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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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blindes Wesen, das sich verirrt hatte, an ihr Euter zurück. Manchmal hob sie den Kopf und leckte Erics Hand.
»Nicht doch, Duchess. Du warst ein ganz großartiges Mädchen, weißt du? Als du so große Schmerzen hattest, hast du dich gar nicht gewehrt, obwohl ich dir ja fremd bin, und bei dem Pieken hast du dich nicht gemuckst, feines Mädchen, und so schön kümmerst du dich jetzt um deine Familie ...«
Er murmelte, und die Welpen seufzten tief zufrieden in ihrer Hingabe an die mütterliche Fürsorge und die herrliche Milch; und schließlich fand Mr. Muir durch diesen friedlichen Chorus den Mut, den Kopf zu wenden, doch bevor er sprach, erfaßte sein Blick David, der still in einer Ecke stand und sich manchmal kurz über die Augen fuhr.
»Ist's vorbei, junger Mann?«
»Aye, Sir. Sie haben wunderhübsche stramme Welpen und eine sehr stolze kleine Mutter.«
»Und das ... Tote, haben Sie's schon weggetan?«
Eric legte ihm die Hand auf die Schulter und zeigte auf den kleinen Rüden: »Da ist er. Er brauchte bloß ein bißchen länger als die anderen, um sich mit der Wirklichkeit anzufreunden, Mr. Muir.«
»Beim heiligen Andreas ... das werd ich Ihnen nie vergessen«, sagte Mr. Muir mit belegter Stimme und strich dem Welpen mit dem Finger über den Rücken. »Und jetzt, jetzt sollten wir ... wir sollten das begießen, denken Sie nicht?«
Eric blickte zweifelnd zu David in seiner Ecke und sah mit Erstaunen, daß seine Augen gerötet waren. »Wird Claire uns das verzeihen? Sie wird vielleicht mit dem Tee auf uns warten?«
»Nay, is schon gut, Junge«, brummte David. »Ein Drink wird uns allen guttun.«
»Sherry?« bot Mr. Muir an, »Brandy? Malt?«
»Malt.« David barg seine Rührung noch immer hinter Gereiztheit.
»Junger Mann?«
»Ist mir gleich, Mr. Muir. Was Sie trinken.«
»Na, werd auch einen Malt nehmen. Es gibt nichts Besseres, um einen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, aye, David?«
»Aye.«
Um die unbehaglich gespannte Atmosphäre zu lockern, wurde Eric sachlich.
»Es könnte sein, Mr. Muir, daß es zu Schwierigkeiten kommt. Wenn Duchess plötzlich anfängt zu zittern und hechelnd zu atmen, dann müssen Sie mich sofort anrufen. Egal zu welcher Zeit.«
»Jederzeit?«
»Jederzeit.«
Sie leerten ihren Whisky.
Als Eric und David auf dem Rückweg waren, sagte der Jüngere scheu: »Ich hab da ziemlich über Ihren und Claires Kopf hinweg eine Entscheidung getroffen; wenn wirklich eine Komplikation mit Duchess eintreten sollte, werden Sie ja auch vom Telefon geweckt – ich habe gedacht, vielleicht sollte ich den Apparat mit an mein Bett nehmen?«
David blickte weiter auf die Straße und hüllte sich in eine dichte Rauchwolke, um sein Gesicht zu verbergen. »Nicht nötig.« Seine Stimme klang noch immer rauh. »So ist's eben, wenn man einen Tierarzt in der Familie hat.« Er schaltete in den nächsten Gang. »Ich dachte, Sie wären gut mit Pferden, Junge, aber als ich Sie da mit dieser kleinen Hündin sah, die anfangs nicht aus noch ein wußte vor Angst – Sie waren ja gar nicht mehr bei uns. Ich meine, Sie hatten uns vergessen, den alten Muir und mich, einfach alles um sich herum; nur die Tiere waren wichtig. Jetzt verstehe ich, was Billy meinte.«
»Billy?«
»Aye. Er sagte, Sie hängen Ihr Herz dran. Ich hab's heut gesehen, und verdammt, Sie haben mich zum ... na, lassen wir das. Aber so ist's schon: Sie hängen Ihr Herz dran.«
»Das kann aber auch nicht immer helfen«, sagte Eric nach einer langen nachdenklichen Pause.
»Nay. Aber Sie sind einer, glaub ich, der den kleinsten Funken anfachen kann.«

15

    Der Mond war etwas voller und schien noch heller als in der letzten Nacht. Eric ritt aufmerksam den blinkenden Zaun entlang. Er würde den Zaun kontrollieren und vielleicht,
    wenn alles ruhig und er nicht zu müde war, einen Abstecher zu dem kleinen See machen.
    Wieder hatten sie ihren Ausgang vom schmalen Dreieck genommen, an dem das Land der Fargus' auf das der Cochans stieß. Wieder klangen die Huftritte Gray Beards je nach Beschaffenheit des Bodens hohl und hell, oder satt und dunkel. Gray Beards wacher Verstand hatte sich bereits gestern diese öde Strecke eingeprägt, und er kannte sie schon ebenso auswendig, wie er all die Pfade des Whiskytrails kannte.
    Plötzlich jedoch warf er den Kopf auf, als ihm der Geruch von Pferden in die Nase stieg. – Stuten. Sie rochen frei und wild, und mitten unter ihnen nahm er einen sehr scharfen Geruch wahr, den des Hengstes. Gray Beard schüttelte den Kopf: er kannte

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