Honor Harrington 10. Die Baumkatzen von Sphinx
sich natürlich an«, sagte Cromarty prompt. »Selbst wenn wir keinen von ihnen zum Regenten wählen, wäre es vermutlich opportun, wenigstens einen in den Regentschaftsrat zu berufen.«
»Vergessen Sie nicht, dass Elizabeth über sechzehn ist«, erinnerte Caitrin sie alle. »Sie muss die Nominierungen aussprechen. Ich würde sagen, dass wir ihr die Liste vorlegen. Die letzte Entscheidung soll sie selber treffen.«
»Diesem Vorschlag stimme ich zu«, sagte Jacob Wundt. »Elizabeth wird gewiss ihre eigenen Vorstellungen besitzen. Wir würden nur unsere Zeit verschwenden, wenn wir unsere Liste noch weiter ausarbeiteten.«
Dame Eliska zog einen Strich unter ihre Liste und begann eine neue Seite mit der Überschrift: ›Heirat‹.
»Und die Heirat der Königin?«, fragte sie.
»Ich schlage vor«, sagte die Königinmutter, »dass ich eine persönliche Erklärung verlauten lasse, in der ich meine Unterstützung für Elizabeths Wahl bekräftige. Ich kann nicht glauben, dass Elizabeth jemand anderen als Justin heiraten wird.«
»Das ist wahr«, sagte Wundt. »Im Holointerview heute war er bei ihr.«
»Der Heiratstermin ist schon eine heiklere Frage«, warnte Paderweski. »Zu früh, und Elizabeth erscheint pietätlos. Zu spät, und man macht sich Sorgen um die Erbfolge.«
»Elizabeths Krönung ist morgen«, sagte Wundt. »Damit und mit der Trauerfeier des Königs wird der Bedarf an Zeremoniell erst einmal gestillt sein. Sollen wir Elizabeth bitten, ihre Heirat zu verschieben, bis der Moment politisch vernünftig erscheint?«
»Damit können wir im Unterhaus gewiss Land gewinnen«, gab Cromarty zu. »Nach Elizabeths Verlobung stieg dort die Unterstützung für einige von König Rogers weniger populären Maßnahmen. Außer bei den Kronenloyalisten wird ihre Heirat im Oberhaus wohl nicht viel bewirken.«
Dame Eliska klopfte mit ihrem Schreibstift auf den Tisch. »Das lässt sich nur schwer sagen. Ich kann meine Leute natürlich veranlassen, sich diskret ein wenig umzuhören.«
»Gute Idee«, sagte Caitrin. »In dieser sehr persönlichen Angelegenheit würde ich Elizabeth gern mehr als unsere Mutmaßungen vorlegen können.«
Alles am Tisch nickte.
Paderweski notierte sich etwas und sagte: »Wenn wir uns nun noch einige Minuten lang einem weniger angenehmen Thema zuwenden können, bevor wir uns vertagen, so würde ich gern das Protokoll und die Vorbereitungen der Trauerfeier besprechen. Es ist fast sechsundzwanzig T-Jahre her, dass das Königreich sich mit dem Begräbnis eines Monarchen befassen musste. Wir werden die Trauergäste auf höfliche Art kurz einweisen müssen.«
»Ich«, sagte Königinmutter Angelique, »habe immerhin schon an einem Monarchenbegräbnis teilgenommen. Wenn Sie mich entschuldigen würden …«
Sie schob den Stuhl zurück. Unvergossene Tränen glänzten in ihren dunklen Augen.
Wundt erhob sich augenblicklich. »Euer Majestät«, sagte er.
Geschlossen stand der Rest auf, und als Caitrin Winton-Henke der davonhuschenden Witwe nachblickte, fiel ihr der Spitzname wieder ein, den der Gesellschaftsklatsch ihr vor so vielen Jahren angehängt hatte.
»Arme kleine Bettelprinzessin«, flüsterte sie.
In einem anderen Konferenzraum in einem anderen Teil der Stadt traf sich eine andere sehr exklusive Runde. Ähnlich der Gruppe im Mount Royal Palace waren auch hier mehrere Personen des öffentlichen Lebens anwesend; im Gegensatz zum Komitee im Palast bestand der größte Wunsch der hier Versammelten jedoch darin, dass ihr Treffen niemals in irgendeiner Weise aktenkundig würde.
Willis Kemeny, Neunter Earl von Howell, war von allen Anwesenden vielleicht der Nervöseste. Der stämmige Mann, dessen schokoladenbraune Haut darauf hinwies, dass irgendwann in der Vergangenheit ein Winton in seine Familie eingeheiratet hatte, war ein hochrangiges Mitglied der Kronloyalisten. Er gehörte zu den heißgehandelten Nachfolgekandidaten des alten LeBrun, sobald der Parteichef sich einst aufs Altenteil zurückzöge.
In die Enge getrieben, hätte die elegante, modebewusste Lady Paula Gwinner, Baronin Gwinner von Stallman, sich selbst als Freiheitlerin bezeichnet; sah man sich jedoch ihr Stimmprotokoll näher an, so erkannte man rasch, dass sie hauptsächlich aus Eigennutz handelte, aber keine profilierte politische Philosophie besaß. Als jüngste Anwesende – gerade achtundzwanzig T-Jahre alt – verteidigte sie ihr unberechenbares Wahlverhalten mit dem Argument, sie wolle eben alle Ansichten einer genauen
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