Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters

Titel: Im Schatten des Münsters - Buthe, H: Im Schatten des Münsters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hef Buthe , luebbe digital
Vom Netzwerk:
Zeit.Gibst du uns die?«
    »Die Zeit wird’s zeigen«, murmelte ich, in Ermangelung von Übung in solchen Situationen verlegen, und nahm sie in den Arm.
 
    Am Nachmittag traf ich mich mit Pater Lutz wieder auf der Orgelempore.
    Bei meiner Terminvereinbarung mit ihm schien es, als habe er nur darauf gewartet. Er hatte ohne Gegenvorschlag sofort eingewilligt.
    »Nun?«, begann er und stützte sich mit zum Gebet gefalteten Händen auf den Unterarmen ab.
    »Sie kommen nicht weiter. Stimmt’s?«
    Seine Augen tasteten nach einer Reaktion bei mir.
    »Ich habe mir das überlegt. Jeder, der nach diesem Phantom sucht, scheint in Gefahr zu sein. Heute Nacht ist Herr Gerster verunglückt ...«
    »Kann nicht sein ...«, entfuhr es mir.»Wann, wie?«
    »Haben Sie die Zeitung nicht gelesen? Steht heute drin. Autounfall. Trunkenheit am Steuer, sagt die Presse.«
    »Und wie geht es ihm?«
    Der Pater hob die Schultern. »Keine Ahnung. Schwer verletzt, stand in der Zeitung. Aber das bewegt mich, Ihnen zu raten, mit Ihrer Suche aufzuhören. Niemand weiß, um was es geht ... bis auf einen. Und der will verhindern, dass man ihm zu nahe kommt. Also hören Sie um Gottes willen auf, sich und Frau Solvay weiter in Gefahr zu begeben. Lassen Sie den Dingen ihren Lauf. Es scheint des Herrn Wille zu sein, dass wir geprüft werden.«
    Er erhob sich wie ein Gewichtheber, der sich zu viel zugemutet hatte und unter seiner Last ins Wanken geriet.
    »Langsam«, hielt ich ihn zurück, als er an mir vorbei zu den Stiegen stapfte, »erst erklären Sie mir, warum Sie Ihr Beichtgeheimnis missbrauchen.«
    Er drehte sich langsam um, bis wir uns wieder gegenüberstanden. Seine sonst listigen Augen blickten mich müde an.
    »Sie meinen die Sache mit dem Einbruch?«
    »Genau den.«
    »Nun gut. Ich bin Ihnen eine Erklärung schuldig.« Er setzte sich wieder auf den Platz am Spieltisch.
    »Wissen Sie, wer dieser Dr. Simonte überhaupt ist?«, fuhr er fort. »Nein, das können Sie nicht wissen. Er ist der Großinquisitor Roms hier. Er hat alle, ich sage alle Befugnisse, um von der Kirche Schaden abzuwenden. Und was Schaden ist, bestimmt er. Gerster beichtete mir, was er und der Professor herausgefunden hatten. Er brauchte nur noch ein paar Schriftstücke. Als ich versuchte, Sie oder Frau Solvay telefonisch zu warnen, war niemand da. Also fuhr ich zur Wohnung, um Gerster abzufangen. Die Tür war offen, aber es war niemand in der Wohnung. Ich habe dann den Zettel eingesteckt und Sie im Lokal aufgesucht. Den Rest kennen Sie.«
    »Wer hat dann diese verdammte Wohnung verwüstet?«
    Er kraulte seinen Bart und stand wieder auf. »Ich dachte, Gerster sei es gewesen. Also muss dazwischen noch jemand da gewesen sein, der seine Wut ausgelassen hat. Ein Grund mehr, vorsichtig zu sein. Rufen Sie mich vorläufig nicht im Ordinariat an. Ich muss für eine Weile weg.«
    Wie ein alter Mann kletterte er die Stufen hinab.
    »Moment, Pater«, ich eilte ihm nach, »warum ermutigen Sie mich erst, der Sache nachzugehen, versorgen mich sogar mit Informationen und raten mir dann,die Finger davonzulassen? Was stimmt da nicht?«
    Er legte den Finger auf die Lippen. »Nicht so laut. Auch in meinem Beruf gibt es Mobbing. Und unsere ... na ja, Zusammenarbeit passt dem Erzbischof nicht. Ich sagte ja, dass unser Orden nur geduldet ist. Ich habe Sie nur gewarnt. Ich möchte verhindern, dass noch mehr Menschen Schaden nehmen. Das lohnt sich nicht. Der Knall kommt, das ist unausweichlich. Passen Sie auf sich auf.«
    Er hielt mir das erste Mal die Hand zum Gruß hin. Sein Druck war fest und enthielt ein Stück Papier, das ich beiläufig in der Hosentasche verschwinden ließ.
    »Gott zum Gruß.«

19

    Es war zu spät, nach Otto zu fragen. Die Marktstände waren schon abgebaut, und die Reinigungsmaschinen fuhren fauchend ihre Runden. So kehrte ich im Café Hofmann ein, um mich der Tagespresse zu widmen und die Warnung des Paters zu überdenken.
    Herr Gerster wurde zwar nicht mit Namen genannt, sondern »ein Hotelier aus der Stadt« diente dem Artikel als Chiffre, aber ich erkannte den Wagen, der sich auf der Fahrerseite um einen Baum gewickelt hatte.
    Nur konnte ich mich nicht erinnern, dass es auf der Strecke zwischen dem Lokal, an dem er mich abgesetzt hatte, und seinem Hotel einen direkt neben der Straße stehenden Baum gab. Außerdem lag der genannte Unfallzeitpunkt zwei Stunden nach unserer Trennung.
    Langsam neigte ich dazu, dem Pater zu glauben. Zwei Unfälle mit einem Toten und einem

Weitere Kostenlose Bücher