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Im Auftrag der Rache

Im Auftrag der Rache

Titel: Im Auftrag der Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Col Buchanan
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weil ich so wenig über Euch weiß .
    Plötzlich kippte das Schiff und drückte Asch gegen die Planken. Er nahm es kaum wahr. Er spuckte Salzwasser aus, wischte sich das Gesicht trocken und starrte wieder in die Finsternis.
    Bevor ich Soldat war, habe ich eine Zeit lang Jagdhunde gezüchtet. Wir – meine Frau, mein Sohn und ich – haben in unserem eigenen kleinen Bauernhaus gewohnt. Ich habe versucht, ein guter Ehemann und Vater zu sein, das ist alles.
    Und wart Ihr das?
    Asch schnaubte verächtlich. Kaum. Ich habe keinen guten Ehemann und Vater abgegeben, dafür aber einen umso besseren Soldaten. Ich war gut im Töten. Und ich habe sehr gut dafür gesorgt, dass andere umgebracht wurden.
    Ihr seid zu hart mit Euch selbst. Ich weiß, dass Ihr viel mehr als nur ein Mörder seid. Ihr habt ein gutes Herz .
    »Du kennst mich nicht, Junge«, rief Asch. »Du darfst so etwas nicht über mich sagen – nicht jetzt, niemals.«
    Das eiskalte Wasser brandete wieder über seinen Kopf und riss ihn schockartig in die Gegenwart zurück. Asch strampelte, blies die Wangen auf und rang nach Luft. Er klammerte sich an dem Vorsprung fest, auf dem er lag, und hörte die Ratten vor Schreck quietschen. Einige Zeit lag er keuchend da.
    Er fragte sich, ob Nico noch in ihm war.
    »Junge?«, krächzte er.
    In der Dunkelheit war der Lärm von Handpumpen zu hören, die das Wasser aus der Bilge auf die oberen Decks spülten. Es war schwer, sich in diesem Krach zu unterhalten.
    »Nico!«, rief er.
    Ich bin hier! Ich bin hier .
    »Sag etwas. Irgendetwas. Lenk meinen Verstand von dieser Umgebung ab.«
    Was möchtet Ihr wissen?
    »Egal. Sag mir, was du werden wolltest, bevor du mein Lehrling wurdest.«
    Ich? Ich glaube, ich wollte Soldat werden, wie mein Vater. Aber eine Zeit lang habe ich auch davon geträumt, Schauspieler zu werden, die Inseln zu bereisen und meinen Lebensunterhalt durch Theateraufführungen zu bestreiten .
    Asch setzte sich auf und versuchte sich enger gegen die schwankenden Planken zu drücken. »Das habe ich nicht gewusst«, gestand er.
    Nein. Ihr habt mich nie danach gefragt .
    Das Bilgenwasser warf inzwischen hohe Wellen. Die Ratten quiekten noch lauter.
    »Du hättest mich in Q’os verlassen sollen, Nico!«, rief Asch, als er sich das Wasser aus dem Gesicht schüttelte. »Und zwar an jenem Abend, als du zurückgekommen bist und mir von deinen Zweifeln erzählt hast. Da hättest du mich verlassen sollen!«
    Ich weiß , sagte Nico, aber ich konnte es nicht .
    »Warum nicht?«
    Es folgte ein nachdenkliches Schweigen, und dann sagte eine ruhige Stimme, die er deutlich durch all den Lärm hörte: Weil Ihr mich brauchtet .
    *
    Es war ein Sturm – ein schlimmer Sturm. Der Schiffskörper hallte vor den Schlägen des tobenden Wassers wider und knarrte und ächzte, als sich der Bug aus den Wellenbergen löste und zitternd in die tiefen Täler fiel. Beißendes Meerwasser ergoss sich aus Spalten zwischen den Planken über Aschs Kopf in die Bilge. Seine Stiefel und Kleider waren durchnässt. Mantel und Schwert hatte er sich eng um den Körper gebunden.
    Die Ohren schmerzten ihm vom Lärm des Sturmes. Durch ihn hindurch hörte Asch die Männer oben auf Deck in Panik rufen und umherrennen.
    Er versuchte sich an der Schiffswand festzuhalten, aber es war hoffnungslos. Bald wirbelte er zusammen mit den verzweifelten Ratten im Bilgenwasser herum, das ihm nun schon bis zum Bauch reichte.
    Asch begriff, wie schlimm die Lage wirklich war, als er hörte, dass die Ratten die Wände hochzulaufen und aus der Bilge zu entkommen versuchten. Vielleicht sollte er ihrem Beispiel folgen, aber er war keine Ratte und würde kaum unbemerkt an Deck gelangen. Er klammerte sich an die Planken, so gut es ging, und wurde herumgespült, als es ihm nicht mehr gelang. Durch diese furchtbaren Bewegungen erbrach er all das Salzwasser, das er hatte schlucken müssen. Wie bei einem Alptraum spürte er, dass das Wasser immer höher stieg. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und kämpfte sich in Richtung Treppe.
    Seine Bemühungen fanden ein gewaltsameres Ende, als er es für möglich gehalten hätte.
    Das Schiff erbebte heftig, als ob etwas gegen es gestoßen wäre. Er kippte um und fiel in das wogende Wasser.
    Asch schlug um sich, richtete sich wieder auf, und dann ertönte über ihm das schreckliche Geräusch berstenden Holzes. Ein donnernder Lärm wie von einem Wasserfall brandete auf ihn zu, erschütterte ihn bis ins Mark und entsetzte ihn zutiefst. Dann platzte

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