Ice Ship - Tödliche Fracht
einem Sprung um die Ecke der Hütte und brachte den Mann mit ausgestrecktem Bein zu Fall. Er lag bäuchlings im Schnee, und bevor er reagieren konnte, kauerte Timmer schon über ihm, drückte ihm das Knie ins Kreuz, riss ihm den Kopf hoch und zerrte ihn ins Dunkel. Das Messer blitzte auf, die Klinge fuhr tief in den Hals des Mannes. Timmer hörte es knirschen, als die zervikale Wirbelarterie durchtrennt wurde. Noch ein leises Gurgeln, dann schoss das Blut heraus. Timmer hielt den Kopf des Mannes nach hinten gebeugt, bis der Strom allmählich versiegte. Erst dann ließ er den Kopf nach vorn kippen, drehte den Toten um und sah sich das Gesicht an. Es war ein Weißer, nicht der Mestize, auf den er, wie der Comandante ihm aufgetragen hatte, ein besonders wachsames Auge haben sollte. Er klopfte rasch die Taschen des Toten ab: ein Handfunkgerät und eine kleinkalibrige halbautomatische Waffe. Er verstaute beides in seinem Schneeanzug, zerrte den Toten zu einer nahen Wechte, verscharrte ihn darin und häufte zusätzlich Schnee über ihn. Er reinigte sein Messer im Schnee und verwischte, so gut es ging, die Blutspuren. Er hatte zwar nur einen Wachmann gesehen, aber damit war nicht gesagt, dass kein zweiter seine Runden drehte. Tief geduckt – um im Lichtschein, der durch die Ritzen fiel, kein Ziel abzugeben – ging er um die Hütte herum auf den Rand der planierten Fläche zu, immer den Fußspuren des toten Postens folgend. Wirklich sehr seltsam, dachte er noch, weit und breit nichts als Schnee. Doch schon beim nächsten Schritt gab der Boden unter seinen Füßen plötzlich nach, sein linker Schneeschuh versank im Nichts. Er zerrte ihn verblüfft frei und wich ein Stück zurück. Erst nach einer Weile kroch er vorsichtig auf Händen und Knien wieder auf die Stelle zu, tastete sie sorgfältig ab und machte eine merkwürdige Entdeckung: Das, was seine Hände unter der dünnen, angewehten Schneedecke fühlten, war keine Erde. Aber es konnte auch keine Bodenspalte sein, dafür war die Ausdehnung zu groß. Unter der dünnen Schneeschicht musste sich eine regelrechte Höhle erstrecken, abgedeckt mit einer straff gespannten, von Pfosten gehaltenen Plane. Timmer dachte kurz nach, dann machte er kehrt und war kurz darauf wieder im Halbdunkel hinter der Hütte angelangt. Seine Intuition sagte ihm, dass er die Lösung des Rätsels hinter der Tür finden würde, die Frage war nur, ob dort eine böse Überraschung auf ihn wartete. Mit gezücktem Messer huschte er um die Bretterbude herum, öffnete die Tür einen Spalt und warf einen Blick nach innen. Die Hütte war leer. Er schlüpfte hinein, zog leise die Tür hinter sich zu, knipste eine kleine Taschenlampe an und ließ den Lichtstrahl langsam kreisen. Bis auf ein paar Holzbehälter mit Nägeln war nichts zu sehen. Aber wenn es nur eine leere Hütte war, wieso hatten die Amerikaner dann einen Wachposten abkommandiert? Dann glaubte er, doch etwas wahrzunehmen, und knipste rasch seine Taschenlampe aus. Unter einem der Holzbehälter war eine Stahlplatte in den Boden eingelassen, durch die Ritzen am Rand drang schwacher Lichtschein. Timmer schob den Behälter beiseite, tastete die Stahlplatte ab und stellte fest, dass er es mit einer – nur sehr oberflächlich getarnten – Klapptür zu tun hatte. Er kniete sich daneben und lauschte eine Weile. Stille. Schließlich fasste er den Griff und zog die Platte vorsichtig hoch.
Nach den langen Stunden draußen in der Dunkelheit blendete ihn das grelle Licht, das ihm entgegenschlug. Er schloss die Klappe, kauerte sich auf den Boden und dachte nach. Schließlich stand sein Entschluss fest. Er schnallte die Schneeschuhe ab, versteckte sie im hintersten Winkel der Hütte, hob die Klapptür wieder an, ließ seinen Augen ein paar Sekunden Zeit, sich an die Helligkeit zu gewöhnen, und stieg die schmalen Stufen hinunter. Nach zehn Metern war er unten angekommen – in einem Tunnel. Es war wärmer hier unten, zu warm für die Kleidung, die er trug, aber viel mehr störte ihn die Helligkeit. Er fühlte sich schutzlos allen potenziellen Gefahren ausgeliefert. Zumal das, was er sah, absolut nicht nach einer Goldmine aussah. Es gab überhaupt nichts, was auf eine Abbau- oder Schürfstelle hindeutete. An der nächsten Verzweigung machte er Halt, um sich zu orientieren. Niemand zu sehen, nichts rührte sich. Er fuhr sich unschlüssig mit der Zunge über die Lippen. Und dann entdeckte er doch etwas. Weiter vorne wurde der Tunnel breiter. So breit, dass man
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