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Hurra, wir leben noch

Hurra, wir leben noch

Titel: Hurra, wir leben noch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Mario Simmel
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Werwolf! – getan, Sir?«
    Die junge Frau heulte plötzlich los wie ein Schloßhund, den Riesenrevolver immer noch im Rücken. Unabhängig voneinander dachten die drei Freunde besorgt: Das Heldenarschloch ist imstande und schießt uns das Girl hier in der Station über den Haufen! So was Blödes – da glaubt der, anderthalb Jahre nach Kriegsende, noch an den Werwolf!
    »Fragen Sie ihn doch!« schnarrte der Lieutenant.
    »Spricht der Werwolf englisch?«
    »Nein.«
    »Dann brauchen wir den Dolmetscher. Jake, komm her.«
    »Vorsicht mit dem verfluchten Scheißzivilisten!« krächzte der First Lieutenant, der offenbar nicht anders reden konnte als ein zackiger deutscher Äh-Äh-Leutnant aus Kaiser Wilhelms Zeiten. Das weißblonde Haar war kurz geschoren, das Gesicht mit dem viel zu langen Kinn und der viel zu niedrigen Stirn war nun hektisch gerötet. »Ist der Dolmetscher nach Waffen durchsucht? Vielleicht ist der auch ein Werwolf!«
    »Sicherlich nicht, Sir.«
    »Werden es schon merken, wenn Sie sein Messer zwischen den Rippen haben! Keine Ordnung in diesem Land! Keine Disziplin! Keine Wachsamkeit!«
    »Yesssirrr, Lieutenant, Sir!« brüllte George Misaras, während er dachte: Du weißt ja noch nicht einmal, wie man sich nach dem Scheißen abwischt. Er sprach gemessen: »Wir brauchen den Dolmetscher, Sir. Das Mädchen versteht nicht englisch. Wenn Sie uns bitte die Einzelheiten bekanntgeben wollen?«
    Der Blonde hatte seine Sternstunde. Er entschloß sich zu einem abgehackten: »At ease!« Danach brauchten die drei Amis wenigstens nicht länger strammzustehen. »Robert Jackson Connelly mein Name.« Der Blonde kam in Fahrt. »War abends im ›Hawaii-Club‹. Bißchen tanzen. Coca-Cola trinken. Ich trinke niemals Alkohol, verstanden?«
    »Yessssssirrrrr!« brüllten die drei MP s so laut, daß der Abstinenzler zusammenfuhr.
    »Wie heißen Sie?« fragte Jakob die heulende junge Frau. »Und weinen Sie nicht. Es passiert schon nix.«
    »Was sagt der fucked-up Nazi?« brüllte Connelly.
    Jakob hatte die Schnauze voll. »Ich bin kein fucked-up Nazi, Sir«, sagte er mit größter Höflichkeit und in makellosem King’s English. »Ich habe das Mädchen nach seinem Namen gefragt.«
    »Die kleine Mörderin heißt …«
    »Hilde Korn«, sagte die junge Frau schluchzend. Soviel Englisch bekam sie noch mit.
    »Weiter, Sir, wenn ich bitten darf«, sagte Misaras. Er war nicht zu erschüttern. Mojshe und Jesus vorläufig auch nicht – Männer, die in der Normandie unter schwerstem Beschuß die Steilküste hinaufgeklettert sind und den Westwall überrannt haben, kann man nicht so leicht erschüttern. Auch einen Mann nicht, der drei Jahre Rußland überlebt und sich einen stillen Leckt-mich-am-Arsch-Standpunkt zugelegt hat.
    »Weiter …« Der West-Point-Mann straffte seinen Körper noch mehr.
    »Um zehn den Club verlassen. Dieser Werwolf da sagt, ich soll noch zu ihr kommen. Hätte eine Wohnung. Sonst wahrlich nicht meine Art, verstanden?«
    »Absolut, Sir, Lieutenant, Sir!«
    »Hübsch, das Werwolf-Aas, nicht wahr? Ging also mit. Jeder geht mit einer Hübschen. Aber nicht jeder geht mit einem Werwolf!«
    »Weiter, Sir, bitte.«
    »Ich schone mich nicht, Sergeant. Ehrlich sei der Mann, aufrecht und treu! War angetan von dieser … Bestie. Drängte mich, sie zu kohabitieren.«
    »Drängte ihn zu was?« flüsterte Mojshe, an Jesus gewandt.
    »Zu ficken, Idiot«, flüsterte Jesus, an Mojshe gewandt.
    »Bin schließlich ein Mann, verstanden?«
    »Verstanden, Sir, Lieutenant, Sir. Wenn Sie es sagen!«
    »Nehmen gemeinsam Bad. Bestie heuchelt Liebe und Leidenschaft. Gehen ins Bett. Dann geschieht’s.«
    »Geschieht was, Sir?«
    »Werwolf attackiert mich.«
    »In welcher Weise, Sir?«
    »Küßt mich …«
    »Na ja …«
    »Abwarten, Master-Sergeant, verdammt! Küßt Mund, Stirn, Augen, Brust … gleitet dann blitzschnell hinab … Wie gesagt, ich schone mich nicht … und nahm mein, Sie wissen schon was, zwischen die Zähne!«
    »Hrm-mmm!«
    »Zwischen die Zähne! Drücke ich mich klar genug aus?«
    »Absolut, Sir.«
    »Ich ihr sofort mit der Handkante eins ins Genick. Nahkampfausbildung West Point.«
    »Gibt nichts Besseres, Sir, Lieutenant, Sir!« sagte Misaras.
    Mojshe murmelte etwas und verschwand (trotz Westwall und Invasionserfahrung) blitzschnell im Hinterzimmer der Wache. Der hat Angst, daß es ihm jetzt in die Hosen geht, weil er nicht lachen darf, dachte Jakob. Aber ich? Was mache ich? Ich kann nicht verschwinden. Und

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