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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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können.«
    »Was haben die bloß mitten in der Nacht hier gewollt?«
    »Und wieso fahren sie ohne Licht?«
    Sie liefen zurück zum Friedhof und durch die Gänge zwischen den Gräbern bis zu dem Mausoleum der Sheffields. Die Tür zur Gruft ließ sich nicht öffnen.
    Michael trat einen Schritt zurück, bückte sich ganz tief, um das kurzgeschnittene Gras zu untersuchen und bemerkte - ganz schwach, kaum sichtbar, aber ihm war, als müsste dort eben etwas gestanden haben - tatsächlich einen Umriß.
    Die Form eines Sarges.
    »Schau mal!« flüsterte er Kelly zu. »Siehst du’s? Dort - das niedergedrückte Gras!?«
    Kelly ließ sich neben Michael auf den Boden nieder und suchte den Rasen vor der Grabstätte ab. »Hier?« fragte sie.
    Michaels Blick folgte ihrer Hand. »Dort muss vor kurzem etwas abgesetzt worden sein. Schau!« Er drückte seinen Handteller kurz auf die Rasenfläche daneben, und die Gräser richteten sich allmählich wieder auf und ließen den zunächst deutlich erkennbaren Abdruck der Hand langsam verschwinden.
    Kelly schaute auf. »Sie haben sie geholt, nicht wahr?«
    Michael nickte.
    »Was sollen wir jetzt machen?« Kelly begann trotz der warmen Nacht am ganzen Leib zu zittern.
    »Sie töten.« Die Worte kamen ihm fast wie selbstverständlich über die Lippen. »Wir werden jeden von ihnen töten.«
    Und er überlegte, mit einem Gefühl von Selbstbeobachtung wie aus weiter Ferne, warum er beim Aussprechen der Worte eigentlich nichts empfand.
    Aber dann erinnerte er sich: Er empfand deshalb nichts, weil er ohne Seele war.
    Sie war ihm unmittelbar nach der Geburt gestohlen worden.
    Es war Zeit, sie sich zurückzuholen.
     
    Barbara Sheffield betrachtete die Silbersichel des Mondes hinter dem Fenster. Der Schlaf wollte nicht kommen. Sie schien bereits stundenlang wachzuliegen. Ihr Körper war nach den Anstrengungen des Tages total erschöpft. Ihr Verstand kam nicht zur Ruhe.
    Kellys Worte wollten ihr nicht aus dem Kopf. Ich wünsche mir doch, dass Sie es wären - falls ich meine richtige Mutter je wiederfände.
    Und Amelie Coultons Ausspruch konnte sie auch nicht mehr vergessen: Sie ist genausowenig tot wie mein kleines Baby!
    Aber das war doch unmöglich! Es konnte nicht möglich sein! Sie durfte Jenny nicht durch Kelly zu ersetzen versuchen!
    Der Gedanke ließ sie jedoch nicht los. Barbara stand auf. Sie ging zu Jennys Zimmer. In der Tür blieb sie stehen, ihr Blick trübte sich beim Anblick von Jennys Habseligkeiten vor lauter Tränen.
    Die Stofftiere, die gegen das Bett lehnten, so wie Jenny sie immer aufgestellt hatte, sahen sie traurig an.
    Im Schrank, dessen Tür offenstand, bemerkte sie Jennys Kleider und die hübsch aneinandergereihten Schühchen.
    Die Wände hingen voller Bilder, bunte Strichzeichnungen, auf die Jenny so stolz gewesen war - neue kämen nicht mehr hinzu.
    Ihr saß ein Kloß im Hals. Sie machte das Licht aus und setzte unten in der Küche Wasser auf, um sich eine Tasse Kaffee zu machen.
    Als sie ins Wohnzimmer ging und aus der untersten Schublade der antiken Kommode, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte, das Familienalbum holte, tat sie es mit der Absicht, sich Jennys Fotos anzuschauen, vor allem ein Foto, das Jenny glücklich und voller Lebensfreude zeigte.
    Doch als sie ein paar Minuten später beim Kaffee am Küchentisch saß, brachte sie es nicht fertig, diese Fotos zu betrachten - die Wunde war noch zu frisch, der Schmerz zu heftig. Sie blätterte weiter. Bei Fotos von Tisha hielt sie inne.
    Sie verglich die Fotos ihrer Nichte im Album mit ihren Erinnerungsbildern von Kelly.
    Die Ähnlichkeit war unbestreitbar.
    Die gleichen vollen, geschwungenen Lippen, die gleichen hohen Wangenknochen und Linien der Brauen.
    Es gab allerdings auch Unterschiede.
    Tisha war pummeliger als Kelly; aber Tishas Mutter war auch molliger gewesen als Barbara. Und Tisha war von kleiner Statur - wie ihr Vater.
    Trotzdem...
    Nein! Das alles bildete sie sich nur ein.
    Sie blätterte wieder zurück. Bevor sie das Album schloss, fiel ihr Blick auf das erste Bild.
    Es war die Vergrößerung eines Fotos, das vor sechzehn Jahren auf einem Picknick am vierten Juli aufgenommen worden war. Sie hatte darunter gesetzt - >Die letzten Tage der Freiheit - ich kann kaum mehr laufen!< Sie lächelte bei dem Gedanken an die letzten Tage ihrer Schwangerschaft mit Sharon. Sie saß auf dem Picknick-Tisch. Craig stand neben ihr.
    Wie jung sie damals alle ausgesehen hatten!
    Sie sah sich die Menschen auf dem Foto genauer

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