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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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oft so überladenen Kirchen. Keine Engelchen an den Wänden, keine protzigen Hochaltäre … was meinst du, Flori, ob das da oben echtes Gold ist?« Er schaute zu dem Wandfries empor. »Bestimmt. Es sieht aus wie reines Blattgold. Muß eine Heidenarbeit gewesen sein, das da festzukleben.«
    »Kommt rein, Leute, wir sind genau richtig. Die beten gerade. Das gibt ein prima Foto. Ist zwar ’n bißchen dunkel, aber mit Blitz müßte es gehen.« Durch das Portal träufelte eine Truppe Touristen herein, barfuß zwar, aber auch sonst nur sehr mangelhaft bekleidet. Eine schon etwas angejahrte Dame trug zu ihren knappen Shorts sogar nur ein Bikini-Oberteil.
    Frau Antonie erstarrte zur Salzsäule. Dann marschierte sie entschlossen zu dem Trupp, dessen Wortführer gerade seine Kamera schußbereit machte. »Nee, Max, noch nicht, warte lieber, bis die alle mit’m Kopp aufm Boden sind, das sieht dann noch viel echter aus.«
    »Schämen Sie sich eigentlich nicht? Wir sind alle Gäste in diesem Land, aber Sie führen sich auf wie Eroberer. Was würden Sie denn sagen, wenn während einer Messe im Kölner Dom eine Horde halbnackter Wilder Stammestänze aufführen würde?«
    »Ich will doch bloß ’n paar Bilder machen«, stotterte der verblüffte Fotograf, »was is’n dabei?«
    So viel Ignoranz ging Frau Antonie über die Hutschnur. Energisch zog sie den Mann nach draußen und standpaukte geschlagene drei Minuten auf ihn herunter. Dann hatte sie keine Worte mehr. Die Luft war ihr ebenfalls ausgegangen. »Und jetzt holen Sie Ihren lächerlichen Verein da raus«, japste sie, doch der hatte schon längst die Moschee verlassen und teils amüsiert, teils unwillig Frau Antonies Monolog verfolgt.
    »Eigentlich hat die Frau recht«, gab der mit Max angeredete, recht jovial aussehende Herr schließlich zu, »inner Kirche schreit man nicht so rum wie du eben.«
    Da gab Frau Antonie auf. Nichts hatten diese Banausen begriffen, kein Wunder, daß deutsche Touristen nicht gerade zu den beliebtesten Gästen im Ausland gehören, mal ganz abgesehen vom Geld, aber dafür kann man sich leider keine Manieren kaufen, und überhaupt …
    »Nun reg dich nicht so auf, Mutti!«
    »Ich will mich aber aufregen!« Suchend sah sie sich um. »Jetzt sind auch noch unsere Sachen weg. Da an der Mauer hatten wir sie abgelegt.« Dort lagen sie aber nicht mehr. William hatte sie in den Schatten gebracht. Er kniete sogar nieder, um Frau Antonie die Schuhe anzuziehen. »Thank you, my boy.« Dann wollte sie von ihm wissen, wohin er sie jetzt führen werde.
    Er führte sie zum alten Hafen. Sie blieben jedoch nicht lange, weil es vom Fischmarkt herüber ganz erbärmlich stank. Als Tobias die Ansammlung der malerisch verrotteten Kähne knipsen wollte, winkte William ab. »No fotos, it’s forbidden.«
    Tobias begriff das nicht. »Weshalb denn? Hier liegen doch keine Kriegsschiffe, und militärische Anlagen sehe ich auch nirgends. Why can’t I take some fotos?«
    Schweigend zeigte William auf eine Kolonne ausgemergelter Arbeiter, die soeben einen kleinen Frachter entluden. Wie Ameisen krochen sie hintereinander eine schmale Laufplanke empor und verschwanden in einem nahe gelegenen Schuppen. Auf ihren nackten Schultern schleppten sie prallgefüllte Säcke, und wer unter seiner Last aus der Reihe schwankte, wurde sofort von einem uniformierten Aufpasser angebrüllt.
    »Mein Gott, das sind ja Sklaventreibermethoden«, empörte sich Tinchen, »fehlt bloß noch die Peitsche.«
    Vorsichtig sah William sich um, bevor er mit seinen Erklärungen herausrückte. Das seien alles Sträflinge, flüsterte er. Offiziell gälten sie als bezahlte Arbeiter, aber jeder wisse, daß es Gefangene seien. Man dürfe es bloß nicht laut äußern. Deshalb sei ja auch das Fotografieren verboten.
    Was denn Amnestie International dazu sage, bohrte Tinchen weiter.
    Davon hatte William noch nie etwas gehört. Er zuckte nur mit den Schultern. Gefangene müßten nun mal arbeiten, dafür bekämen sie ja auch zu essen.
    Tinchen hatte genug gesehen. Frau Antonie ebenfalls. Sie wollte nun auch gar nicht mehr in den Dhau-Hafen, und ob das Castle-Hotel sehr weit weg sei?
    »Not very far«, sagte William, nur ein bißchen durch die Altstadt und dann die Nyerere-Avenue hinaus, und ziemlich gleich dahinter fange die Moi-Avenue an.
    »Das sind so zwischen drei und fünf Kilometer«, bestätigte Karsten, »je nachdem, wie oft wir uns in diesen Altstadtgassen verlaufen.«
    »Kann man denn kein Taxi

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