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Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor

Titel: Hüter der Flamme 06 - Die Straße nach Ehvenor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joel Rosenberg
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meiner eigenen Angst: Es schmeckte köstlich! Ich zog noch eine zweite Pistole und spannte sie, aber die anderen hatten bereits mit den beiden übriggebliebenen abgerechnet.
    Tennettys Unhold, den ich verwundet hatte, lag sterbend auf der Erde. Seine Brust hob und senkte sich langsam, und er blutete aus zahllosen Wunden, die zum Teil nur leicht, zum Teil aber tief bis auf die weißen Knochen waren. Das dritte Ungeheuer war vom Schlüsselbein bis fast zur Taille entzweigespalten, und es ergoß mit dumpfer Gleichgültigkeit dunkles Blut und gelbliche Eingeweide in den kalten Schmutz.
    Über diesem letzten stand keuchend Ahira, Axt und Panzerhemd von Blut verschmiert und schimmernd im Sternenlicht. »Sind alle okay?«
    »Jason und mir geht es jedenfalls gut.« Andrea stand hinter ihm, und hinter ihr stand Jason, das Schwert in der einen Hand, eine Pistole in der anderen. Die beiden Cullinanes waren nicht gezeichnet, soweit ich sehen konnte.
    »Ich werde es überleben«, stöhnte ich.
    »Uff.« Tennetty hockte auf allen vieren im Schlamm. Sie ließ sich für einen Augenblick auf die Knie nieder und kam dann langsam und unter Schmerzen auf die Füße. »Hätte noch schlimmer sein können.« Ihr Haar war zerzaust wie eine Krähenfeder, und genau über dem rechten Backenknochen hatte sie eine üble Schramme, aber sonst sah sie nicht weiter mitgenommen aus.
    Die drei Ungeheuer lagen vor uns am Boden.
    Nimm einen Menschen, blas ihn auf, bis er anderthalbmal so groß ist, dehne sein Gesicht und überzieh alles mit einer dicken Matte von stinkendem Fell, dann hast du es in etwa getroffen. Riesig und äußerst kräftig, wenn auch n icht über mäßig helle: Wenn diese drei Unholde nur ein bißchen schneller oder schlauer gewesen wären, hätte es keiner von uns überlebt.
    Ahira kniete über einem abgetrennten Arm und stocherte mit dem Griff seiner Axt in der Hand herum. »Teilweise einziehbare Klauen, und der Daumen ist den Fingern kaum entgegenzustellen. Möglicherweise sind es intelligente Wesen.«
    Ich befühlte meine Seite. Sie tat höllisch weh, aber viel leicht war das ja das einzige. Ich atmete tief durch und spürte nirgends gebrochene Rippen knirschen, also war ich wahrscheinlich auch in Ordnung.
    Diesmal hatten uns Alter und Erfahrung gerettet. Die meisten Vorsichtsmaßnahmen sind vergeudete Mühe. In neunzig von hundert Fällen kommt eine Wache, die man aufgestellt hat, noch nicht einmal dazu, auch nur in Unruhe zu geraten, und die Nachhut eines Trupps ist meistens reine Vergeudung. Das merken junge Leute nur allzu schnell. Deshalb haben sie nicht nur den Hang, ihre Gedanken schweifen zu lassen, wie ich selbst, sondern sie neigen auch dazu, ihre Aufmerksamkeit nicht auf das richten zu können, was um sie herum geschieht.
    Man muß erst eine Zeitlang seine Erfahrungen machen, damit die Chancen, beim nächsten Mal zu überleben, steigen.
    Etwas anderes gibt es nicht. Nur Anstrengung, Geduld, Konzentration und Glück. Nichts, worüber man sich Sorgen machen müßte.
    Ich wischte meine zitternden Hände an den Schenkeln ab.
    »Was, zum Teufel, seid ihr eigentlich?« fragte Tennetty den sterbenden Unhold.
    Der drehte den Kopf mühsam in ihre Richtung, die Augen weit aufgerissen vor Schmerz, vielleicht auch vor Zorn.
    »Urrrkk«, stieß er langsam hervor und streckte schmerzverzerrt seine mit Krallen versehenen Finger nach ihr aus.
    Dann überlief ihn ein Schaudern, und er verschied.
    »Die Zeit verstreicht«, stellte Ahira fest. »Kommt, wir gehen.«

Kapitel fünfundzwanzig
In dem wir Ehvenor betreten und ich verlorengehe
    Nichts ist von Dauer, nur der Wandel.
    - HERAKLIT -
    Wenn du in mein Alter kommst, legst du Wert auf ein bißchen Sicherheit. Wenigstens, was den beschissenen Boden unter deinen Füßen angeht.
    - WALTER SLOWOTSKI -
    Wir setzten unseren Weg fort, als die Morgennebel aufstiegen. Die Bergstraße verlor sich im Flachland der Küste. Die vor uns liegende Stadt hatte nicht aufgehört, sich ständig zu verändern. Unsere Straße wurde schmaler, bis sie kaum noch schulterbreit war. Sie war auf beiden Seiten dicht mit Gestrüpp bewachsen, daher konnten wir nur noch hintereinander gehen.
    Wir marschierten mit dem Gefühl, schon stundenlang unterwegs zu sein. Als wir uns Ehvenor näherten, kündigte sich die Morgendämmerung am Horizont an. Vom Zirrischen See wehte ein leichter Nebel herüber, dessen Kälte mir bis in die Knochen drang.
    Tennetty und ich hatten Ahira und Jason hinter uns gelassen und nach Andy

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