Höhlenwelt-Saga 7 - Die Monde von Jonissar
zunehmend unsicher fühlte. Seine Vorführung schien die Leute erregt zu haben. Nach einer Weile schritt Jamal beschwichtigend
ein; dann wandte er sich Ullrik zu und forderte ihn auf, noch etwas zu zeigen. Ullrik machte ihm mit Gesten klar, dass er das
lieber nicht wollte, aber Jamal beruhigte ihn und versuchte ihm zu
sagen, dass er nichts zu befürchten hatte. Verunsichert überlegte
Ullrik, was er den Leuten zeigen konnte, ohne sie allzu sehr zu
erschrecken. Als Magier der Bruderschaft von Yoor lernte man
nicht unbedingt friedvolle Magien, und die Rohe Magie war gewiss
keine Magieform, die sich gut für schöpferische oder heilende
Aufgaben eignete. Die Natur der Magie lag darin, den natürlichen
Prozessen Vorschub zu leisten oder sie abzubremsen, je nachdem, was man erreichen wollte. Es waren noch immer die ganz
normalen Gesetze der Natur, die man beeinflusste, auch wenn
das mitunter sehr kunstvoll geschah. Schließlich fiel Ullrik etwas
ein. Nachdem er die Bruderschaft verlassen und sich Alina und
ihren Freunden angeschlossen hatte, war er mit Angehörigen des
Cambrischen Ordens zusammengekommen, Leuten wie Cleas,
Zerbus oder Caori, die Elementarmagie ausübten. Und dann war
da noch Cathryn gewesen, Leandras kleine Schwester, die in einer wundersamen Sitzung am nächtlichen Lagerfeuer seinen gebrochenen Arm geheilt hatte. Durch diese Erfahrungen und bestimmte Zusammenhänge, die er zuvor von den Cambriern erfahren hatte, glaubte er, eine gewisse Methode gefunden zu haben,
die sich auf die Rohe Magie übertragen ließ. Er hatte es bisher
noch nicht ausprobiert, aber er war sich recht sicher, dass es
funktionierte. Er trat zu Laura, auf deren rechtem Handrücken er
eine kleine Verletzung entdeckt hatte, eine blutige Schramme,
womöglich von dem Kampf und der Flucht heute Nacht. Entschlossen nahm er ihre Hand, setzte sich auf eine der Bänke, zog
sie zu sich und bedeutete ihr, ihm gegenüber Platz zu nehmen.
Mit Worten und Gesten versuchte er den Leuten klar zu machen,
dass er vorhatte, Lauras Verletzung zu heilen. Anscheinend verstanden sie, was er sagen wollte, und umringten ihn neugierig.
Ullrik hielt Lauras kleine, feingliedrige Hand in der seinen; sie
gefiel ihm, und er warf dem Mädchen ein Lächeln zu. Laura lächelte fröhlich zurück. Er schloss die Augen, um sich bestmöglich
zu konzentrieren, und öffnete sein Inneres Auge. Für den Moment
wünschte er sich, die Elementarmagie einsetzen zu können. Sie
verwendete eine andere Methode, um die stygischen Energien zu
filtern und sie auf diese Weise von den zersetzenden Kräften des
Chaos zu reinigen. Aber möglicherweise gelang ihm ein ähnlicher
Effekt; wenn es nicht funktionierte, konnte er es jederzeit abbrechen.
Sein Inneres Auge näherte sich der Grenzlinie des Trivocums,
jenes zartrosa Schleiers, der die Welt durchtrennte, überall und
nirgends zugleich. Vorsichtig öffnete er die Grenzlinie mit seinen
Willenskräften. Diesmal jedoch versuchte er nicht, die fließenden
stygischen Energien zu lenken, sondern drängte sie zurück. Er tat
es so kräftig, dass im Diesseits ein Kräftemangel entstand, und
genau das war es, was er erreichen wollte. Nun begannen die
Energien in die umgekehrte Richtung zu fließen, zaghaft zuerst,
dann deutlich wahrnehmbar. Er lenkte den Effekt auf Lauras Hand
und konzentrierte sich darauf, die zersetzenden Kräfte des Stygiums, die in ihrer Verletzung arbeiteten, durch die Sogwirkung
des Ungleichgewichts auf der anderen Seite aus ihrer Hand abzuziehen.
Es war ein kleines Stück magischer Kunst, das er da zustande
brachte, etwas, das nicht eben typisch für die Rohe Magie war,
aber es funktionierte. Er wünschte sich, Quendras könnte das
sehen. Als er die Augen öffnete, das Trivocum dabei aber noch
immer in seinem Inneren Blick hielt, sah er Lauras verblüfftes
Gesicht, während sie ihren Handrücken betrachtete.
Ullrik sah, dass sie etwas spürte, ein Brennen möglicherweise.
Sie versuchte, ihm die Hand zu entziehen, aber er hielt sie fest
und beschwichtigte sie mit Worten und Gesten. Das war normal.
Während Cathryn seinen zerschmetterten Armknochen geheilt
hatte, hatte er dieses Brennen über zwei Stunden lang aushalten
müssen, und ganz gewiss war es wesentlich heftiger gewesen als
das, was Laura nun erlebte. Ganz zu schweigen von dem schrecklichen Jucken, das bis zum nächsten Morgen angedauert und ihm
in jener Nacht vollständig den Schlaf geraubt hatte.
»Ist schon gut, Laura«,
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