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Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg

Titel: Ich habe Jakobs Arsch geküsst: Von Pilgern und Bettwanzen: 800 Kilometer unterwegs auf dem Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Messner
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für einen von vielen Bausteinen zur Ausbürgerung der Weißen aus dem neuen Südafrika, in dem doch Rassismus eigentlich keinen Platz mehr haben sollte. Ob Miss Finnland diesem gesellschaftspolitischen Exkurs wirklich zu folgen vermag, kann ich mir nur ganz schwer vorstellen.
    Elma lebt nun in London, wie sie weiter erzählt. In den vergangenen Wochen vor ihrem Camino hatte sie beruflich sehr viel mit Kindern und Jugendlichen zu tun, die in die schweren Ausschreitungen in der britischen Hauptstadt verwickelt waren. Eltern zeigten ihre Kinder nach veröffentlichten Videos an, Kinder aller Schichten wurden als brutale Randalierer identifiziert. Sie hatte eine Familie zu betreuen, die den Sohn mit dem Auto zum Plündern vor ein Elektrogeschäft gefahren hatte - gewissermaßen mit Einkaufszettel. Pilgern ist eine geschichtliche und politische Lehrstunde .
    Wollen sie etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Männer fragen. Es steht den Weibern übel an, in der Gemeinde zu reden. 1. Korinther 14.35

9. Tag von Viena nach Navarete
    Am Mittwochmorgen gibt es in der sympathischen Hippie-Herberge nach guter Nacht im Einzelzimmer sogar ein anständiges Frühstück: Selbst gebackenes, dunkles Brot, grüner Tee, Marmelade und Nutellaersatz - fast wie zuhause. Als ich der vom abendlichen Rotwein noch leicht demolierten Holly vor dem Badezimmer berichte, dass ich die noch fast volle, gemeinsam erstandene letzte Rotweinflasche nach Viena mitnehme, geht es ihr nicht unbedingt besser. Leuchtendes, irisches Grün prägt ihr tapfer lächelndes Gesicht. Wenn ich ihre Augenbewegungen richtig interpretiere, sieht sie noch bunte Farbkreise rotieren.
    Es ist kurz vor 14 Uhr, als wir die Tagesetappe bereits geschafft haben. Nach sechs Stunden fleißiger Wanderung runter ins Ebrotal, durch die unromantische, große Stadt Logroño und auf der anderen Seite wieder rauf bis Navarrete, sind Martin und ich gut gelaunt bei schließlich ordentlicher Hitze ohne Probleme angekommen.
    Zuletzt war die 64-jährige Myra aus Kanadamit uns unterwegs, schwer schnaufend und mit offensichtlich viel zu schwerem Rucksack. Sie schleppt zudem ein wenig Übergewicht über den Camino und ist nur gut einsfünfundfünfzig groß. Die körperlichen Strapazen der ersten Caminowoche sind ihr leicht anzusehen. Sie war zudem schon die letzten Tage ein bisschen sauer über die Reise, die ihre fromm christliche Bekannte in Kanada organisiert hatte. Als körperlich zu schwer und zu unkomfortabel empfindet sie diesen Europatrip in ihrem Alter. Mit Mitte 60 in den Herbergen mit wenig Schlaf auszukommen und in die Doppelstockbetten turnen zu müssen - so hatte ihr das keiner vorher erklärt. Sie hat die Pilgerei im Moment aber so richtig satt. Wir unterhalten uns kilometerlang und es tut ihr offensichtlich gut, sich bei Martin und mir auszukotzen. Ich rate ihr, ein paar Tage lang abends ins Hotel zu gehen, gut zu schlafen, mal einen Tag zu pausieren und notfalls dafür einen Tag den Bus zu nehmen. Wir sind hier doch nicht auf dem Weg ins Jenseits.
    Wir drei checken am Nachmittag zusammen in einer Pension ein. Das Ganze entpuppt sich als modernes Reihenhaus mit zwei Bädern. Martin ist in einem Fünferzimmer, Myra und ich in Einzelzimmern. Wunderbar erholsam ist das, wie sie am nächsten Morgen feststellt.
    Es ist nicht nur die körperliche Belastung, die Myra hier auf dem Jakobsweg zu schaffen macht. Sie ist schon lange geschieden und hat einenerwachsenen Sohn. Myra hatte mit 23 geheiratet und schon kurz nach der Geburt des gemeinsamen Kindes war ihre Ehe schon wieder am Ende. Dass sie sich jetzt von ihrer Reisegruppe und damit den drei anderen Damen aus Kanada getrennt hat, hat mit ihrem ganzen Leben zu tun, wie in den langen Gesprächen mit ihr klar wird. Diese liebenswerte und kluge Frau hat es einfach satt bis über den Scheitel, von anderen dominiert zu werden. Ihre Mutter hat sie bis zu ihrem Tod vor ein paar Jahren wohl ein Leben lang unterdrückt, gedemütigt und sich in alles eingemischt. Noch als Myra 60 war, wurde sie von der 80-Jährigen zurechtgewiesen, wenn sie nach deren Meinung die Haare nicht ordentlich frisiert hatte. Auch die kurze Ehe war dann von einem dominanten Ehemann geprägt, wie sie schildert.
    Myra ärgert sich hier auf dem Jakobsweg über sich selbst, dass sie sich von ihrer Bekannten Myra 2 überreden ließ, mit den anderen drei auf den Camino zu reisen. Hier bestimmt die sehr religiöse Myra 2 von Anfang an alles: Ziel und Zeitplanung, Übernachtung

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