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Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition)

Titel: Im Tal des Fuchses: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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reinem Mitleid. Nein, er möchte, dass es heißt: Lee hat sein Geld nicht zurückgezahlt, aber dafür haben Damons Leute zuerst seine Exfreundin vergewaltigt, dann seine Mutter entführt und misshandelt, und am Ende haben sie Lee alle Knochen gebrochen! Das ist der Damon, wie man ihn kennt.«
    »O Gott«, flüsterte Nora.
    Das Schlimme ist, ich übertreibe nicht einmal, dachte Ryan, obwohl es das ist, was sie wahrscheinlich gerade hofft. Ebendeshalb habe ich ja damals …
    Diesmal gelang es ihm rechtzeitig, seine Gedanken zu stoppen, ehe der Name Vanessa Willard auftauchte. Die Vorstellung, dass sie noch lebte und mit den schrecklichen Vorkommnissen um ihn herum zu tun hatte, war zu schrecklich. Vor allem war sie unaussprechlich.
    »Zwei Dinge«, sagte Nora, »du hast gesagt, es gehe Damon um zwei Dinge?«
    »Ja. Das andere ist einfach sein Sadismus. Er liebt es, Menschen zu quälen. Er liebt es zu spielen. Er stellt sich vor, dass ich mich voller Entsetzen frage, ob er mit alldem etwas zu tun hat und was ihm als Nächstes einfallen wird, und das bereitet ihm ein diebisches Vergnügen. Er kann mich in Angst versetzen, um meinen Schlaf bringen, mich innerlich immer mehr in die Enge treiben. So etwas macht ihm Spaß.«
    Nora schwieg eine Weile, dann sagte sie entschlossen: »Ryan, mit alldem, was du mir gerade erzählt hast, musst du so schnell wie möglich zur Polizei gehen!«
    »Dann bin ich tot«, erklärte Ryan.
    »Wenn Damon verhaftet wird, wie kann er dir dann noch etwas antun?«
    »Und wenn er nicht verhaftet wird? Weil er mit der ganzen Sache tatsächlich nichts zu tun hat?«
    »Irgendetwas werden sie bei ihm finden, weshalb sie ihn festnehmen können. Es scheint doch im Leben dieses Mannes nichts zu geben, was er legal tut!«
    »Nora, wenn man ihm etwas nachweisen könnte, hätte er schon hundertmal lebenslänglich bekommen. Er ist zu clever, als dass er sich an irgendeiner Stelle angreifbar machen würde. Weißt du, was der Alptraum wäre? Ich hetze ihm die Bullen auf den Hals, aber die ziehen unverrichteter Dinge wieder ab, weil Damon im Falle von Debbie und meiner Mutter ausnahmsweise wirklich einmal unschuldig ist oder weil man ihm zumindest seine Schuld nicht beweisen kann. Glaubst du, ein Mann wie Damon nimmt das einfach so hin?«
    »Es geht um deine Mutter!«
    »Ich weiß.« Er sah Nora eindringlich an. »Und es geht auch um dich. Was auch immer ich tue, wie immer das weitergeht, du solltest dich ab jetzt von mir fernhalten. Ich kann dich da nicht mit hineinziehen.«
    »Ich bin doch schon mittendrin.«
    »Noch nicht richtig. Wenn ich mir jetzt eine andere Bleibe suche und wir einander nicht mehr sehen, kommst du vielleicht ungeschoren davon. Überleg doch mal: Wenn Damon gerade das perfide Spiel spielt, Menschen zu attackieren, die etwas mit mir zu tun haben – wie lange, glaubst du, dauert es dann, bis er es auf dich abgesehen hat? Oder wenn ich jetzt der Polizei seinen Namen nenne und er hinterher zum großen Schlag gegen mich ausholt, dann bist du viel zu nah an mir dran, als dass du verschont bliebest. Bitte, Nora. Lass dir nicht dein Leben zerstören!«
    Sie erwiderte nichts darauf, sondern fragte stattdessen: »Wirst du zur Polizei gehen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie hatte ein Gespür für Schwingungen. Sie ahnte, dass er ihr nicht alles gesagt hatte, dass er noch andere Möglichkeiten in seinem Kopf bewegte.
    »Es klingt sehr schlüssig, was du sagst. Oder kannst du dir noch etwas anderes vorstellen?«
    »Nein. Außer es ist Zufall, dass es gerade zwei Frauen in meinem Umfeld getroffen hat.«
    Der Gedanke, der sich in seinem Kopf gebildet hatte und nun an ihm nagte, war furchtbar. Weil er ihn so bedrängte und so zwingend zu sein schien: Eigentlich war es an der Zeit zu überprüfen, ob Vanessa Willard damals auf irgendeine Weise überlebt hatte. Was bedeutete zu überprüfen, ob sie sich befreit hatte oder befreit worden war.
    Er stöhnte auf bei dieser Vorstellung.
    Nora legte eine Hand auf seine Schulter. »Lass uns schlafen. Wir sind vollkommen erschöpft. Lass uns morgen planen, was wir am besten tun.«
    Sie klang beruhigend und vernünftig. Er spürte, wie er sich unter ihrer kühlen, kräftigen Hand ein wenig entspannte.
    Vielleicht sehe ich auch Gespenster, dachte er, während er sich unter der Decke zusammenrollte, vielleicht bin ich in meinem Leben mit zu viel Dreck in Berührung gekommen, habe zu viel Schuld auf mich geladen. Deshalb glaube ich bei allem, was an Bösem und

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