In Nomine Mortis
versah, den Krug geleert hatte.
So aß ich das zarte
Fleisch und trank das Bier aus Gerste und verbrannte mir den Mund an der
dunklen Pfeffersoße. Später gab es Äpfel aus der
Normandie, vom letzten Jahr zwar, doch kaum faltig und noch leidlich süß,
dazu Honig und einen großen Krug Brombeerwein, der süßer
noch war als die Frucht selbst und dunkel wie Blut.
In all der Zeit plauderte
Klara Helmstede mit mir, der ich vor allem aß wie ein Verhungernder.
Sie war freundlich, doch weiß ich heute nicht mehr zu sagen, über
was sie eigentlich mit mir sprach. Erst nach dem Mahl, da ich meine Hände
in Rosenwasser tunken durfte wie ein edler Herr und meinen Mund mit einem
linnenen Tuch abwischte wie ein Kardinal, kam ich wieder zu mir. »Ich
danke Euch für all diese Köstlichkeiten, Frau Helmstede«,
so hub ich an, »doch nun verratet mir, seid so freundlich, was Ihr
von der seltsamen Unglücksfahrt der Kogge wisst.«
»Verratet mir zunächst,
warum Ihr so begierig seid, dies zu erfahren, Bruder Ranulf.«
Es lag mir schon auf der
Zunge, ihr zu antworten, dass sich ein Inquisitor nicht rechtfertigen müsse,
doch irgendeine Macht hinderte mich, diese Respekt heischenden Worte zu
äußern. So erklärte ich ihr, dass Heinrich von Lübeck,
wie sie sicherlich wisse, der Beichtvater des toten Kapitäns —
ihres Schwagers — gewesen sei, und wir Inquisitoren müssten nun
einmal allen Spuren nachgehen, so dunkel und abwegig sie auch erscheinen mögen.
»Nun gut«, sagte die Reedersgattin schließlich, »ich
erinnere mich noch genau an diese Fahrt, denn mein Gatte war natürlich
aufs Höchste erregt, als er feststellte, dass sein Bruder nicht zurückkam.«
»Wann war das?«,
fragte ich.
Klara Helmstede dachte einen
Moment lang nach. »Die ›Kreuz der Trave‹ lief Anfang
Mai des letzten Jahres aus Lübeck aus. Genau weiß ich dies
nicht mehr zu sagen, denn zu diesem Zeitpunkt schien es ja noch eine
normale Fahrt zu sein. Weder ich noch sonst jemand in unserem Hause machte
sich Gedanken darüber. Doch aus dem Mai wurde Juni und aus dem Juni
wurde Juli, und als dann immer noch kein Wort kam von der Kogge, da sandte
mein Gatte Boten aus zu allen Häfen entlang der Nordsee und der
Ostsee, bis nach England und nach Norwegen. Doch nirgends hatte jemand die
›Kreuz der Trave‹ gesehen. So gingen August und September
dahin und wir gaben das Schiff und seine Besatzung verloren und ließen
eine Messe lesen für den älteren Bruder meines Gatten und die
Seeleute, die mit ihm gefahren waren.
Doch Anfang Oktober —
es war der Tag des heiligen Franziskus, ich erinnere mich genau —
schleppte sich die ›Kreuz der Trave‹ in den Hafen von Lübeck.
Man sah der Kogge an, dass
sie eine lange Reise getan haben musste. Niemand war mehr an Bord, nur
Otto Helmstede, mein Schwager, war noch am Leben — wenn auch bloß
für wenige Stunden.«
»Habt Ihr noch mit ihm
sprechen können?«, fragte ich. »Nein«, sie schüttelte
den Kopf, »auch wenn ich dies gern getan hätte.«
Aufrichtiges Bedauern schwang in ihrer Stimme mit. Ich wunderte mich, ob
es der enttäuschten Neugier entsprang, nicht mehr von der rätselhaften
Fahrt erfahren zu haben, oder ob sie in echter Anteilnahme um ihren
Schwager trauerte.
»Otto Helmstede«,
fuhr sie nach einer Pause mit ihrem Bericht fort, »lag am Heck
zusammengesunken an der Steuerpinne, seine Hände waren fest ins Holz
gekrallt. Seine Sinne waren fast geschwunden — doch noch war er so
klar im Geiste, dass er jeden, der sich ihm nähern wollte, mit müder
Geste und leisen, doch schrecklichen Verwünschungen fortscheuchte.
Nur Bruder Heinrich ließ
er zu sich kommen. Der Mönch kniete neben meinem Schwager, flüsterte
wohl eine halbe Stunde lang mit ihm, bis dem Kapitän die Sinne
schwanden und er sein Leben in den Armen seines Beichtvaters aushauchte.
Erst dann durfte ich hinzutreten und Bruder Heinrich bat einige Matrosen,
den Leichnam meines Schwagers von Bord zu tragen.«
Klara Helmstede verstummte
und starrte lange aus dem Fenster. »Wie auch immer«, sagte sie
schließlich, als müsse sie sich zwingen, ihre abschweifenden
Gedanken wieder auf unser Gespräch zu lenken, »ich bat Bruder
Heinrich, mir Bericht zu erstatten, doch er verriet mir nicht, was ihm der
sterbende Kapitän gesagt hatte. Dann ordnete ich an, die ›Kreuz
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