Honor Harrington 19. Der Schatten von Saganami
sagen, war aber recht sicher, dass sich auf dieser Grundlage die Schaffung der eigenen Handelsflotte - wie es sie in Systemen am Rand nur selten gab - ergeben hatte, der Rembrandt seinen Aufstieg zur Handelsmacht verdankte.
Seine Meinung war es, dass nur gut sein könne, was immer uns von unserer Welt fortbringt. Er lächelte über den Gedanken. Ich weiß, ich habe es immer schamlos ausgenutzt, Welten besuchen zu können, auf der man die Sonne auch zwischen Spätsommer und Frühlingsende sehen kann.
Er drehte sich um, als sich hinter ihm die Bürotür öffnete. Die Bewegung zwang ihn zugleich, sich der luxuriösen Einrichtung des Büros zu stellen. Während der Jahrzehnte, in denen es ihm gehört hatte, war das Mobiliar geradezu spartanisch gewesen, die einzigen echten Schaustücke, die Andenken und Trophäen der in Ehren ergrauten Handelsskipper aus seiner Familie, die das Vermögen begründet hatten, das er mit solch durchschlagendem Erfolg einsetzte. Die einzige Farbe waren die Berglandschaften und Szenen gewellter Prärien gewesen, die seine Frau Suzanne an ihre eigene Heimatwelt erinnert hatten. Zwischen den grimmigen, schroffen Van-Dort'schen Erinnerungsstücken hatten sie wie kleine, warme Fenster in ein entschleunigtes, sanfteres Leben gewirkt, und in ihm stieg ein frisches Verlustgefühl auf, als er aufsah und sie nicht mehr dort vorfand.
Das Büro protzte jetzt mit teuren Lichtskulpturen, erlesenem Kunsthandwerk von so gut wie jeder Welt im Sternhaufen, exotischer Holzvertäfelung aus den Regenwäldern des Marian-Systems, gerahmten Holos, die die gegenwärtige Besitzerin bei Vertragsabschlüssen und Unterhandlungen mit Magnaten und Staatsoberhäuptern zeigte. Der neue, bis zu den Fußknöcheln reichende Teppich und die funkelnden Vitrinen voll glitzerndem, geschliffenem Kristallglas und Statuen aus poliertem Holz und gehämmertem Kupfer stanken nach Macht und Reichtum, und er fand die Veränderung ... abscheulich.
Passt ja auch dazu, dachte er, indem er innerlich das Gesicht verzog, wie zuwider mir die gegenwärtige Besitzerin meines Büros ist.
Ineka Vaandrager war eine kleine Frau mit hellen Haaren, gerade hundertsechzig Zentimeter groß, die sich mit einer einstudiert wirkenden Präzision bewegte, wie eine Maschine, darauf programmiert, auf der kürzesten möglichen Route von einem Punkt zum anderen zu gelangen. Sie war dreißig T-Jahre jünger als Van Dort und wie er eine Empfängerin von Prolong erster Generation. Die dank der Therapie verlängerte Jugendlichkeit machte ihre haselnussbraunen Augen kein bisschen weicher, und ihr Mund erinnerte an eine Reuse aus Stahl. Körperlich war sie eigentlich nicht unattraktiv, doch stets umgab sie eine Kühle - eine Härte -, die Van Dort von je als abstoßend empfunden hatte.
Was dich nie abgehalten hat, sie zu benutzen, was, Bernardus?
Er sah dem Eingeständnis ins Gesicht und räumte ein, dass das Problem, das sie darstellte, ebenso sehr seine Schuld war wie die jedes anderen, während er ihr zugleich mit einem Lächeln zunickte, von dem sie genauso gut wissen musste wie er, dass es gekünstelt war. Sie erwiderte es mit ähnlich großer Aufrichtigkeit, reichte ihm aber nicht die Hand und ging zu dem riesigen Schreibtisch, der mit dem Rücken zur vollverglasten Wand des Büros stand.
»Es tut mir leid, dass ich mich verspäte, Bernardus«, sagte sie. »Es ließ sich nicht vermeiden. Ich hoffe, Erica hat sich um Sie gekümmert, während Sie warteten?«
»Ja, das hat sie«, erwiderte Van Dort und ließ eine Spur von Härte, die nicht zu seinem freundlichen Ton passte, in seine blauen Augen treten. Vaandrager bemerkte sie und presste die Lippen zusammen, als er wortlos die angebliche >Unvermeidbarkeit< ihrer Verspätung anzweifelte. In vielerlei Hinsicht ist sie wirklich bemerkenswert kleingeistig, dachte er.
»Gut«, sagte sie knapp und bot ihm mit einer Handbewegung einen Sessel vor ihrem Schreibtisch an, während sie dort Platz nahm. »Es tut mir leid, dass Sie warten mussten.« Sie wartete, während er sich gesetzt und ihr Sessel sich an ihren Körper angepasst hatte. Dann lächelte sie strahlend, als sei sie entschlossen, ihr Treffen nach dem ungünstigen Einstieg auf neue Füße zu stellen. »Aber jetzt sind wir beide hier! Also, was kann ich für Sie tun, Bernardus?«
»Ich habe einige Dinge gehört, die mir bedenklich erscheinen.« Mit charakteristischer Knappheit kam er auf den Punkt. »Insbesondere über neue Verhandlungen mit Scarlet. Ich bin
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