In deiner Hand
Brian sich groß darüber wunderte. Jetzt brannten meine Wangen doch, wofür ich mich wirklich schämte. Dabei hatte ich gerade einen vermeintlich unverletzlichen Blutsauger zwei Zähne ausgeschlagen. Ich sollte stolz wie Oskar umher stolzieren und einen auf dicke Hose machen. Aber nein, dank meiner bescheuerten Hormone wurde ich rot eine Tomate, weil dieser schnuckelige Kerl hier mich ansah. Es war nicht einmal ein besonderer Blick, nicht intensiv oder einer dieser ich-verzehre-mich-nach-dir-Augenaufschläge. Er sah mich einfach nur an, wie man ein Bild in einer Zeitung ansieht, das man nur nebenbei bemerkt hat und nun kurz einen genauen Blick darauf wirft. Trotzdem glühte mittlerweile mein ganzer Schädel.
„Okay! Gehen wir rein!“ Diese unvermittelten Worte, ließen mich zusammenzucken. Brian gab jetzt richtig Gas und binnen eines Herzschlags verschwanden wir durch eine Tür und den dahinterliegenden von kaltem Neonlicht beleuchteten Gang. Ich stöhnte alles andere als begeistert auf, als mir klar wurde, wohin sie Annie und mich gebracht hatten.
„Das ist nicht besonders intelligent von euch“, konnte ich mir nicht verkneifen. „Malik wird wissen wo ich bin und dann wird er herkommen!“
„Seit Eriks Freunde dich entführt haben, müssen wir sowieso davon ausgehen, dass er unseren Standort bereits kennt. Einer der Gründe, wieso Onyx nicht mehr hier ist.“ Taylor war stehen geblieben und sah mich kurz an. „Verstehst du?“ „Seh ich aus wie ein Idiot?“, fauchte ich.
„Einen Vampir ins Gesicht zu treten halte ich für erstaunlich idiotisch!“
Er grinste breit, doch in seinen Augen flackerte Traurigkeit. Ich konnte mir das nicht erklären. Taylor packte Annie mit beiden Händen an den Schultern und schob sie weiter vor sich her.
„Ja … das war wirklich nicht besonders schlau“, murmelte ich in Brians Schulter und ließ mich weitertragen. „Aber es macht ihm garantiert Angst.“ Davon war ich mehr als überzeugt. Allein sein Blick, als er kapierte, dass ich - die sterbliche Fünfzehnjährige, das schwache, erbärmliche Rotzgör - in der Lage gewesen war, ihn zu verwunden, sprach Bände.
Ich brauche wohl nicht mehr zu erwähnen, dass so etwas rein theoretisch völlig unmöglich war. Erik sollte eigentlich der Einzige sein. Möglicherweise war genau da der Knackpunkt. Sozusagen der Fehler im System.
„Wisst ihr … vielleicht … vielleicht sind Eriks Heilkräfte doch stärker als wir alle dachten?“, murmelte ich. Mir kam diese Erklärung doch recht logisch vor. Keiner reagierte darauf. Somit entschied ich ebenfalls den Mund zu halten und mich weiter durch die ekelhaft grauen Gänge tragen zu lassen.
Mein Bein führte ein Eigenleben. Anders konnte ich wirklich nicht beschreiben, wieso meine Haut kleine rote Blasen warf, als würde darunter ein heißes Feuer brennen. An einigen Stellen pulsierten sogar schwarze, hauchzarte Adern, die sich hin und wieder zu einem filigranen Netz verbanden.
„Das sieht echt gruselig aus“, kommentierte Taylor, der riesige, uralte Blutsauger mit dem halben Waffenarsenal in den Manteltaschen. Gerade der! Der Soldat, der vermutlich schon viele gruselige Wunden gesehen hatte. Das machte mir kaum Mut.
„Es stirbt ab“, sagte ich schlicht und beobachtete die blutige Pampe, die einmal mein Bein gewesen war. Meine Hysterie des Anblicks wegen war längst verflogen. Zum Glück! Die Jungs hatten Annie und mich auf die Krankenstation verfrachtet. Sie saß drei Betten rechts von mir, halb hinter dem weißen Vorhang verborgen. Von Brian fehlte seit einer halben Stunde jede Spur. Er war Jenks holen gegangen. Ich fragte mich wo der wohl steckte, wenn Brian dermaßen lange brauchte. Annie musste dringend untersucht werden! Nach Bisswunden, Blutergüssen …
Ich würde Malik für jedes gekrümmte Haar die Zähne mit einer Zange einzeln rausreißen!
„Es stirbt nicht ab! Es regeneriert sich nur.“ Taylor klang wenig überzeugt und beäugte das Tun meines Körpers mit neugierig vorgebeugtem Oberkörper.
„Und wenn es doch abstirbt?“ Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass davon irgendetwas zu retten war. Er wich meinem fragenden Blick aus, als er antwortete.
„Es wird nicht absterben. Das garantiere ich dir.“
„Das kannst du gar nicht wissen“, entgegnete ich zerknirscht.
„Der Fluch … ´tschuldige … die Verbindung zu Erik ist sehr stark. Was du da siehst, ist ein ganz normaler Heilungsprozess.“
„Ach ja? Und wieso glotzt du dann so
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