Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
aus
einem System von riesigen, flachen Metallscheiben, die so in die
Felswände eines tiefen Canyons eingelassen waren, dass sie ein
verschachteltes System von Ebenen ergaben, auf welchen die
verschiedenen Stadtbezirke angeordnet waren. Verbunden war
alles durch zwei Dutzend riesenhafte, sechseckige Türme mit
Glaskuppeldächern, die von den tiefsten Abgründen des Canyons
bis hoch hinauf in den Himmel ragten, der nun tiefblau geworden
war. Leandra würde staunen, dachte Ain:Ain’Qua, als er Jox’ Blicken in die Höhe folgte.
»Die Adresse stimmt«, meinte Jox und deutete auf ein großes,
metallenes Schild an der Gebäudefassade, welche die Ebene, den
Stadtbezirk und das Gebäude bezeichnete. »Denkst du, du wirst
beobachtet?«
Ain:Ain’Qua zuckte ein wenig zusammen. Diese Möglichkeit hatte er bisher nicht in Betracht gezogen. Unsicher sah er sich um.
Der abebbende morgendliche Fahrzeugverkehr floss ruhig und
geordnet über breite Hoverways, eine Ebene unter ihnen. Das
Reisesystem für Passanten, die einzeln und zu Fuß unterwegs
waren, bediente sich eines Systems von Vertikalports und raffinierter Laufbänder innerhalb von Glas- und Metallröhren. Von hier
aus waren jedoch nur wenige davon zu sehen; es war ruhig hier
auf der Außenplattform.
Der normale Arbeitstag hatte längst begonnen, und die meisten
Leute waren an ihren Arbeitsplätzen. Wenn mich jemand verfolgt,
wird er sich ohnehin nicht offen zeigen, dachte er beunruhigt.
Doch es half nichts, jetzt in Nervosität zu verfallen. »Woher soll
jemand wissen, dass ich in Manaluu bin?«
Jox zuckte mit den Schultern. »Kann ich nicht sagen, Papst.
Gibt’s bei euch keine Spione? Ich meine, da im Dom von Lyramar? Die könnten alles Mögliche wissen.«
Ain:Ain’Qua war bereits auf dem Weg zum Gebäudeportal, fort
aus dem ungeschützten Bereich mitten auf der Plattform. »Und
ob es da Spione gibt!«, raunte er.
Das Portal trennte das Gebäudeinnere nur durch einen schwach
bläulich schimmernden Laservorhang vom Außenbereich; als sie
hindurch waren, schlug ihnen sogleich das typische, trockene,
warme und leicht ionisierte Standardluftgemisch entgegen. Vor
ihnen erstreckte sich eine weite Portalhalle, von der zahlreiche
Wege und Vertikalports abzweigten.
»Dort!«, sagte Jox und deutete auf eine der Tafeln an einem
Vertikalport. »Dort geht’s hinauf in den Mittleren Westflügel. Sektor 11. Dort soll doch dein Kontaktmann sein, oder?«
Ain:Ain’Qua nickte knapp und schlug die angegebene Richtung
ein. Dann blieb er stehen. »Hör mal, Jox…«
»Ja?«
»Ich danke dir, dass du mich hierher gebracht hast. Aber vielleicht…«
»Oh, du meinst, du brauchst mich nicht mehr?« Ain:Ain’Qua
hob abwehrend die Hände. »So ist es nicht gemeint. Ich bin dir
wirklich dankbar. Aber ab hier könnte es gefährlich werden. Und
ich…«
»Gefährlicher als bei unserem Gassenkampf?« Jox grinste. »Na,
da war ich gern dabei.«
»Was würde dir das bringen?«, fragte Ain:Ain’Qua.
»Es verschafft dir keinen Gewinn…«
»Wie ich schon sagte: Es gefällt mir, mit dem leibhaftigen Papst
herumzuziehen.« Er schüttelte den Kopf, während er Ain:Ain’Qua
von oben bis unten musterte. »Dich in so ‘ner päpstlichen Robe –
das kann ich mir gar nicht vorstellen, Mann.«
Ain:Ain’Qua seufzte. Inzwischen konnte er das selbst kaum
noch, obwohl erst ein paar Stunden vergangen waren. Leise Wut
überkam ihn. Verlorene Zeit, schalt er sich. Sieben Jahre lang
hatte er den Interessen des Pusmoh gedient, ohne es wirklich zu
wissen, obwohl er es eigentlich hätte durchblicken müssen. Immerhin mehr schlecht als recht, sagte er sich – dennoch war es
verlorene Zeit gewesen.
»Also gut, Jox«, gab er nach. »Hilfe kann ich allemal gebrauchen. Aber ich kann dir nicht sagen, wo das alles enden wird. Du
weißt, ich muss fort von Schwanensee.«
Jox setzte sich in Bewegung und klopfte Ain:Ain’Qua auf die
Schulter, zog ihn mit sich.
»Komm schon, Heiliger Mann. Ich brauch ein Frühstück, meine
beiden Mägen knurren wie verrückt. Denkst du, dein Kontaktmann hier hat frischen Cayurana-Saft im Eisschrank?«
*
Als sie die Ebene erreicht hatten, auf der sich die Wohnung des
Kontaktmannes befand, wurde Ain:Ain’Quas unangenehmes Gefühl stärker. Er konnte nicht sagen, woher es kam; was Vorahnungen anbelangte, war er nie eine Größe gewesen. Vielleicht lag
es einfach nur daran, dass er bisher unbehelligt geblieben war. In
diesen Zeiten war es keine große Sache, eine Person mittels
elektronischer
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