Im Dreieck des Drachen
können. Mir sind bei meinen Experimenten mit dem Kristall selbst merkwürdige Ströme aufgefallen: Magnetfeldspitzen, elektromagnetische Wogen, sogar winzige Abweichungen in der Zeit, deinen kurzen Zeitsprüngen im Tauchboot nicht unähnlich. Ich wette, die Energieausbrüche in diesem Gebiet haben seit Jahrhunderten für ein gewaltiges Durcheinander bei Luft- und Wasserfahrzeugen gesorgt.«
»Wenn es stimmt, was du sagst …«
Charlie zuckte die Achseln. »Ich behaupte nicht, Experte auf dem Gebiet der dunklen Energie zu sein … zumindest noch nicht. Aber kannst du dir das Ausmaß der Zerstörung vorstellen, die vor Jahrtausenden hier stattgefunden hat? Erdbeben, die Kontinente entzweigerissen haben. Gewaltige Vulkanausbrüche. Aschewolken, die die Welt umkreist haben. Flutwellen.«
Jack entsann sich der Worte in dem alten Text: die Zeit der Dunkelheit. Die dämpfende Ascheschicht hätte einen Treibhauseffekt hervorgerufen, die Eiskappen zum Schmelzen gebracht und die verwüsteten Länder überflutet.
»Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen«, meinte Charlie. »Kannst du dir das Leben während jener Zeit vorstellen?«
»Das müssen wir vielleicht«, sagte George streng und mit ernstem Gesicht.
Jack und Charlie wandten sich ihm zu.
George hielt ein Blatt Papier hoch. »Ich habe Kontakt zum Marshall Space Flight Center aufgenommen und bestätigt bekommen, was du wissen wolltest, Charlie. Am einundzwanzigsten Juli, vier Tage vor dem Beben, hat der Satellit Yohkoh einen gewaltigen koronalen Massenauswurf auf der Oberfläche der Sonne bestätigt.«
»Einen was?«, fragte Jack.
»Koronalen Massenauswurf«, erläuterte Charlie. »Eine Art Superflare. Da können Milliarden Tonnen ionisierte Gase von der Sonnenoberfläche davongeschleudert werden. Vier Tage später trifft der Flare auf die Erde und ruft einen geomagnetischen Sturm hervor. Zur Unterstützung meiner Theorie habe ich vorausgesetzt, dass ein derart heftiges Ereignis nötig ist, damit die Säule unter dem Wasser so stark reagiert.«
George seufzte. »Sie haben auch bestätigt, dass den Berechnungen zufolge das Epizentrum der pazifischen Beben ziemlich genau dort lag, wo die Säule steht. An der Stelle, wo Air Force One abgestürzt ist.«
Charlie wurde munterer. »Ich habe recht gehabt. Nicht schlecht für ein paar Tage Arbeit.«
Jack wandte sich an George. Der Historiker hielt ein zweites Blatt in der Hand, auf das er nervöse Blicke warf. »Du hast noch mehr Neuigkeiten, stimmt’s?«
George schluckte. »Nachdem ich Kontakt zum Raumfahrtzentrum aufgenommen habe, haben sie mir die letzten Bilder des japanischen Satelliten rübergeschickt. Vor gerade mal drei Tagen hat es einen weiteren koronalen Massenauswurf gegeben. Den größten, der je aufgezeichnet worden ist.« George starrte sie an. »Hundertmal größer als der letzte.«
»Oh, Scheiße!«, sagte Charlie, und sein Grinsen erstarb. »Was sagt denn die NASA , wann er eintreffen soll?«
»Morgen Nachmittag.«
»Verdammt …«
»Was ist denn?«, fragte Jack. »Was wird dann geschehen?«
Charlie sah zu ihm hinüber. »Diesmal reden wir nicht über Beben und Flutwellen. Wir reden vom Ende der Welt.«
19.02 Uhr
Miyuki saß am Arbeitstisch im Labor für Meeresbiologie. Im Hintergrund, in der geologischen Abteilung, hörte sie Jack und zwei Männer seiner Mannschaft leise und aufgeregt miteinander sprechen. Dazu spürte sie den Blick Tausender Augen aus den durchsichtigen Kunststoffbehältern auf den Regalen und Schränkchen ringsumher auf sich liegen. Es fiel ihr schwer, sich dabei zu konzentrieren.
Kopfschüttelnd setzte sie ihre eigenen Forschungen fort. Zuvor hatte sie Gabriel alle R ongorongo- Beispiele von den Osterinseln weltweit durchsuchen lassen, um nachzusehen, ob es irgendwo einen weiteren Bezug auf die Säule oder die antike Katastrophe gab. Sie hatte wenig Glück gehabt. Einige wenige spärliche Andeutungen, jedoch nichts von Bedeutung. Jetzt las sie gerade erneut die Passagen in dem Platintagebuch durch.
Neben ihr klingelte der Laptop in der Aktentasche, und Gabriels Stimme tönte durch die winzigen Lautsprecher. Er sollte ein linguistisches Äquivalent der Sprache ausarbeiten, indem er die von Mwahu zur Verfügung gestellten Phoneme benutzte. Sie schaute auf.
»Tut mir leid, Sie zu stören, Professor Nakano.«
»Was ist, Gabriel?«
»Ich habe hier einen Anruf von Dr. Grace. Möchten Sie ihn entgegennehmen?«
Miyuki wäre fast vom Stuhl gefallen. »Karen …?« Sie
Weitere Kostenlose Bücher