Im Bannkreis Des Mondes
aber feststellen müssen, dass Abigail sich vor der Bestie in ihm fürchtete. Seine Gegenwart hatte sie in Tränen ausbrechen lassen. Keine Tränen von der guten Sorte.
Er hatte seinen Wolf gezwungen wegzulaufen, statt sie noch mehr zu ängstigen. Noch schlimmer wäre es nur gewesen, hätte er sich ihr zu erkennen gegeben. Er konnte es sich nicht leisten, die Geheimnisse seines Clans mit Abigail zu teilen.
Außerdem musste er ohnehin jagen. Sie brauchten das Fleisch nicht zwingend, schließlich konnten sie bis zum Einbruch der Nacht seine Burg erreichen. Das ieß, wenn sie heute weiterritten. Aber sie ritten nicht weiter.
Seine zarte Frau brauchte etwas Zeit, um zu heilen, ehe sie sich wieder in einen Sattel setzen konnte. Sie hatte gestern Abend noch lange im heilenden Wasser der heißen Quelle gebadet. Und er hatte Niall entsprechend instruiert. Er würde dafür sorgen, dass Abigail heute ein zweites Bad in der Quelle nahm. Trotzdem war Talorc nicht sicher, ob das genügte.
Wenn er die Wahl hatte zwischen einer früheren Heimkehr mit einer Frau, die zu wund war, um sich mit ihm zu vereinigen, oder einer zusätzlichen Nacht in der Höhle mit den heißen Quellen, wählte er auf jeden Fall Letzteres, auch wenn das bedeutete, länger von seinem Clan fortzubleiben.
Er hatte zuvor nur ein einziges Mal freiwillig längere Zeit fern von den Leuten verbracht, für die er verantwortlich war und die er führte: als er seiner Schwester und Emily nach Balmoral Island gefolgt war. Damals war Caitrionas Sicherheit vorrangig gewesen. Darum musste er sich jetzt nicht sorgen, aber das hatte ihn nicht daran gehindert, seinen Leuten den Befehl zu erteilen, eine weitere Nacht bei den Höhlen zu verbringen.
Er weigerte sich auch, darüber nachzudenken, wie untypisch dieses Verhalten für ihn war. Auch hatte er kein Interesse daran, zu ergründen, warum er diese Entscheidung getroffen hatte.
Er wusste nur, dass sein Wolf mit allem, was er tat, einverstanden war. Für den Moment genügte das.
Weil Talorc glaubte, er solle wenigstens versuchen zu jagen, beugte er sich hinunter und schnupperte an einem kleinen Laubhaufen. Irgendetwas war da, aber es war kein Beutetier. Zumindest kein Tier, das zu jagen lohnte.
Der Geruch gehörte zu keinem seiner Krieger und war definitiv nicht der betörende Duft seiner jungen Frau. Er war frisch, kaum älter als eine Stunde. Und das bedeutete, dass jemand hier war, der nicht hier sein durfte.
Er hob den Kopf und nahm die Umgebung in sich auf, die er nur in Grautönen wahrnahm, wenn er in Wolfsgestalt durch die Wälder streifte. Er befand sich auf jeden Fall noch auf seinem Land. Dem Land, das der schottische König ihm erst kürzlich verliehen hatte. Ein Knurren grollte in seiner Brust, während er den Boden um sich erneut beschnüffelte. Sechs eindeutige Spuren. Zwei Chrechte, vier Menschen. Allesamt Männer.
Eine Jagdgesellschaft? Hatten die Männer irrtümlich sein Land betreten? Oder war es eine Herausforderung, die sich an die Sinclairs richtete, da nun er über dieses Territorium herrschte, das ihm sein König als Lehen gegeben hatte?
Der Laird der Donegals war inzwischen recht alt, und er hatte bisher keinen Nachfolger benannt. Er herrschte über einen kleinen Clan, zu dem auch ein Chrechterudel gehörte, das nur aus einigen Gestaltwandlern bestand. Selbst ohne die Einmischung des Königs hätte der andere Laird Talorc das Land früher oder später überlassen müssen, da sowohl sein Clan als auch sein Chrechterudel größer waren. Das wussten beide.
Der Donegal-Clan war nie besonders groß gewesen, und im Krieg hatten sie viele der Ihren verloren. Der Sohn des Lairds war durch die Hand derselben englischen Bastarde gestorben, die auch für den Tod von Talorcs Vater verantwortlich waren. Der junge Krieger war zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen; er hatte mit einer kleinen Gruppe seiner Krieger an der Grenze patrouilliert, als die englischen Truppen, die ausgezogen waren, um den königlichen Schatz der Sinclairs zu stehlen, das Land der Donegals durchquerten.
Das war der Grund, weshalb Talorc bisher darauf verzichtet hatte, seinen Anspruch auf das umstrittene Territorium zu bekräftigen. Sein Vater trug die Verantwortung. Er hatte die verräterische englische Schlampe in die Highlands geholt. Talorc konnte die damit verbundenen Konsequenzen nur schwer von sich weisen.
Er war sogar so weit gegangen, den Chrechte des Donegal-Clans die heißen Quellen anzubieten, um dort ihre
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