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Ich bin an deiner Seite

Ich bin an deiner Seite

Titel: Ich bin an deiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Shors
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er, dass alles wieder in Ordnung war, dass er sie niemals wieder verlieren würde. Sie weinte in seinen Armen, an ihn geschmiegt, wollte von so viel von ihm umschlossen sein wie nur möglich.
    Während der vergangenen anderthalb Jahre hatte Ian sich so angestrengt, seine wahren Gefühle vor ihr zu verbergen, seine Trauer und seine Ängste. Aber jetzt, während sie sich an ihn klammerte und weinte, war es, als würde er auf einer Bühne stehen, deren Vorhang jemand einfach aufgezogen hatte. Er war entblößt, stand nackt im Scheinwerferlicht. Seine Freude und seine Erleichterung, sie wiedergefunden zu haben, nahmen ihm die Stärke, beherrscht zu bleiben, und er fing an zu zittern, brach neben ihr zusammen wie ein Gletscher, der von zu viel Sonne gewärmt wurde. Während Teile von ihm abrutschten, klammerte er sich so sehr an sie wie sie sich an ihn, und seine Tränen liefen ohne Unterlass. Er küsste sie erneut, sagte ihr, wie sehr er sie liebte und dass er, auch wenn sie verloren gegangen war, derjenige war, der ohne sie verloren wäre.
    Der Himmel wurde immer dunkler. Ians Magen schmerzte immer noch, und er hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Jetzt, wo er sie gefunden hatte, waren die Übelkeit und die Schmerzen noch viel schlimmer. Er versuchte, langsam zu atmen, während er über ihren Hinterkopf strich und ihr tröstende Worte zuflüsterte. Er blickte auf und sprach ein stummes Dankesgebet zum Himmel. Er war noch nie so dankbar gewesen. Nicht einmal an seinem Hochzeitstag.
    Er dachte wieder darüber nach, dass die Reise ein Fehler gewesen war, dass er verrückt gewesen war, sie mit nach Asien zu nehmen. Sie hätte entführt werden können, sagte er sich. Irgendein Bastard hätte sich mein kleines Mädchen schnappen können. Ein Bild tauchte vor seinem inneren Auge auf, davon, wie Mattie in einen Lastwagen gezogen wurde, und der Boden unter ihm begann zu schwanken. Er schloss seine überanstrengten und schmerzenden Augen, rieb sie.
    »Willst du nach Hause fahren?«, fragte er leise und hoffte, dass sie nicken würde. »Zurück zu all den schönen Sachen in Amerika? Zurück zu …«
    »Nein.«
    »Warum nicht, Ru? Nach dem, was passiert ist?«
    »Weil … wenn es Zeit wäre, nach Hause zu gehen, dann würde Mami uns nach Hause schicken.«
    Mami ist nicht mehr da, dachte er und küsste Matties Haar. Sie ist seit neunzehn Monaten nicht mehr da. »Aber, Schatz, Mami weiß nicht, wie schwer das hier ist. Sie weiß nicht …«
    »Nein! Ich will nicht nach Hause. Hör auf, davon zu reden. Bitte, hör auf, davon zu reden!«
    Er zog sie wieder an sich und umarmte sie erneut. »Ganz ruhig, Schatz. Ganz ruhig. Ich werde aufhören zu jammern. Das werde ich. Aber … aber du kannst deine Meinung jederzeit ändern.«
    »Das werde ich nicht. Also hör auf zu jammern.«
    »Denk einfach darüber nach.«
    »Nein.«
    Ian seufzte und erinnerte sich an den Mann an der Hotelrezeption. Er rief ihn über dessen Handy an und erklärte ihm alles, hörte die Freude in der Stimme des Fremden. Ian dankte ihm mehrfach, bevor er auflegte. »Der Mann ist Gold wert«, sagte er zu Mattie, während er das Handy zurück in seine Tasche schob.
    »Wer?«
    »Der Mann, der an der Rezeption unseres Hotels arbeitet. Er hat die Polizei gerufen und mir sein Handy und sein Fahrrad geliehen.«
    »Wirklich? Das war nett von ihm.«
    »Das war absolut großartig. Er war absolut großartig.«
    »Da freut mich, Papa.«
    Ian küsste sie noch einmal aufs Haar, roch Schweiß darin und schützte ihren Körper weiter mit seinem. »Denkst du, du weißt, wie sehr ich dich liebe?«
    »Wie sehr?«
    Er deutete auf einen Streifen am Himmel zwischen zwei alten Häusern. Am Himmel waren Farbtöne der sinkenden Sonne zu sehen, so als wäre es ein Wandteppich in den schönsten Farben Indiens. »Wenn ich dort hinaufblicke«, sagte er, »dann sehe ich einen wunderschönen Himmel. Ich sehe etwas, das mich an dich erinnert.«
    »Was?«
    »Es tut mir immer noch so weh, Ru. Dass deine Mutter gestorben ist. Du weißt, dass es so ist. Aber ich kann auch die Schönheit in der Welt sehen. Und das liegt an dir. Das ist dein Geschenk an mich.«
    »Es ist ein schöner Himmel.«
    Er sah, dass durch ihre Tränen einige ihrer Wimpern zusammengeklebt waren, und er rieb ihr sanft über die Augen. Was kann ich tun, damit es ihr besser geht?, fragte er sich. Was würde ihr die Sicherheit von zu Hause geben, ohne dass er sie nach Hause brachte? »Das Rad ist schnell«, sagte er. »Ein

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