Im Tal der bittersüßen Träume
erscheinen, zerreißt man Sie zu Gulasch! Sie sollten mir lieber die Hand geben, Lagarto. Wir sind beide tochtergeschädigt.« Er lachte schallend, aber mit einem schreckenerregenden Unterton. »Ist das ein Fest: Zwei Schwiegerväter unter sich!«
»Schwiegerväter?« Lagarto starrte Paddy an, als habe er es mit einem Irren zu tun.
»Ihre schöne Evita ist seit heute morgen zehn Uhr Mrs. Högli. Die Freudenfeuer im Tal gelten ihr und Ihrem Schwiegersohn, dem fast schon heiligen Doktor.«
Lagarto setzte sich langsam in einen der Sessel, lehnte sich langsam zurück. Paddy verstand ihn. Was ihn zur Weißglut brachte, lähmte Lagarto. Jeder nach seinem Temperament.
»Das haben Sie alles mit angesehen, ohne mich zu benachrichtigen?« sagte Lagarto endlich. »Wäre ich ein Mann Ihres Schlages, Paddy, gäbe es darauf nur eine Reaktion …«
»Genauso habe ich auch reagiert. Aber fangen Sie mal einen Wind und wecken Sie ihn ein! Sie wissen noch lange nicht alles. Ihr Schwiegersohn Dr. Högli und der Pfaffe Felix Moscia führen einen heiligen Krieg gegen mich und meine Peyotl- und Hanffelder. Sie zwicken also auch Ihnen am Lebensnerv, Lagarto. Und jetzt kommt die Ironie des Schicksals: Ihre schöne Evita erscheint im Tal, um mir Ihren Brief zu überbringen, ein ahnungsloser Engel. Aber das Benzin geht ihr aus. Dr. Högli klaubt sie von der Straße auf und nimmt sie zunächst mit in sein Hospital. Und dort geschieht nun das, was auch Sie mitten ins Herz treffen dürfte: Evita erfährt von Högli, wen sie im Auftrag ihres Vaters besuchen soll. Sie öffnet Ihren Brief und – bums! – die Tragödie ist da! Das Töchterlein erkennt, womit ihr angebeteter Vater seine Millionen verdient. Der Lack blättert ab … Miguel Lagarto ist ein Ungeheuer, das seinen weißen Palast in El Paso und seine Bankkonten aus den Rauschträumen der Süchtigen erbaut. Reaktion der Tochter: Sie bleibt bei ihrem Geliebten. Meine Reaktion: Ich muß sie einbeziehen in meinen Abwehrkampf. Reaktion der ›Organisation‹: Sie kommt auf die Liquidierungsliste. Nur hat es Haverston nicht geschafft. Aber es werden andere kommen.« Paddy beugte sich vor. Lagarto saß mit geschlossenen Augen im Sessel. Sein Adlergesicht war erstarrt. »Verstehen Sie nun, warum ich Ihnen am Telefon nichts sagen konnte? Ich muß hier erst Ordnung schaffen. Und ich schaffe sie, Lagarto. Die Sonne hilft mir dabei. In spätestens sieben bis zehn Tagen hat der große Durst sie alle paralysiert. Dann legen mir die Indios meine Gegner vors Tor und ich öffne alle Wasserhähne für sie. Das habe ich versprochen.«
»Und meine Tochter wird bei den Opfern sein …« sagte Lagarto kaum hörbar.
»Durch diese idiotische Heirat!« Paddy holte tief und schnaufend Luft. Er dachte an Matri, und das erzeugte wieder diesen schmerzhaften Druck, der ihm das Atmen schwer machte. »Sagen Sie bloß, Sie wüßten einen Ausweg!«
»Warum hat mich Evita nicht angerufen?« fragte Lagarto.
»Ich habe die Telefonleitungen unterbrochen. Ich habe die Straße gesperrt! Ich habe Santa Magdalena abgekapselt, bis die Sonne ihr Werk vollendet haben wird. In Chihuahua habe ich eine gewisse Taubheit gekauft – aber wenn man dauernd mit Anklagen berieselt wird, wird auch der Taube hellhörig. Das mußte unterbunden werden – auch in Ihrem Interesse, Lagarto! Sie hängen bis zu den Nasenlöchern mit in dieser Scheiße drin!«
»Ich möchte meine Tochter sprechen.« Lagarto hob den Kopf. »Ich muß ihr manches erklären, Paddy.«
»Sie wird es nicht begreifen. Als Frau Högli schon gar nicht. Sie handeln mit Rauschmitteln. – Aus!«
»Aber ich bin ihr Vater!« schrie Lagarto. Er sprang plötzlich auf und warf die Arme in die Luft. »Ich weiß, wie Evita an mir hängt. Mutterliebe hat sie nie gekannt – meine Frau starb früh –, und großgezogen wurde Evita von Kindermädchen und Gouvernanten. Die ganze Liebe dieser Tochter fiel auf mich, und ich war stolz und glücklich. Ich habe alles für sie getan. Sie ist aufgewachsen wie eine Prinzessin.«
»Mit Geld aus Meskalinverkäufen.«
»Nicht ausschließlich!«
»Jonglieren wir doch nicht mit Worten, Lagarto. Fünfzig Prozent Ihres Vermögens verdanken Sie den Rauschgiftsüchtigen. Das erklären Sie mal Ihrer Tochter!«
»Das will ich! Ich fahre sofort ins Dorf.«
»Sie kämen nie an, Lagarto. Die Indios sperren alles ab. Man betrachtet Sie als Nachfolger von Haverston.«
»Das ist doch absurd!«
Lagarto rannte durch das Zimmer zur Verandatür.
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