Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In deiner Hand

In deiner Hand

Titel: In deiner Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Tintenfee Lewis
Vom Netzwerk:
schnell, dass keiner etwas davon mitbekam. Mir blieb nichts übrig, als ihn todbringend anzustieren und ihm die Krätze an den Hals zu wünschen. Was dachte sich dieser Wichser eigentlich dabei?
„Ist … ist das nicht Brians Wagen?“ Mum schniefte und deutete auf den Porsche.
„Brian Farmer?“
„Ja.“
„Er ist mein Onkel“, log Haiss tadellos. „Ich habe mir den Wagen geliehen, nachdem Verry mich bat, sie aus dem Park abzuholen.“ Mir war, als ließe er den Satz absichtlich wie einen Vorwurf klingen. Sofort zog Mum beschämt die Schultern ein.
„Wie lange geht das denn schon mit euch?“ Sie sah mich nicht an.
„Eine Weile“, murmelte Haiss und seufzte. „Ich bin mir durchaus bewusst, dass Ihre Tochter jung ist, Mrs Jones … aber ich …“
„Wie alt sind Sie denn?“
„Neunzehn.“
„Oh … okay …“
„Wir hätten Ihnen diese Sache nicht verheimlichen dürfen!“
Haiss legte sein ganzes schauspielerisches Können in seine Worte und wickelte Mum Stück für Stück um den Finger. Was genau er zu ihr sagte und sie antwortete, bekam ich kaum mit. Mir war einfach nur schlecht, weil ich so gut wie nichts gegessen hatte. Zudem war ich hundemüde und sehnte mich nach einem Bett. Ich hätte auch nichts einzuwenden gehabt, mich einfach hier auf den Asphalt zu legen und ein, vielleicht auch zwei Stündchen zu schlafen. Mich fröstelte es und Haiss zog mich an seine warme Brust. Ausnahmsweise ließ ich es zu, aber nur, weil meine Glieder schwer waren wie Blei und mir die Motivation fehlte, ihm den Arsch aufzureißen. Irgendwann drückte mir Mum einen feuchten Kuss auf die Stirn, Charles gab mir die Hand und Haiss klimperte mit dem Hausschlüssel, den sie ihm in die Hand gedrückt hatte. Er bugsierte mich über den Rasen zur Tür. Meine Gegenwehr war schlichtweg nicht vorhanden. Kommentarlos schob er mich ins Haus und folgte meinen schwachen Anweisungen. Die Treppe durfte ich gar nicht erst erklimmen.
„Erinner mich daran … dass ich dir dafür … die Fresse poliere“, nuschelte ich und rollte mich auf meinem Bett zusammen. Der Schlaf übermannte mich in Sekundenschnelle.

Seit einer dreiviertel Stunde lag ich jetzt schon wach auf meinem Bett und linste zu Haiss rüber, der mit gesenktem Kopf an der Wand neben der Tür hockte, eingehüllt in strahlenden Sonnenschein. Seine kurzen Haare schimmerten im Licht wie flüssiges Pech, das von dunkelblauen Fäden durchzogen wurde. Die blassen Arme hingen schlaf zu Boden. Er gab kein Geräusch von sich und ich war mir nicht sicher, ob er schlief oder alles ganz genau mitbekam.
Da saß er also! Ein Vampir, in meinem Zimmer! Er wäre ja nicht der erste, dennoch war das alles irgendwie sehr suspekt. Erik Haiss war dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt, er dampfte nicht, seine Haut warf keine Falten oder wurde rot. Und er schien zu schlafen. Mein Bild aus der Kindheit, vom einzigartigen Dracula, der mit offenen Augen und vor dem Tageslicht geschützt in einem Sarg lag und darauf wartete, dass die Sonne wieder am Horizont verschwand, verblasste zunehmend. Das einzige, was diesen Vampir mit meiner Fantasie verband, war die Nahrungsaufnahme. Denn ob sie so unsterblich waren, wie ich mir das vorstellte, wusste ich ja noch gar nicht. Aber wie Linda bereits verlauten ließ, gab es Mittel und Wege, ihnen den Gar auszumachen.
Ob es auch ein Mittel gegen Malik gab? Allein bei der Vorstellung hüpfte mein Herz aufgeregt.
Erik schnaufte leise. Wie erstarrt lag ich auf dem Bett und traute mich einfach nicht, mich aufzusetzen. Ich musste tierisch pinkeln, mir war schlecht vor Hunger und ich sehnte mich nach einer heißen Dusche und einem zwei stündigen Zahnputzmarathon. Ob Erik sich auch die Fänge putzen musste? Oder besaß er körpereigene Organismen, die die ganze Arbeit machten? Die dann Essensreste und Mundgeruch entfernten, alte Hautschuppen zersetzten und für einen guten Körpergeruch sorgten? Hatten Vampire Ohrenschmalz? Mussten sie aufs Klo? Rasierten sie sich die Beine, die Achseln, den Intimbereich und wuchsen die Haare dann wieder nach? Konnten sie kotzen? Und wohin verschwand nur das ganze Blut, wenn sie getrunken hatten? Wieso waren sie warm und nicht kalt?
Ein heftiger Ruck ging durch Erik, der mich zusammenzucken ließ. Ich kiekste wie ein typisches Mädchen und schlug die Hände vor den Mund. Mein Herz machte einen entsetzten Sprung und pochte unangenehm gegen meinen Kehlkopf. Das Schlucken fiel mir plötzlich entsetzlich schwer. Erik hob unendlich langsam den

Weitere Kostenlose Bücher