Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
das Trivocum. Mai:Tau’Jui und Roscoe, der hinter
Leandra ging, waren nun ebenfalls stehen geblieben.
»Das ist kein Schiff«, flüsterte Leandra, noch immer mit geschlossenen Augen. »Ich kann es ganz deutlich spüren. Etwas
lebt noch in ihm… und es fühlt sich traurig an. Unendlich traurig.«
Als Leandra die Augen wieder öffnete, sah sie zwei betroffene
Gesichter. Mai:Tau’Jui war sichtlich berührt, und Roscoe blickte
verstört zu Boden. Gerade hatten sie entdeckt, dass Menschen
und Ajhan den Leviathanen unsägliches Leid zugefügt hatten,
über Jahrtausende hinweg, und nun standen sie im Begriff, sich
selbst eines dieser getöteten Wesen dienstbar zu machen.
Dennoch – Leandra empfand es nicht als angebracht, jetzt und
hier eine Trauerandacht abzuhalten. Dieses getötete LeviathanBaby konnte niemanden mehr retten. Man konnte ihm allenfalls
noch Respekt erweisen. Vielleicht würden sie mithilfe dieses Haifanten etwas Wichtiges bewegen, nicht zuletzt auch, um den Leviathanen selbst zu helfen.
Das würde ihrem Bestreben, ihn zu einem Schiff auszubauen,
einen respektablen Sinn verleihen. Genau das sagte sie auch zu
Mai:Tau’Jui und Roscoe.
Zögernd machte sich die Ajhana wieder auf den Weg, um ihnen
das Innere zu zeigen. Sie erreichten bald darauf einen kurzen
Vertikalport, der sie durch einen künstlichen Kanal aufwärts
schweben ließ, der einzige in diesem Haifanten, wie Mai:Tau’Jui
erklärte.
Nach ein paar Schritten durch einen sich trichterförmig öffnenden Raum standen sie vor einer eingezogenen weißen Metallwand
mit einer relativ großen Gleittür.
»Die Brücke!«, verkündete Mai:Tau’Jui stolz und tippte auf einen grün leuchtenden Sensor rechts an der Wand.
Das Schott glitt beiseite, und sie betraten einen Raum, der die
Form einer flachen Halbkugel besaß. Er war kaum größer als ein
gewöhnliches Wohnzimmer, aber wirkte nach der drangvollen
Enge in den Gängen regelrecht befreiend.
Besonders wegen des riesigen Panoramafensters. Roscoe stieß
einen leisen Pfiff aus.
»Der Haifant sollte zu einem Beobachtungs- und Forschungsschiff ausgebaut werden«, erklärte Mai:Tau’Jui.
Sie deutete in die Höhe, wo sich über ihren Köpfen fast über
den gesamten Raum hinweg eine riesige Glaskuppel spannte.
»Die Kuppel besteht aus einem Spezialglas. Es ist noch widerstandsfähiger als Ceraplast und sündhaft teuer. Nachdem die
Kuppel eingebaut war, wurden uns leider die meisten Gelder für
Gladius gestrichen; dies war das Letzte, was an dem Haifanten
noch getan wurde. Seitdem, und das ist fast dreißig Jahre her,
steht er hier in der Halle und dient nur noch zu Forschungszwecken.« Sie wandte sich zu Roscoe und Leandra um. »Dafür würden uns inzwischen allerdings ein paar kleine Materialproben genügen. Diesen Haifanten hier braucht niemand mehr.« Staunend
betrachtete Leandra die riesige Kuppel, durch die sie im Moment
nur die Hallendecke mit ihren gerippten Metallträgern sehen
konnte. Wie es wohl wäre, von hier aus ins All zu blicken! Unwillkürlich fühlte sie sich an das Krähennest der Melly Monroe erinnert, eine Ceraplastkuppel auf der Oberseite von Griswolds Leviathan, durch die sie oft stundenlang das All beobachtet hatte.
Durch diese Kuppel hier würde man direkt in die Richtung blicken,
in die man sich bewegte, und das war sicher unerhört spannend.
Besonders, da die Kuppel vorn bis zum Boden reichte, nur teilweise durch die Instrumenten pulte verdeckt. So einen freien Blick
hatte Leandra noch nie von der Brücke eines Schiffs genossen,
und sie verspürte den Wunsch, hier zu sitzen, während das Schiff
durchs All raste.
»Und dieses Glas ist wirklich sicher?«, fragte Roscoe.
»Bei dieser Größe…«
»Wie gesagt, es ist ein Spezialglas und unerhört teuer.
Für diese Kuppel allein könnte man ein Schiff wie die Swish kaufen. Die Hersteller haben sich etwas von den Molekülketten der
Leviathanhüllen abgeguckt und hier verwirklicht. Laut Angaben
soll es fast sechzig Prozent der Festigkeit der Leviathanhüllen
erreichen. Was bedeutet, dass es fester als Kerastahl ist.« Sie
trat ein Stück zur Seite, wo die Glaskuppel niedrig genug war,
dass sie daran pochen konnte. »Das Material bietet einen verzerrungsfreien Blick, sodass man von hier aus optisch korrekte Bilder
aufnehmen könnte. Und es ist elastisch und selbstversiegelnd bis
zu einer Korngröße von siebenundsiebzig Millimetern.« Sie lächelte. »Falls es mal einen Durchschlag geben sollte. Aber das ist so
gut
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