Inseln im Netz
Deckname. Sie wollen ihre Kultur erhalten, sie kämpfen und sterben dafür… Nicht, daß nur rein und edel ist, was wir haben, aber die Kurven des Diagramms haben sich hier gekreuzt. Die Kurve des Bevölkerungswachstums und die Kurve der natürlichen Ressourcen, der Lebensgrundlagen. Sie kreuzten sich in Afrika an einem Ort namens Unheil. Und danach ist alles mehr oder weniger ein Durcheinander. Und mehr oder weniger ein Verbrechen.«
Solche Regeln kamen ihr bekannt vor. Sie lachte leise. »Das habe ich schon gehört. In Grenada und Singapur, in den Steueroasen. Sie sind auch ein Insulaner. Bewohner einer Nomadeninsel in einem Wüstenmeer.« Sie hielt inne. »Ich bin Ihre Feindin, Gresham.«
»Ich weiß das«, sagte er. »Ich tue nur so, als ob es anders wäre.«
»Ich gehöre in die andere Welt draußen, wenn ich je zurückfinde.«
»Karrieremädchen.«
»Es sind meine Leute. Und ich habe einen Mann und ein Kind, die ich seit bald drei Jahren nicht gesehen habe.«
Die Neuigkeit schien ihn nicht zu überraschen. »Sie sind im Krieg gewesen«, sagte er. »Sie können zu dem Ort heimkehren, den Sie Heimat nannten, aber es wird nie wieder wie früher sein.«
Das stimmte. »Ich weiß es. Ich fühle es in mir. Die Bürde des Erlebten.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich möchte hören, was Sie erlebt haben, Laura, was Sie erfahren haben. Ich bin Journalist. Ich arbeite unter anderem Namen. Sacramento Internet. Städtische Video-Genossenschaft Berkeley und noch ein Dutzend andere, dann und wann. Ich habe meine Hintermänner… und in einer der Taschen habe ich Video-Make-up.«
Er meinte es ernst. Sie fing an zu lachen. Es machte ihre Knochen zu Wasser. Sie fiel in der Dunkelheit gegen ihn. Seine Arme umfingen sie: Plötzlich küßten sie sich, und sein Bart stach ihr ins Gesicht. Ihre Lippen und ihr Kinn waren sonnenverbrannt, und sie fühlte die Bartstoppeln durch den fettigen Überzug von Öl und Schweiß stechen. Ihr Herz begann wild zu hämmern, eine manische Erregung überkam sie, als wäre sie von einem Kliff gestoßen worden und befände sich im freien Fall. Er drückte sie nieder. Sie war augenblicklich feucht und bereit - es war alles einerlei.
Katje stöhnte laut zu ihren Füßen, murmelte im Delirium und röchelte. Gresham hielt inne, wälzte sich von ihr. »Oh, Mann«, sagte er. »Entschuldige.«
»Schon gut«, schnaufte Laura.
»Zu dumm«, murmelte er mit Widerwillen. Er setzte sich aufrecht und zog seinen Arm unter ihrem Kopf heraus. »Sie liegt da unten und stirbt in diesem KZ-Anzug… und ich habe meine Kondome im Wagen gelassen.«
»Ich denke, die brauchen wir.«
»Ja, und ob wir die brauchen, dies ist Afrika. Jeder von uns könnte das Virus haben, ohne es zu wissen.« Er sprach unverblümt darüber, ohne Verlegenheit. Stark.
Sie setzte sich auf. Die Luft knisterte von ihrer Intimität. Sie nahm seine Hand und streichelte sie. Es schmerzte nicht. Es war jetzt besser zwischen ihnen, die Spannung war gewichen. Sie fühlte sich ihm gegenüber offen und war froh darüber.
»Es ist schon gut«, sagte sie. »Leg deinen Arm um mich. Halt mich fest. Das ist gut.«
»Ja.« Lange Stille. »Möchtest du essen?«
Ihr Magen signalisierte nichts. »Gott, ich habe dieses ewige Scop satt.«
»Ich habe Abalone und ein paar Dosen geräucherte Austern. Aufgespart für einen besonderen Anlaß.«
Ihr lief das Wasser im Mund zusammen. »Geräucherte Austern? Nein. Wirklich?«
Er klopfte auf seinen Tragsack. »Hier in meinem Absprungsack. Sollten sie mir den Wagen in Brand schießen, möchte ich sie nicht verlieren. Warte, ich zünde eine Kerze an.« Er öffnete den Sack, fummelte darin herum. Licht flammte auf.
Ihre Pupillen schrumpften. »Können die Flugzeuge das sehen?«
Die Kerze brannte, ihr Schein fiel auf sein Gesicht. Verfilztes, grau durchschossenes rötlichbraunes Haar. »Wenn sie es sehen, werden wir beim Austernessen sterben.« Er zog drei Dosen aus dem Sack. Ihr buntbedrucktes Papier glänzte. Wunderdinge aus dem Reich der Konsumgesellschaft.
Er öffnete eine Dose mit dem Messer. Sie aßen mit den Fingern, wie es sich für Nomaden ziemte. Der volle Geschmack traf Lauras geschrumpfte Geschmacksknospen wie eine Lawine. Das Aroma durchflutete ihren ganzen Kopf; sie fühlte sich taumelig vor Genuß. Ihr Gesicht fühlte sich heiß an, und in ihren Ohren war ein leises Singen. »In Amerika kannst du die jeden Tag haben«, sagte sie. Sie mußte es laut sagen, nur um das Wunderbare zu betonen.
»Sie
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