Im Licht der Sonne: Roman (German Edition)
meinen Kuss war vollkommen unerwartet und … erregend. Sie ist eine starke Frau, sowohl körperlich als auch seelisch, und zu fühlen, wie sie in meinen Armen schwach wurde, war schon ein sehr erotisches Erlebnis.
Er musste seine Aufzeichnungen unterbrechen, ein paar Mal tief durchatmen und einen Schluck von dem Wasser trinken, das er sich eingeschenkt hatte.
Die Reaktion ihres Körpers auf meinen zu fühlen und ihre sinnliche Hitze zu spüren, war ungeheuer prickelnd und aufregend. Ich kenne zwar die chemischen und biologischen Ursachen für den Anstieg der Körpertemperatur während eines solchen Ereignisses, aber das macht das Erlebnis nicht weniger wundervoll. Ich kann Ripley noch immer schmecken – auch ihr Geschmack ist stark, ein starkes und herbes Aroma. Und noch immer die Art von wohligem Schnurren hören, das sie tief in der Kehle machte. Meine Beine verwandelten
sich förmlich in Wackelpudding, und als sie mir die Arme um den Hals schlang, war es, als ob ich von ihr umgeben wäre. Noch eine Minute – noch ein einziger Augenblick, und ich hätte vergessen, dass wir in einer bitterkalten Nacht auf einer offenen Veranda standen.
Aber da ich trotz ihres herausfordernden Neckens – mit der Umarmung angefangen hatte, war ich auch dafür verantwortlich. Zumindest war mir das befriedigende Gefühl vergönnt, ihr Gesicht zu sehen und den weltentrückten, verträumten Ausdruck in ihren Augen. Und zu beobachten, wie sie geradewegs gegen die Tür lief.
Das war wirklich zum Brüllen komisch.
Womit ich natürlich nicht behaupten will, dass ich mich besser im Griff gehabt hätte. Ganz im Gegenteil. Ich wäre auf dem Rückweg zum Cottage zweimal beinahe von der Straße abgekommen, und ich habe mich prompt verfahren – aber das Letztere ist auch ohne die Stimuli nicht atypisch für mich.
Ja, ich möchte sie wiedersehen, aus einer ganzen Reihe von Gründen. Und ich mache mir keine großen Hoffnungen, dass ich heute Nacht sonderlich gut schlafen werde.
5
Nell überzog den letzten Schwung Zimthörnchen mit Zuckerguss und wartete den rechten Augenblick ab. Sie hatte noch eine Stunde Zeit, bevor sie die vorbereiteten Speisen für das Café in ihren Wagen laden musste. Als Tagessuppe gab es heute eine Champignonsuppe mit Lauchstreifen und Schinken, und sie war bereits transportfertig in dem großen Kessel versiegelt. Die drei Salate zur Auswahl waren zubereitet, die Muffins gebacken. Und die Napoleonschnitten waren ebenfalls fertig.
Nell war seit halb sechs Uhr morgens auf den Beinen und mit Kochen und Backen beschäftigt.
Diego, ihre geschmeidige graue Katze, lag zusammengerollt auf einem der Küchenstühle und beobachtete sie. Lucy, der große schwarze Labrador, lag ausgestreckt in einer Ecke des Raums – und beobachtete Diego. Die beiden Tiere hatten sich schließlich geeinigt – auf Diegos Bedingungen – und lebten seitdem in einem erträglichen Zustand des Misstrauens und Argwohns zusammen.
Während ihre Plätzchen im Ofen backten, drehte Nell das Radio leiser und wartete.
Als Ripley in die Küche kam, mit verquollenen Augen und in der Jogginghose und dem Football-Sweatshirt, in denen sie geschlafen hatte, hielt Nell ihr einfach einen Becher mit Kaffee hin.
Ripley grunzte, was einem Dankeschön so nahe kam, wie sie es ohne Koffein zu Stande brachte, und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
»Zu viel Schnee für deinen Morgenlauf?«
Ripley grunzte erneut. Ohne ihre gewohnten drei Meilen am Strand hatte sie immer das Gefühl, nicht so ganz sie selbst zu sein. Aber der Kaffee half. Sie trank das starke Gebräu in kleinen Schlucken und tätschelte geistesabwesend Lucys Kopf, als der Labrador herüberkam, um sie zu begrüßen.
Sie würde wohl oder übel das verdammte Laufband im Studio benutzen müssen. Sie hasste das Gerät. Aber sie konnte nicht zwei Tage auf ihr Lauftraining verzichten. Zack übernahm heute die erste Schicht – wo, zum Teufel, steckte Zack eigentlich? –, deshalb konnte sie sich bis zum späten Vormittag Zeit lassen, bevor sie in das Fitnessstudio ging.
Aus dem einfachen Grund, weil sie Mac nicht begegnen wollte. Nicht, dass er sie irgendwie beunruhigte oder so. Sie
hatte sich schon eine ganze Reihe von plausiblen Entschuldigungen für ihre Reaktion auf jenen Gutenachtkuss eingeredet.
Sie wollte ganz einfach nichts mit ihm zu tun haben, das war alles. Nell stellte eine Schale vor sie auf den Tisch. Ripley betrachtete den Inhalt blinzelnd. »Was ist
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