Ich mag dich wie du bist
ihre Frage zu antworten.
»Nein, das ist es nicht …«
»Na siehst du, du bist wie ich. Man hat dich in eine Rolle gesteckt, die du dir nicht ausgesucht hast, zumindest nicht bewusst, und jetzt kannst du nicht mehr da raus, du musst die bleiben, die …«
»… nicht gerade schön ist, aber auch nicht potthässlich …«
»Genau, du kannst dich nicht ändern und je mehr du versuchst, aus deiner Rolle herauszukommen, desto tiefer werfen dich die anderen dahin zurück, das ist wie mit einem Loch, du gräbst verzweifelt, um da rauszukommen, und die anderen schütten Erde auf dich … und dann kommt auch noch dieser Wichser.«
»Aber das hat doch nichts mit dir zu tun, er ist schließlich der Vollidiot.«
Sie lächelt und sieht mich mit einem rätselhaften Ausdruck an, in dem ich ein paar Dinge erkennen kann, die sie nicht ausgesprochen hat und andere, die ich nicht begreifen kann.
»Jedenfalls schläfst du heute bei mir«, sage ich, um das Thema abzuschließen. »Das löst zwar nicht grundsätzlich das Problem, aber wenigstens für diese Nacht. Und außerdem, jetzt, wo du mir dein Geheimnis anvertraut hast, kannst du mir gegenüber doch sein, wie du willst, oder?«
Dieser Satz klang für mich eigentlich etwas zu ernst, aber ich glaube, dass er Martina trotzdem gefallen hat.
»Du hast ja so recht!«, ruft sie übertrieben begeistert aus und zieht das Ganze ins Lächerliche. »Und jetzt ist es dein Problem, denn du ahnst nicht, was passieren kann, wenn ich die Maske fallen lasse …«
»Ich werde darauf vorbereitet sein.«
»Aber du musst auch deine Maske abnehmen, sonst gilt es nicht.«
Als wir das Chiringuito erreichen, sieht Roby uns mit gespielter Verärgerung an.
»Wo seid ihr gewesen?«, fragt er uns und klingt dabei wie der Böse Bulle beim Verhör.
»Wir waren schwimmen«, antwortet Martina. Aber ihre Stimme verrät sie ganz deutlich. Roby wird wieder ernst.
»Probleme«, sagt Martina nur.
»Ach so …«, meint er und seufzt.
Ich vermute, dass er etwas über Martinas Situation weiß.
»Los, setzt euch, ich mache euch einen Iced Coffee.«
»Du bist ein Schatz!«
»Du hast ja so recht«, sagt er nun wieder im Spaß.
Wir sitzen unter einem Sonnenschirm und trinken in kleinen Schlucken unseren Iced Coffee. Martina raucht eine Zigarette nach der anderen, aber sie spricht nicht mehr über das, was geschehen ist. Sie erzählt mir von ihrem Leben in Mailand, von dem Jungen, mit dem sie mehr oder weniger zusammen ist und den sie jetzt gern sehen würde. Es ist offensichtlich, dass sie sich ablenken will.
Plötzlich springt ein schwarzes Frettchen auf unseren Tisch und hüpft direkt auf Martinas Arm. Kurz darauf taucht auch sein Herrchen auf.
»Wo seid ihr denn abgeblieben?«, fragt er und setzt sich zu uns.
»Eine lange Geschichte«, antwortet Martina.
»Probleme zu Hause?«
»So könnte man es nennen.«
»Aha, okay, dann werde ich mal den Song auflegen.«
Daniele geht zum Tresen, und nach wenigen Augenblicken bricht die Musik ab und es ertönt »der Song«. Während er zu unserem Tisch zurückkommt, singt er den englischen Text auf Italienisch mit.
»Mach dir keine Sorgen, über gar nichts, denn jedes kleine Problem wird in Ordnung kommen, komm, mach dir keine Sorgen …«
Weder Daniele noch Roby wirken auf mich wie Schönwetterfreunde, wie zwei, die sie nur ins Bett kriegen wollen oder aus irgendeinem anderen Grund hinter ihr her sind. Anscheinend wissen sie einigermaßen über ihre Probleme Bescheid und tun ihr Bestes, um sie aufzumuntern.
Ich frage mich, ob sie das eigentlich merkt.
»Geht es dir gut?«, fragt mich Daniele und sieht mich verschwörerisch an.
»Solange der Song läuft, bin ich außer Gefahr, oder?«
»Genau!«, ruft er zufrieden aus. »Das ist genau der Punkt!«
»Ist Mary nicht da?«, frage ich und schaue mich um.
»Sie ist im Nagelstudio. Sie hat gesagt, selbst für eine Beachparty möchte sie top aussehen.«
Martina scheint nicht zu hören, was wir sagen. Ihr Blick verliert sich ins Leere, Richtung Meer.
»Ach richtig, die Party«, sage ich und denke wieder an die SMS, aber meine Worte können ihm kein »Hast du meine SMS gelesen?« entlocken.
»Na, die ist jedenfalls übermorgen«, sagt er. »Denk dran.« Dann wendet er sich an Martina: »Marti, willst du heute Abend bei uns bleiben?«
Sie scheint aufzuwachen, schüttelt den Kopf und dreht sich um, während die Worte ihren Verstand erreichen.
»Ach, nein danke, nein …«
Ich nehme an, dass dieses
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