Im Tal der bittersüßen Träume
liegen. Was das heißt, brauche ich nicht zu erklären.« Porelle schwitzte, trotz der surrenden Ventilatoren. »Ich bin in eine ganz dämliche Falle getappt. Dann erschien Haverston – ein Beweis, daß man in der Organisation ungeduldig wurde. Auch Rick ist erledigt. Was – frage ich Sie – geschieht wohl, wenn ich jetzt draußen auftauche? Und wenn ich dann auch noch so wahnsinnig bin, Santa Magdalena und Sie retten zu wollen? Selbst wenn Sie mich auf den Mond schießen, bin ich nicht mehr sicher!« Porelle trank sein Wasserkontingent mit einem Schluck aus. »Ich werde sowieso nach Frankreich auswandern.«
»Nie«, sagte Pater Felix grob. »Sie krepieren an der Cholera.«
»Dieser Polizeichef Femola hat doch mit seinem Hubschrauber Medikamente eingeflogen!« rief Porelle. Die Angst erwürgte ihn fast. Cholera, dachte er. Das ist ein fürchterliches Sterben. Wenn man die Wahl hat zwischen einem Schuß und der Cholera – man soll den Schuß wählen. Und für ihn gab es nur diese Wahl.
»Wir haben sie verbraucht, um Tenabo zu retten. Er hat die Krise überstanden.«
»Die wertvollen Medikamente für einen Lumpen wie Antonio!« rief Porelle.
»Sind Sie mehr?« fragte Pater Felix ruhig.
»Und wie … wie soll es jetzt weitergehen?« Porelle sah hinüber zu Evita. Ihre Schönheit war ergreifend. Als Franzose verstand er, daß man eine solche Frau anbeten könnte, aber er begriff nicht, wie sie einen Dr. Högli heiraten konnte, und daß sie in diesem Drecknest blieb und ganz ruhig, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, ihrem nahen Tod entgegenlebte. »Gut. Ich gehe zu Paddy! Angenommen, er läßt mich raus! Wie kann ich in diesem Zustand einen Wagen lenken? Der Hubschrauber fällt ja aus … Sergeant Lopez wird in vierzehn Tagen noch nicht wieder sitzen können!«
»Überzeugen Sie Paddy, daß Evita mit Ihnen fahren muß«, sagte Pater Felix.
»Ich bleibe bei Riccardo«, sagte Evita sofort. »Fahren Sie, Pater.«
»Vielleicht löst man es mit Münzen aus oder zieht Hölzchen?« schrie Porelle hysterisch. »Bevor ich in Chihuahua die Behörden in Schwung bringe, habe ich eine Kugel in der Stirn!«
»Da hat er recht.« Pater Felix nickte. »Wir müssen Paddy dazu bringen, mit seinem intakten Telefon Alarm zu schlagen!«
»Daß ihr Priester nie aufhört, an Wunder zu glauben!« sagte Porelle bitter.
»Dann bleibt uns nur noch eins.« Pater Felix faltete die Hände, als bete er. »Der Kampf! Der Kampf um das nackte Überleben! Der Sturm auf Paddys Wasser!« Er blickte erst Dr. Högli an, dann Evita. Högli hatte den Kopf gesenkt; sein Protest gegen Gewalt hatte keine Grundlage mehr, wenn die ganze Welt nur noch aus Vernichtung bestand. »Riccardo …« sagte Felix sanft. »Spielt es jetzt noch eine Rolle, ob wir am Durst, an der Cholera oder unter Paddys Gewehren sterben?«
»Nein«, antwortete Högli.
»Wo ist die größere Chance? Können wir die Sonne wegschieben? Nein! Können wir die Cholera mit deinen Mitteln aufhalten? Nein! Können wir an das Wasser heran?«
»Ja!« schrie Porelle wie ein Irrer. »Ja! Ja! Ja!«
»Und mein Vater?« Evita saß neben Högli und hatte den Arm um seine Schulter gelegt. Sie sah müde aus. Aber es waren nicht die Schatten der Hochzeitsnacht, die um ihre Augen lagen. Sie hatten nach der Feier und dem Ablegen der Festgewänder allein und im Dunkeln hier im Zimmer gesessen und davon gesprochen, wie schön ihre Liebe, ihr Leben, ihre Zukunft hätte sein können. Später hatten sie nebeneinander gelegen, zum erstenmal als Mann und Frau, aber sie hatten sich nicht geliebt, obwohl sie voller Sehnsucht waren – es ging einfach nicht. So voll ihre Herzen von Liebe waren, so leer waren ihre Körper. Sie kamen sich ausgedörrt vor wie das braune, verbrannte Gras vor dem Haus.
»Ihr Vater ist ein besonderes Kapitel!« sagte Porelle gehässig.
»Ich weiß es.«
»Er ist hier, also wird er hier auch mitmischen. Wie, das wird sich zeigen!«
»Mein Vater wird niemals auf Menschen schießen. Niemals!«
»Er wird dazu gezwungen werden, schöne Mrs. Högli.« Porelle stand auf, mit beiden Händen stürzte er sich an der Wand ab. Das Sitzen auf dem kleinen Fleck seines Hinterns war ungeheuer anstrengend. Im Bett war das anders, da hatte er eine halbwegs weiche Unterlage. »Wenn die Indios losstürmen … glauben Sie, die machen um Ihren Vater einen Bogen, ziehen den Hut und sagen: ›Bitte, treten Sie zur Seite, Caballero, Sie stehen in unserer Feuerlinie!‹ Wenn Pater
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