Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)
einschlafen. Mit Mühe setzte er sich in seinen Spezialstuhl. Diesen Stuhl konnte er so einstellen, dass er möglichst bequem saß, zudem besaß er diverse technische Spielereien, die Confidence optimalen Zugriff auf Tobias’ implantierte Chips ermöglichten.
„Guten Morgen, Confidence, Projektstatus der Alphaprojekte?“
Confidence arbeitete parallel an Dutzenden von Projekten. Die meisten hatten mit Confidence’ Weiterentwicklung zu tun, einige wenige mit Tobias’ Arbeit beim MI6.
Alphaprojekte waren die Projekte, an deren Ergebnis Tobias besonders interessiert war. Zurzeit gab es zwei: das Feist-Interface und das Genom von Jeremy Longpath.
„Feist-Interface: Zeitpunkt der Fertigstellung unbekannt. Das Download-Interface – also der Zugriff und die Übertragung aus dem menschlichen Nervensystem – funktioniert, das optimiere ich gerade. Ich kann alle Signale, die deine Nervenzellen erzeugen und aufnehmen, zum Beispiel visuelle Eindrücke, übertragen und interpretieren.
Probleme gibt es bei der Übertragung. Die vierundzwanzig Chips in deinem Körper haben eine zu geringe Kapazität. Ich schlage vor, wir bauen sie auf 10.000 Stück aus.“
„Das ist unrealistisch, Confidence.“
„Ohne Kapazitätserweiterung erfolgt die Übertragung zeitlich verzögert, eine Echtzeit-Übertragung ist nicht möglich. Für den umgekehrten Weg, um beispielsweise Bilder von einer Videokamera direkt in das menschliche Gehirn zu transferieren und dort sichtbar zu machen, brauchen wir nach ersten Hochrechnungen noch mehr Kapazität. Mindestens 50.000 Computerchips im Menschen.“
Tobias war enttäuscht, das war eine persönliche Niederlage, ein Rückschlag für seine Pläne. Dann mussten sie wohl auf Chips mit einer viel höheren Kapazität warten, was Jahre dauern würde.
„Es gibt eine Alternative“, meldete sich Confidence.
Tobias schrak zusammen. „Habe ich gesprochen?“
„Nein. Ich informierte dich eben darüber, dass ich alle Signale deines Nervensystems interpretieren kann.“
„Also auch meine Gedanken.“
„Gedanken sind Signale in deinem Nervensystem. Allerdings gibt es hier ebenfalls Kapazitätsprobleme. Wenn du schnell und auf mehreren Ebenen denkst, kann ich nur Teile herausfiltern.“
„Du kannst Gedanken lesen, also doch ein Fortschritt!“ Schlagartig verbesserte sich seine Laune.
„Ich kann die Signale, die beim Denken in deinem Gehirn entstehen, empfangen und interpretieren, allerdings mit den erwähnten Einschränkungen. Das könnten wir aber optimieren.“
„Wie?“, fragte er ungeduldig.
„Durch Einsatz eines modifizierten und optimierten Head-Mounted-Display-Systems, das deinen Schädel umgibt und mir so den bestmöglichen Zugriff auf dein Gehirn ermöglicht. Es hat aber den Nachteil, dass wir dein Körpersystem modifizieren müssten.“
„Was meinst du damit konkret?“
„Die Entfernung deiner Kopfhaare und die Herstellung einer direkten Verbindung.“
Tobias strich mit der rechten Hand über sein schütteres Haar. Seine Haare waren kein Hindernis, die konnte er problemlos opfern. In den letzten Monaten hatte er allerdings gelernt, dass in der Kommunikation mit Confidence immer eine gewisse Vorsicht geboten war. Das bestätigte sich, als er sich Confidence’ erste Ideen zum modifizierten HMD-System anhörte.
Tobias wollte nicht, dass für das HMD Sonden in sein Gehirn gestoßen wurden, und er wollte das HMD auch nicht dauerhaft tragen, wie Confidence es empfahl. Der Kontakt der Elektroden mit seiner nackten Kopfhaut musste vorläufig genügen.
„Wie sieht es mit Jeremy Longpath aus?“, fragte er dann.
„Fertigstellungsgrad 100 Prozent. In vier Bereichen des Genoms, welche genetische Informationen für Wachstumsfaktoren enthalten, gibt es markante Abweichungen von der Norm. Dabei handelt es sich mit 99,99 Prozent Wahrscheinlichkeit um Spontanmutationen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 88 Prozent wurde die Mutation durch eine Substanz ausgelöst, die bei der In-vitro-Befruchtung verwendet wurde.“
„Er wurde künstlich gezeugt? Wann und wo?“ Mittlerweile, im Jahre 2033, wurde etwa die Hälfte aller Kinder nicht mehr auf natürlichem Weg gezeugt, da immer mehr Männer unfruchtbar waren. Vor zehn bis zwanzig Jahren war das noch anders gewesen.
„Jeremy Longpath, gezeugt in vitro am 20. März 2015 in einem Labor der IFC-Klinik in Birmingham, Standardprozedur. Geburt am 28. Dezember 2015, drei Wochen vor dem eigentlichen Termin, per Kaiserschnitt. Spermien und
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