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Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition)

Titel: Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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hier!«
    Fünf Minuten lang sagte nun Jim nichts weiter, sondern brütete nur so vor sich hin, dann fing er an: »Also Jim haben geträumt, Huck? Du das sagen, dann müssen sein wahr! Aber Huck – sein gewesen so ganz schrecklich natürliche Traum, wie Jim nie nix haben gehört. Jim nie nix haben je geträumt, was machen so müd!«
    »Ach, das ist gar kein Wunder, so geht's oft, wenn man recht lebhaft träumt, da kann man nachher kein Glied regen. Deiner scheint aber wahrhaftig der reine Durchhautraum gewesen zu sein, so verhagelt siehst du aus – leg mal los, Jim, und erzähl!«
    Nun fing Jim an und erzählte die ganze Geschichte von vorn bis hinten, nur schmückte er alles gewaltig aus. Dann meinte er, nun müsse er versuchen, den Traum auszulegen, denn er sei uns sicherlich zur Warnung gesandt von oben. Er sagte, unser erster mißglückter Versuch zum Anlegen bedeute, daß uns irgendeiner Gutes tun wolle, nun aber komme der Feind, die Strömung, und risse uns weg. Das Rufen, das er dann gehört und selbst ausgestoßen, seien Mahnungen des Schicksals, die wir versuchen müßten, recht zu verstehen, sonst brächten sie uns Unglück, statt uns davor zu behüten. Die Inseln schließlich und unsere Arbeit und Gefahr, dran vorüberzukommen, seien Streitigkeiten mit bösen Menschen, in die wir verwickelt werden würden; wir aber müßten, ohne uns viel drum zu kümmern, sehen, wie wir an den Inseln ungefährdet vorüberkämen und durch den dicken Nebel ins glatte Fahrwasser, das heißt in die freien Staaten, wo dann all unsre Not ein Ende habe. Der Himmel hat sich wieder tüchtig umwölkt gehabt, allmählich aber blitzten doch einige Sternchen hindurch.
    »Das ist alles recht schön und gut, Jim, du hast deine Sache brav gemacht, aber – was bedeutet denn das da?«
    Dabei deutete ich auf die Blätter, die abgerissenen Baumzweige und den Schlamm, womit das Floß ganz übersät war. Man sah es deutlich beim Licht der Sterne.
    Jim starrte drauf hin, dann mir ins Gesicht, dann wieder auf all das Zeug, ohne eine Silbe zu erwidern. Der Traum schien sich in seinem Hirn so eingenistet zu haben, daß es ihm schwer wurde, die Idee davon fahren zu lassen und sich mit der Wirklichkeit vertraut zu machen. Dann, als ihm das Ding doch wirklich endlich klar wurde, sah er mich an, lange, starr, ohne eine Spur von Lächeln, beinah traurig und sagte zuletzt: »Was das bedeuten, Jim dir sagen. Wenn alte Jim ganz müde waren von Rufen un Rudern un Kummer, dann er denken, Huck sein ganz fort, Huck sein verloren, alte Jim seine Herz sein beinah gebrochen, un er wollen schlafen un nix mehr hören, nix mehr sehen von der Welt un Elend. Wenn er dann wach werden, er sehen Huck gesund un heil un ganz vor sich, er müssen weinen heiße Tränen un wollen küssen deine Fuß, so Jim sein froh un dankbar. Du aber, Huck, nur denken, wie können machen Narr aus arme alte Jim un schwindeln un lügen. Das Zeug da sein Unrat – un Unrat es sein, was Leute setzen arme alte Freund in Kopf, zu haben seinen Spaß daran, wenn arme alte Freund sein betrogen un angeführt!«
    Langsam erhob er sich und ging zur Hütte. Ich fühlte mich ganz furchtbar beschämt und hätte nun selbst am liebsten seine alten, schwarzen Hufe geküßt, um ihm meine Reue zu zeigen und die Sache wieder gutzumachen.
    Fünfzehn Minuten brauchte ich aber doch, ehe ich mich selbst soweit gebracht hatte, daß ich einen Nigger um Verzeihung bitten konnte. Getan hab' ich's dann und hab's auch nie bereut nachher. Streiche spielte ich ihm keine mehr und hätte auch den nicht losgelassen, wenn ich vorher gewußt hätte, daß es dem armen, alten Kerl so leid tun würde.

16. Kapitel
Erwartung – »Gute, alte Kairo!« – Eine Notlüge – Kairo verfehlt! – Wir schwimmen ans Ufer!
    Den ganzen nächsten Tag über schliefen wir bombenfest, die nächtlichen Abenteuer lagen uns wie Blei in den Gliedern. Am Abend machten wir uns dann wieder auf, immer hinter einem kolossal langen Floß her, das feierlich wie eine Prozession vor uns dahinzog. An Bord waren vier große Hütten, hohe Flaggenmasten an beiden Enden und in der Mitte ein freies lustig flackerndes Feuer, um das viele Männer rauchend, trinkend und Karten spielend lagerten. Es mochten wohl etwa dreißig Leute Bemannung darauf sein. Ja, das lohnte der Mühe, Steuermann an Bord eines solchen Ungeheuers zu werden, das war doch etwas! Unser kleines Ding kam mir dagegen vor wie eine Wasserfliege, die sich an den Schwanz einer Seeschlange

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