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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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nicht.«
            Auf einer Seite hatte sich Hannis Haar aus ihrem Zopf gelöst. Sie schob es zurück. »Entschuldige. Ich muss ja grauenhaft aussehen. Ich kenne das alles hier gar nicht. Wo sind wir?«
            »Das hier ist unsere Gemeinde, Hanni. An der Taylor's Road. Weißt du nicht mehr?«
            »Oh. Ja, natürlich. Hast du diese Hütte gebaut?«
            »Diese und andere Hütten. Die Lutzes, Pastor Beitz und ich«, erklärte er voller Stolz. »Und die Kirche befindet sich bereits im Bau.«
            »Oh.« Hanni seufzte. Was sie hörte, konnte sie nur schwer begreifen. »Ich sollte Lukas hier treffen«, sagte sie schließlich. »Ist er noch nicht da?«
            »Nein.«
            »Deshalb hast du mich aufgenommen? Das ist sehr freundlich von dir. Jetzt weiß ich es wieder, ich bin mit dem Wagen von der Clonmel Station gekommen. Ich war schrecklich müde. Der Weg war so weit.«
            »Ja.« Walther nickte ernst. »Möchtest du frühstücken?«
            »Gern. Ich habe großen Hunger. Darf ich mich zuerst ein wenig frisch machen?«
             
            »Hanni wartet auf Lukas«, berichtete Walther Pastor Beitz.
            »Dem Himmel sei Dank! Siehst du, ich habe es doch gesagt. Irgendwann kommen sie alle hierher zurück, und dann haben wir eine gut funktionierende, arbeitende Gemeinde. Bald schon kann ich mit dem Bau meiner Missionsschule beginnen.«
            Walther jedoch gab zu bedenken, dass sie eine weitere Hütte brauchten, eine, die mehr Privatsphäre ermöglichte, da sich ihnen jetzt eine Dame anschloss. Und sie würden sorgfältiger auf ihre Kleidung achten müssen. Vielleicht gehörte es sich doch nicht, dass die Männer hier nur mit Hosen bekleidet, von denen sie die Beine abgeschnitten hatten, herumliefen. Und er hätte gern gewusst, warum die Fechners nicht auf der Schafzuchtfarm geblieben waren. Das Letzte, was er von ihnen gehört hatte, war, dass es ihnen gut ging. Außerdem fürchtete er, dass, wenn noch mehr Leute kamen, so willkommen sie ihnen natürlich auch waren, die Vorräte knapp wurden. Er würde mehr Land für Feldfrüchte roden und bestellen und den Hühnerstall vergrößern müssen, was allein schon eine Heidenarbeit war. Dadurch blieb ihm dann nicht mehr viel Zeit zum Fischen, ihrer Hauptnahrungsquelle. Die Tage waren einfach nicht lang genug; das war das Problem.
             
            Tibbaling war fasziniert von der jungen Frau mit dem unglaublich weißen Haar. Im Grunde faszinierten ihn all diese Leute, die von einem anderen Stamm waren als die einheimischen Weißen. Sie sprachen eine andere Sprache und bauten Häuser, die an die Behausungen der Südsee-Insulaner erinnerten. Die Kanaken hatten Tibbalings Leuten erzählt, dass ihr Volk in der Heimat in großen, kunstvoll gebauten strohgedeckten Hütten lebte. Sie hörten voller Interesse, dass der Stamm der Deutschen ähnlich lebte. Einer von Tibbalings Kanakenfreunden war sogar gekommen, um die Häuser der Deutschen zu begutachten, war aber überhaupt nicht beeindruckt gewesen. Er fand sie primitiv.
            »Immer noch besser als die Hütten, in denen deine Leute hausen«, neckte er.
            Tibbaling hatte gelacht. »Wir verstehen es, uns warm und trocken zu halten, und wenn die Sterne am Himmel stehen, wollen wir sie auch sehen. Wir wollen uns nicht vor ihnen verstecken; all unsere Kinder und Ahnen sind ja dort oben.«
            Die junge Frau namens Hanni war den ganzen Tag lang da gewesen. Walther war in die Stadt geritten, um ihren Mann zu suchen, jedoch ohne ihn zurückgekommen. Er hatte nicht einmal etwas von ihm gehört. Sie waren schon ein merkwürdiger Haufen. Erst gestern hatten Walther und Beißt eine andere Frau getröstet, deren Mann, Theo, weggelaufen war. Gewöhnlich kam diese Frau mit Theo und den Kindern zu ihren allwöchentlichen Zeremonien, doch dieses Mal erschien sie ohne ihn und war sehr bekümmert.
            Beißt schien sich um den Mann namens Theo keine Sorgen zu machen. Er sagte, er würde schon zurückkommen, aber um den anderen Mann, um Lukas, sorgte er sich sehr.
            Tibbaling mischte sich nicht in ihre Gespräche mit der hübschen weißhaarigen Frau ein; er setzte sich neben die Hütte und war traurig wegen ihrer Kümmernis. Er konnte sich an den Mann, von dem sie sprachen, nicht erinnern – in den ersten Tagen waren so viele von diesen Leuten

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