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Im Tal der bittersüßen Träume

Im Tal der bittersüßen Träume

Titel: Im Tal der bittersüßen Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nickte. »Pater Felix läutet zum Sturm! In einer halben Stunde sind sie hier! Ihre Rechnung geht nicht auf, Paddy! Die Indios bringen nicht den Priester und den Arzt um, um an das Wasser zu kommen, sondern sie hacken Sie in kleine Teile!«
    »Sie werden nicht bis auf fünf Meter an die Mauer kommen!« sagte Paddy hart. »Porelle, das wissen Sie doch! Sie haben die Maschinengewehre gesehen, die beiden Granatwerfer. Ich habe sie ihnen gezeigt. Sie haben nicht mal die Chance eines Maulwurfes, der sich unter die Palisaden wühlt! Sie haben gar nichts!«
    »Sie haben Pater Felix und Dr. Högli! Die werden an der Spitze marschieren! Ob Ihre Capatazos dann noch schießen?«
    »Das werde ich Ihnen beweisen, Porelle.« Paddy beugte sich über das Geländer. Die beiden Mexikaner unten an der Treppe stierten zu ihm hinauf. »Alarm!« brüllte Paddy. »Alarm für alle!« Er trat zurück und nickte Porelle grimmig zu. »Jetzt sollen Sie sehen, was Organisation ist!«
    Am Wohnblock der Capatazos heulte eine Sirene auf. Der auf- und abschwellende Ton zerriß die stille Nacht und den Zauber des blühenden Parks. Überall gingen jetzt die Lichter an, ein paar verschlafene Gestalten taumelten aus den Türen. Eine zweite Sirene, weiter hinten im Garten, setzte ein und alarmierte die anderen Wohnblocks. Auf den Wachttürmen flammten die Scheinwerfer auf und beleuchteten taghell die gesamte Umgebung. Ein Strahlenbündel konzentrierte sich auf die Straße. Man hätte einen Wurm gesehen, wenn er durch den Staub gekrochen wäre.
    »Es gab eine Stadt Jericho«, sagte Porelle langsam, »deren unbezwingbare Mauern wurden von Posaunen umgeblasen …«
    »Porelle! Kommen Sie mir nicht mit diesen Märchen!« brüllte Paddy. »In Santa Magdalena gibt's keine göttlichen Posaunen …«
    »Aber sie haben da unten Pater Felix und Dr. Högli. Das sind tausend Posaunen, Jack! Ich habe Zeit genug gehabt, die beiden zu beobachten. Ich kenne sie jetzt genau.«
    »Jeder von ihnen ist so viel wert wie eine gut gezielte Kugel, mehr nicht! Sie sollen kommen! Mit Glockengeläut und Halleluja! Ich bin bereit!«
    Er lehnte sich gegen das Geländer und lauschte. Die Sirenen waren verstummt, das Trappeln vieler Stiefel und die Anweisungen der Vorarbeiter lösten das Heulen ab. Aber ein neuer Ton war da und mischte sich dazwischen – ein anschwellender Ton aus dem Tal. Eine Wolke aus menschlichen Stimmen.
    »Sie singen –«, sagt Porelle leise.
    »Sie kommen singend heran?« Paddy starrte auf seine Mexikaner. Sie hatten alle Plätze besetzt, wie man es so oft geübt hatte. Sie warteten hinter ihren Waffen und stierten auf die Straße, die im Lichtbündel der Scheinwerfer lag. »Tatsächlich, sie singen!«
    »Kann ich eine Hose haben, Jack?« fragte Porelle.
    »Natürlich! Kommen Sie herein! Ich muß mich auch anziehen! Sie singen! Dieser verdammte Pfaffe hat sie wirklich alle zu Idioten gemacht!«
    Er ging voraus. Porelle folgte ihm.
    Wie kann man hier töten, dachte er und betrachtete Paddys massigen Körper, seine gewaltigen Muskeln, den Stiernacken, die Säulenbeine. Wie kann man diesen Klotz besiegen? Lagartos Axt? Wenn der erste Hieb nicht sitzt, ist alles verloren. Außerdem liegt die Axt im Wagen.
    Er tappte, nackt und geradezu klein gegen Paddy, durch die riesige Wohnhalle bis zu den Schlafräumen. Ein merkwürdiger Geruch kam ihm entgegen, Paddy roch es noch nicht, aber Porelles feine Nase, geschult in französischen Weinen und delikaten Parfüms, bemerkte ihn sofort. Ein widerlicher Geruch nach gegorener Kloake, ein Geruch, den er schon einmal eingeatmet hatte, als man Antonio Tenabo ins Hospital brachte. Die ätzende Süße der Verwesung …
    Mit einem Ruck blieb Porelle stehen. Paddy fuhr herum. Seine Pistole zeigte auf Porelles Unterleib.
    »Keine Tricks, Pierre!« knurrte er. »Los, gehen Sie voraus!«
    »Nicht einen Schritt, Jack!« sagte Porelle heiser. Er wich zurück an die Wand. »Mein Gott, Jack merken Sie es denn nicht? Sie sind ja schon tot! Paddy! Sie sind tot … tot … tot …«
    Porelle warf sich herum und rannte zurück auf die Veranda.
    Einen Augenblick war Paddy so verwirrt, daß er nicht wußte, wie er sich verhalten sollte. Er hätte Porelle jetzt in den Rücken schießen können, und auch dieses Problem wäre gelöst gewesen. Aber wer schießt schon auf einen nackten, flüchtenden Mann, der anscheinend den Verstand verloren hat? PP rannte wie ein Gehetzter durch das Haus, blieb in der Tür zur großen Wohnhalle stehen und blickte

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