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Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx

Titel: Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Mit seinen blonden Haaren und blauen Augen hob er sich von ihr ab wie der Tag von der Nacht – die Nachrichtenagenturen hatten sich gierig auf den Kontrast gestürzt und zu einer Ikone erhoben. Mit achtundzwanzig war er zehn Jahre älter als sie; er überragte sie noch und war trotz seiner breiten Schultern und der massigen Brust langgliedrig und schlank gebaut. Seine Haltung hatte etwas Militärisches, ein Überbleibsel seines Dienstes in der Royal Army.
    Allmählich wandelte sich Elizabeths Gesicht; energisch verdrängte sie die Trauer aus ihrer Miene und gab sich entschlossen und zielbewusst.
    »Ich kann einfach nicht an einen Unfall glauben«, sagte sie – ihre ersten Worte, seit sie den Raum verlassen hatten.
    Justin nahm sie in die Arme und empfand eine gewisse Erleichterung, als sie sich in der Umarmung entspannte. Es hätte ihn schwer getroffen, wenn sie den schwachen Trost, den er ihr schenken konnte, zurückgewiesen hätte.
    »Unfälle geschehen –«, begann er.
    »Das weiß ich selber«, unterbrach sie ihn, »selbst Angehörige des Hauses Winton haben Unfälle. Edward I. starb bei einem Bootsunfall, und seine Schwester folgte ihm nach. Sie hieß Elizabeth wie ich.«
    Ihr Lachen klang gebrochen, fast nervös.
    »Vielleicht bringt es Unglück, wenn die Erbin Elizabeth heißt«, sagte sie. »Merk dir das bitte, Liebling.«
    Ihr Baumkater, der auf den Namen Ariel hörte und auf dem Tisch saß, bliekte tadelnd. Die Königin sah den ‘Kater an, dann trat sie, ohne die Umarmung zu brechen, einen Schritt zurück und sah Justin an.
    Hinter samtigen schwarzen Wimpern schimmerten ihre dunkelbraunen Augen feucht von den Tränen, die sie in der Öffentlichkeit niemals vergießen würde – dort musste sie Mut zur Schau stellen, um ihren kleinen Bruder und ihre vielen Untertanen zu beruhigen.
    In den wenigen Stunden seit König Rogers Tod war nur wenig Zeit für Tränen gewesen. Gleich auf die offizielle Feststellung, dass des Königs Unfall tödlich ausgegangen sei, hatte man sie aus dem Einführungsseminar über manticoranische Geschichte an der Universität gerufen und in eine kleine Cafeteria gebracht. Dort, zwischen abgenutztem Mobiliar und Getränkeautomaten, hatte sie vom Tod ihres Vaters erfahren, wurde als Monarchin vereidigt und nahm von den Speakern beider Kammern des Parlaments die Treueschwüre entgegen.
    Aus der Cafeteria hatte man sie in eine Pressekonferenz geschafft, wo sie die vorbereitete Erklärung beiseite schob und gewandt und voller Zuneigung über den König sprach.
    Roger III. war als Monarch beliebt gewesen; sein plötzlicher Tod traf das Volk schwer. Er war der erste Herrscher gewesen, der die Prolong-Behandlung erhielt, und darum hatte das Volk erwartet, dass er noch jahrzehntelang regieren und mit seiner Weisheit das Sternenkönigreich von Manticore in die zunehmend komplizierte Politik seines fünften Jahrhunderts leiten würde.
    »Ariel ist wohl der Meinung, dass ich zu harsch zu dir bin«, sagte Elizabeth leise und unter Tränen. »Verzeih mir, Justin.«
    »Entschuldigung angenommen«, sagte er. »Was hast du alles durchgemacht. Wer kann da erwarten, dass es dir nicht zusetzt?«
    »Ich«, entgegnete sie fest. »Ich bin die Königin. Ich fürchte, ich darf nie wieder jemanden anfahren. Nicht einmal meinen Verlobten – besonders meinen Verlobten nicht. Du kannst schließlich nicht als Prügelknabe für den Rest des Königreichs dienen.«
    Justin lachte auf. »Jetzt müsste ich wohl höflich antworten: ›Doch wenn Euer Majestät mich als Prügelknabe benötigen, so wäre es mir eine Ehre, in dieser Funktion zu dienen.‹ Meine Aufrichtigkeit zwingt mich aber zuzugeben, dass ich mir in dieser Rolle nicht besonders gefallen würde.«
    »Aber wirst du mir dienen?«, fragte Elizabeth ernst.
    »Entweder dir persönlich oder dir als meiner Königin«, antwortete er sofort.
    Er mochte nicht empathisch sein wie ein Baumkater, Elizabeths Stimmungsumschwung hatte er trotzdem gespürt. Sie löste sich aus seiner Umarmung, nicht aus Ablehnung, sondern weil sie das Bedürfnis hatte, auf und ab zu schreiten. Justin setzte sich an Ariels Tisch und sah seiner Verlobten zu, wie sie den Raum wieder und wieder durchquerte. Er wartete ab, bis sie ihre Gedanken geordnet hatte.
    »Justin, ich glaube nicht, dass mein Vater einem Unfall zum Opfer gefallen ist.« Sie blieb stehen und bat ihn mit einer Geste zu schweigen. »Wir denken nicht gern daran, aber Attentate sind dem Haus Winton nicht unbekannt.

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