Idol
beißender Ironie aus, eine Hand in die Hüfte gestützt, denn jedermann in Rom weiß, daß ich mir
den Adelstitel bei meiner Ankunft in der Ewigen Stadt selbst verliehen hatte.
Meine Antwort löst zwei ganz unterschiedliche Reaktionen aus: Lodovico knurrt wie eine Dogge an der Kette; der Fürst blickt
mich freundlich an. Daß ich mich selbst über meinen falschen Adel lustig mache und ihn zugleich von seiner Entourage respektiert
sehen will, schmeichelt ihm sehr und flößt ihm Achtung vor mir ein.
|111| »Signor Accoramboni«, sagt er gutgelaunt, »sowie Ihr mein Sekretär seid, wird niemand es wagen, sich über Euch zu mokieren.«
»Nicht einmal Graf Oppedo?« frage ich und schaue Lodovico an.
»Nicht einmal der«, entgegnet der Fürst.
»Der Graf von Oppedo«, sagt Lodovico überheblich, »er dolcht niemanden hinterrücks in einer Kutsche. Er schlägt sich in einem ehrlichen Duell.«
»Das hätte ich auch getan, Herr Graf, wenn Recanati meine Herausforderung angenommen hätte«, antworte ich.
»Hör mal,
carissimo «
, sagt der Fürst, »du weißt genau, wie die Sache gelaufen ist. Außerdem hatte Signor Accoramboni sehr gute Gründe: eine Angehörige
seiner Familie war von Recanati in der Öffentlichkeit beschimpft worden.«
Eine »Angehörige seiner Familie«! Wie genüßlich er diese Worte spricht! Gleichzeitig verwirren sie ihn, und Vittorias Bild
schiebt sich, mich überdeckend, vor seine Augen. Heftige Gemütsbewegung ergreift ihn, so daß er die Hände auf dem Rücken verschränkt,
zu Boden blickt und in dem kleinen Raum hin und her läuft.
»Also gut«, sagt er endlich und bleibt vor mir stehen, »ist das die einzige Schwierigkeit, die Ihr hierbei seht, Signor Accoramboni?«
»Soweit ich die Zukunft erraten kann, gibt es keine weitere.«
»Ihr nehmt also mein Angebot an?«
»Mit Ehrerbietung und Dankbarkeit«, erwidere ich mit einer Verbeugung.
Lodovico knurrt abermals, wohl nicht wegen dieser untadeligen Worte, sondern wegen des ironischen Tones, in dem ich sie spreche.
Der Fürst wirft mir einen raschen, prüfenden Blick zu, den ich vorausgesehen hatte. Als sein durchdringender Blick mich trifft,
habe ich die Augen bereits niedergeschlagen und eine Unschuldsmiene wie eine Jungfrau aufgesetzt.
»Was Eure Bezüge anbelangt«, fährt der Fürst fort …
»Halten zu Gnaden, Durchlaucht«, antworte ich und hebe den Kopf, »sprechen wir nicht davon. Ich bin fest entschlossen, nichts
anzunehmen. Die Ehre, Eurer Hoheit zu dienen, ist mir Lohn genug.«
Wieder knurrt Lodovico, und der Fürst scheint befangen. |112| Meine Abhängigkeit von ihm würde rein nominell sein, wenn er mir keinen einzigen Piaster zahlt. Doch er ist zu geschickt,
um in mich zu dringen.
»Signor Accoramboni braucht das Geld der Orsinis nicht«, zischt Lodovico. »Er hat andere Quellen.«
»So ist es«, entgegne ich ruhig. »Ich bin der Geliebte einer reichen Witwe. Und ich bete jeden Tag zu Gott, er möge mir ihre
Gunst erhalten, weil ich nicht zum Briganten werden und wehrlose Reisende in den Bergen ausrauben möchte.«
Bei diesen Worten lacht der Fürst freiheraus. Lodovico, bleich wie ein Leinentuch, öffnet schon den Mund zu einer Antwort,
doch der Fürst bringt ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
»Signor Accoramboni«, nimmt er den Faden wieder auf, »ich erwarte Euch Montag, zehn Uhr, in Montegiordano. Und verzeiht mir,
daß ich Euch in diese Spelunke gebeten habe. In Eurem eigenen Interesse wollte ich nicht, daß Ihr beim Betreten meines Palastes
gesehen würdet, falls Ihr meinen Vorschlag abgelehnt hättet. Jetzt liegen die Dinge natürlich anders.«
Er spricht mit vollendeter Höflichkeit. Ich nehme meinen Hut vom Schemel auf und verabschiede mich von dem Fürsten mit einer
tiefen Verneigung. Dann noch eine Verbeugung – kurz, knapp und zurückhaltend – zu Lodovico hin, der sie mit einem Kopfnicken
erwidert.
Ich steige die wackelige Holztreppe hinunter, deren Geländer ich nicht anzufassen wage, weil es so schwarz ist vom Schmutz
unzähliger Hände. Ich habe auf dem Schachbrett einen Bauern gesetzt und weiß nicht, was dieser Zug mir einbringen wird. Ich
habe mir drei Feinde gemacht: Raimondo Orsini, Lodovico Orsini und – sowie meine Anstellung bei dem Fürsten bekannt würde
– auch Kardinal Montalto. Der Freund wiederum, den ich gewonnen habe, hat offenbar die Absicht, mich zu seinem Werkzeug zu
machen.
Man wird sehen. Der Fürst gefällt mir ganz gut,
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