war. Er konnte das
beurteilen, denn ein guter Magier wäre mithilfe eines geeigneten
Schlüssels der Rohen Magie in der Lage gewesen, genau dieses
Ergebnis zu erzielen. Nicht weniger hatte er selbst im Sinn gehabt, um sich
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