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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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Hereford ist in England, und Ludlow ist es ganz eindeutig. Ludlow ist eine kleine Ortschaft. Vom Zug aus gleicht sie ein wenig Oswestry, fühlt sich aber wärmer an.
    Der letzte Halt vor Shrewsbury ist Church Stretton. Dort stiegen eine Menge Leute in meinen Wagen, und meine gemütliche Ecke war plötzlich nicht mehr ganz so gemütlich. Mich verließ auch ein wenig der Mut. Bisher hatte mir die Reise Spaß gemacht, und ich hatte keinen Gedanken darauf verschwendet, wohin ich fuhr.
    Am Bahnhof Shrewsbury wartete kein Daniel. Ich hatte gedacht, er würde am Bahnsteig stehen, aber er war nirgendwo zu sehen. Also ging ich hinaus und stand eine Weile auf dem Parkplatz herum. Ich überlegte, ob ich einen Bus nehmen sollte, aber ich hatte keine Ahnung, welchen oder wo er abfahren würde. Das ist noch so eine Sache – in den Valleys weiß ich, wohin jeder Bus fährt und in welchen ich einsteigen kann. Die Rotweißen fahren nach Cardiff, und die Dunkelroten gehören zum örtlichen Verbund. Die Schienenwege und wie alles zusammengehört, damit finde ich mich super zurecht, aber wie nützlich es ist, den Busfahrplan zu kennen, darüber habe ich mir kaum Gedanken gemacht, erst jetzt, als ich hier festsaß. Ich hatte meine Tasche und einen Beutel voller Bücher, also brach ich nicht unbedingt unter meinem Gepäck zusammen, aber es war auch nicht eben wenig.
    Von den zehn Pfund hatte ich noch zwei Pfund zehn übrig. (Das ist vielleicht nicht viel, aber ich habe eine Menge Bücher gekauft.) Ich ging wieder in den Bahnhof hinein, wo es einen W. H. Smith gibt, und kaufte eine Landkarte von Shrewsbury und Umgebung, eine Generalstabskarte im Maßstab 1:100 000. (Generalstab. Was für ein seltsames Wort, und was für eine seltsame Vorstellung. Sie haben das ganze Land aus Gründen der militärischen Logistik vermessen, und jetzt verkaufen sie die Landkarten. Na ja, ich wollte ja nirgendwo einmarschieren.) Ich ging wieder hinaus auf den Parkplatz und setzte mich auf eine Bank. Bald fand ich Mickleham, wo Old Hall ist, und gelangte zu der Feststellung, dass der Bus nach Wolverhampton wahrscheinlich dort vorbeifuhr. Da traf Daniel doch noch ein. Ich war erleichtert, als ich den schwarzen Bentley sah. Ich legte die Karte zusammen und steckte sie weg, aber er sah sie.
    »Aha, du hast eine Landkarte gekauft«, sagte er.
    »Landkarten sind wirklich interessant«, erwiderte ich verlegen. Dabei hätte er verlegen sein müssen, weil er zu spät gekommen war. Ich stieg ein, er warf eine Zigarettenkippe aus dem Fenster und fuhr los. Das sollte er nicht tun, nicht einmal auf einem Parkplatz. Es ist eine schlechte Angewohnheit. Irgendetwas könnte Feuer fangen. Ich warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
    Ich glaube, ich kaufe mir so viele Generalstabskarten wie möglich. Sie sind quadratisch und gehen direkt ineinander über. Irgendwann habe ich das ganze Land beieinander, finde mich überall zurecht und weiß, wo alles ist. Allerdings nützen sie mir nicht viel, wenn sie zu Hause liegen und ich irgendwo unterwegs bin. Ich werde wohl immer vorausplanen und die Landkarte der Gegend, in der ich bin, einstecken müssen, und vielleicht noch die angrenzenden Landkarten.
    In Shrewsbury haben wir die Uniformen gekauft. Das ist keine Stadt, sondern eine Ortschaft, und alles scheint aus demselben rosafabenen Stein erbaut zu sein.
    Wir sind zum »High Tea« nach Old Hall gefahren. Es heißt »Afternoon Tea«, wenn man Tee trinkt und dazu Scones und kleine Sandwiches isst, aber »High Tea«, wenn es dazu noch etwas Heißes, Gehaltvolleres gibt. In diesem Fall war es ein heißes Gericht mit Pasta, Käse und Schinken, aber alles andere war kalt. Die Sandwiches waren mit Thunfisch und Gurken belegt, mit Schinken und Petersilie und mit Käse und Essiggurken. Sie haben toll geschmeckt. Die Scones waren so trocken wie die Kalahari. Außerdem zerbröselten sie, wenn man Butter daraufstreichen wollte. Ich konnte schon mit vier bessere Scones backen. Das habe ich für mich behalten, aber nächstes Mal werde ich vielleicht einer der Tanten sagen (ich kann sie immer noch nicht auseinanderhalten), dass ich welche backen möchte. Ich glaube, das würde sie freuen.
    Sie haben von nichts anderem als der Schule geredet. Von mir wurde erwartet, dass ich von den Lehrern erzähle, die dort inzwischen unterrichten, und wie sich die Häuser schlagen. Sie haben Haus Scott angehört, alle drei, und das ist ihnen jetzt noch viel wichtiger als mir. Ich begreife das einfach nicht.

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