Im Wahn - Moody, D: Im Wahn - Hater
da ich nicht an einem Gespräch interessiert bin. Ich schiebe Liz behutsam zur Wohnungstür. Die beiden Männer entfernen sich.
»Ist alles in ordnung mit euch?«, fragt Harry, als ich die Eingangstür öffne. Er muss durch den Flur gelaufen sein, als er den Schlüssel im Schloss hörte. »Ich war krank vor Sorge. Ihr hättet noch mal anrufen können.«
»Entschuldige, Dad«, sagt Liz.
»Es gab Ärger unterwegs«, erkläre ich.
»Was für Ärger?«
Liz nimmt den Mantel ab und schüttelt den Kopf. Sie
wischt sich die Augen ab. »Ich weiß nicht, was da draußen los ist«, seufzt sie mit leiser Stimme. »Man könnte meinen, die ganze Welt verliert den verstand.«
»Was ist denn passiert?«, fragt er und sieht von Lizzie zu mir und wieder zurück, um eine Antwort zu bekommen. »Seid ihr beide unverletzt? Habt ihr …?«
»Uns ist nichts passiert«, sagt sie niedergeschlagen und schiebt ihn behutsam durch den Flur zum Wohnzimmer. Josh schläft noch. Ich öffne ganz vorsichtig seine Gurte, zieh ihm den Mantel aus und hebe ihn aus dem Kinderwagen.
»Was ist passiert?«, fragt Harry erneut, während ich ihm und Liz ins Wohnzimmer folge. Ich werfe einen kurzen Blick in die Kinderzimmer. Ed liegt auf dem Bett und liest. Ellis’ Zimmer ist leer.
»Wir sind die Pedmore Row entlang zur Bushaltestelle gegangen«, erzähle ich ihm. »Plötzlich tauchte aus heiterem Himmel eine Gruppe von Kerlen auf, die einen Mann zusammengeschlagen haben. Er war ein Hasser. Wo ist Ellis?«
Harry nickt zum Wohnzimmer. Ich blicke über die Sofalehne und sehe zu meiner Erleichterung, dass sie zusammengerollt dort schläft und mit der Jacke ihres Großvaters zugedeckt ist. Sie sieht friedlich und entspannt aus. Es ist dunkel und still in dem Zimmer, die einzige Lichtquelle der flackernde Fernseher.
»Sie wollte nicht ins Bett«, erklärt er mir, stellt sich neben mich und sieht sie ebenfalls an. »Hat ständig nach euch beiden gefragt. Ich hab sie eine Weile bei mir gelassen, weil ich wusste, dass sie irgendwann einschlafen würde.«
Liz geht vor Ellis in die Hocke und streicht ihr eine Locke aus der Stirn.
»Ich bring sie ins Bett«, flüstert sie, schiebt vorsichtig die Arme unter das Mädchen und hebt es hoch. Ellis murmelt und regt sich, wacht aber nicht auf. Harry und ich sehen Liz nach, wie sie sie hinausträgt. Dann geht Harry um das Sofa und setzt sich in der Mitte darauf, wo er vermutlich den ganzen Abend gesessen hat. Ich drücke Josh an mich.
»Erzähl es mir noch mal«, bittet er leise. »Was genau ist passiert?«
Ich setze mich neben ihn und ziehe die Schuhe aus. »Ich weiß nicht mehr als das, was ich dir schon erzählt hab. Ein paar Kerle haben einen Hasser schwer verletzt oder sogar getötet. Der Kerl hat wahrscheinlich verdient, was er gekriegt hat. Dann hatte der Bus verspätung, eine Straße war gesperrt und …«
Harry nickt, seufzt und reibt sich die Augen. Er sieht müde aus.
»Ich weiß nicht, was da draußen vor sich geht«, sagt er leise. »Auf jeden Fall bin ich froh, dass ihr wieder da seid. Ich hatte befürchtet, ihr könntet heute Abend in Schwierigkeiten geraten.« Ich will gerade nachhaken, was er damit meint, als er die Fernbedienung nimmt und die Lautstärke des Fernsehers hochdreht. »Seit die Kindersendungen zu Ende sind, sehe ich mir die Nachrichten an«, erklärt er. »Die Lage gerät außer Kontrolle.«
Ich wende mich von Harry ab und dem Fernseher zu. In den Nachrichten sprechen sie von einem »exponentiellen Anstieg der vorfälle«. Mathematik war in der Schule nie meine starke Seite, aber ich weiß, was sie meinen. Aus einem Zwischenfall werden zwei, aus zweien vier, aus vieren acht, und so weiter, bis … Mein Gott, wo soll das alles enden?
Heute Abend berichten die Reporter definitiv in einem anderen Tonfall über die Ereignisse. Sie konzentrieren sich auf die Menschen – die sogenannten Hasser -, die die Wurzel allen Übels zu sein scheinen. Sie betonen immer wieder, dass es sich nur um eine winzige Minderheit handelt, die betroffen ist, warnen die Bevölkerung aber, alle zu meiden, die irgendwie verhaltensauffällig werden. Verdammt, das wäre schon an einem guten Tag die Hälfte aller Bewohner dieser Stadt.
»Es ist wie eine Krankheit«, sagt Harry. »verrückt, nicht? Es breitet sich genau wie eine Krankheit aus.«
»Dann sollte besser jemand schleunigst ein Heilmittel finden«, murmle ich, ohne den Blick vom Bildschirm abzuwenden.
»Die betonen immer, dass es sich nur um ein
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