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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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mit Wein und einem seltsamen Puder um den Verstand brachten. Ich habe Männer gesehen, die schuften, solange die Sonne am Himmel steht, und ihre Frauen verachten sie, weil sie nie zu Hause sind. Ich habe Männer gesehen, die verprügeln diejenigen, die sie beschützen und behüten sollten, sogar die eigenen Kinder. Ich habe gesehen, wie manche von euch andere Aleraner in Sklaverei halten. Ich habe gesehen, wie andere wiederum für die Freiheit kämpfen. Ich habe Männer des Gesetzes gesehen, die dagegen verstoßen, Männer, die das Gesetz hassen. Ich habe ehrenhafte Verteidiger gesehen, Heiler, die aus Lust quälen, Menschen, die Schönheit erschaffen und verhöhnt werden, während die Handlanger der Vernichtung gepriesen werden.«
    Kitai schüttelte nachdenklich den Kopf. »Aleraner, noch nie habe ich ein Volk gesehen, das so böse und milde, so wild und edel, so heimtückisch und treu, so erschreckend und so faszinierend ist.« Sie strich ihm erneut über die Wange. »Und du bist etwas ganz Einzigartiges unter ihnen.«
    Tavi schwieg eine Weile, ehe er antwortete: »Kein Wunder, dass du uns für verrückt hältst.«
    »Ich glaube, deine Art könnte wahre Größe erlangen«, sagte sie ruhig. »Sie könnte unvergleichlich werden. Der Eine würde stolz auf sie herabschauen. Es wurde euch mitgegeben. Aber auch die Gier nach Macht. Nach Hinterlist. Falschen Masken. Und absichtlichen Irrtümern.«
    Tavi runzelte die Stirn. »Absichtlichen Irrtümern?«
    Kitai nickte. »Wenn jemand etwas sagt, das aber nicht richtig ist. Der Sprecher irrt sich, doch es scheint, er will absichtlich nicht das Richtige sagen.«

    Tavi dachte einen Moment lang nach und begriff schließlich. »Du meinst Lügen.«
    Kitai blinzelte ihn verwirrt an. »Was für Liegen? Was hat das mit liegen zu tun? Liegen heißt, sich niederzulegen zum Schlafen. Oder bei jemandem zu liegen, um sich zu paaren.«
    »Nein, nein«, sagte Tavi. »Ich meine ein anderes Wort. Lügen. Mit ü. Wenn man etwas sagt, das nicht stimmt, weil jemand anders denken soll, es sei die Wahrheit. Es bedeutet, etwas zu sagen, das falsch ist«, erklärte Tavi. »Ja, man kann es auch Falschheit nennen.«
    »Dadurch wird doch alles unglaublich schwierig, wenn man sich verständigen will«, meinte Kitai. »Dinge sagen, die nicht richtig sind. Falschheiten sprechen? Und du willst sagen, so etwas tun Aleraner absichtlich?«
    »Die meisten, ja.«
    Kitai seufzte angewidert. »Tränen Des Einen, warum ? Ist die Welt nicht so schon gefährlich genug?«
    »Bei deinem Volk gibt es keine Lügen … äh, keine Falschheit?«, fragte Tavi.
    »Wozu sollte das gut sein?«
    »Na ja«, erklärte Tavi, »manchmal sagen wir Aleraner uns die Unwahrheit, um die Gefühle des anderen nicht zu verletzen.«
    Kitai schüttelte den Kopf. »Zu sagen, etwas ist nicht, macht doch nicht, dass es nicht ist«, erwiderte sie.
    Tavi lächelte milde. »Stimmt auch wieder. Ich denke, wir hoffen, es würde dann einfach nicht passieren.«
    Sie kniff die Augen zusammen. »Also erzählt man sich bei deinem Volk auch untereinander Falschheiten?« Sie schüttelte erneut den Kopf. »Verrückt.« Dann strich sie mit zarten, warmen Fingern über den Schwung seines Ohres.
    »Kitai«, sagte Tavi leise. »Erinnerst du dich an den Moment, als wir aus dem Stillen Tal wieder nach oben gekommen sind?«
    Sie schauderte, doch sie wandte den Blick nicht von ihm ab und nickte.

    »Da ist etwas mit uns geschehen, nicht wahr?« Tavi bemerkte gar nicht, dass er Kitai die Hand ins Gesicht gelegt hatte, bis er ihre warme, weiche Haut unter den Fingern spürte. »Deine Augen haben sich verändert. Das bedeutet etwas für dich.«
    Sie schwieg eine Weile, und zu seinem Erstaunen kamen ihr tatsächlich die Tränen. Ihr Mund bebte, und trotzdem antwortete sie nicht, sondern nickte nur schwach, kaum wahrnehmbar.
    »Was ist da geschehen?«, fragte er vorsichtig.
    Sie schluckte und schüttelte den Kopf.
    Tavi kam plötzlich eine Idee in den Sinn. »Das hast du gemeint, als du gesagt hast, du wärst gekommen, um zu beobachten «, sagte er. »Wenn es ein Gargant gewesen wäre, hättest du Garganten beobachtet . Und bei einem Pferd hättest du Pferde beobachtet .«
    Die Tränen rannen ihr aus den grünen Augen, dennoch atmete sie gleichmäßig und wandte den Blick nicht ab.
    Tavi strich ihr sanft über das weiße Haar. Es war unglaublich fein und weich. »Die Clans deines Volkes. Herdentöter, Wolf, Pferd, Gargant. Sie … sie gehen eine Verbindung

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