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Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre

Titel: Inspector Alan Banks 15 Eine seltsame Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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standen, wurde sie geöffnet, und ein dicklicher, grauhaariger Mann mit einer schiefen Nase winkte sie aus dem Regen ins Haus.
      »Furchtbarer Tag, was?«, sagte er in unverkennbarem Cockney. Sie waren in der richtigen Gegend, dachte Annie, hier hörte man wahrscheinlich sogar die Glocken von St.-Mary-le-Bow, wenn sie es recht überlegte. »Machen Sie's sich bequem. Ich stelle Wasser auf. Hab auch Schokoladenkekse, wenn Sie wollen.«
      Annie sah sich in dem kleinen Wohnzimmer um, während sich Alf Seaton in der Küche zu schaffen machte. Das Haus vermittelte ein altmodisches Gefühl, fand sie: das kunstvoll verzierte Ofenrohr, der Sekretär aus dunklem Holz und das niedrige Bücherregal unter dem Fenster, in dem hauptsächlich Seefahrerromane standen: Alexander Kent, Douglas Reeman, Patrick O'Brian, alte Hornblower-Ausgaben. An der Wand über dem Kamin hing ein romantisches Seestück, auf dem Lord Nelsons Flotte in stürmischer See mit blitzenden Kanonen die Franzosen angriff. Die Sessel waren alt, aber noch fest, es war kein Staubkörnchen zu sehen. Als Seaton mit Tee und Plätzchen zurückkam, beglückwünschte Annie ihn zu seinem Haus.
      »Ich tue mein Bestes«, sagte er. »Nur weil man kein Geld hat, muss man ja nicht schlampig sein, oder? Hat meine Mutter immer gesagt.«
      »Sind Sie verheiratet?«
      »Meine Fran ist vor zwei Jahren gestorben. Krebs.«
      »Das tut mir leid.«
      »Muss es nicht, meine Liebe. Das Leben geht weiter.« Er sah sich um. »Wir hatten fast fünfzig glückliche Jahre, Fran und ich. 1954 sind wir hier eingezogen, in unser erstes gemeinsames Haus. Und unser einziges, wie sich herausstellte. Damals war ich noch ein junger Bursche, grün hinter den Ohren. Es hat sich vieles geändert. Und nicht immer zum Besten.«
      »Wahrscheinlich nicht«, sagte Annie.
      »Aber Sie wollen ja nicht die Klagen eines alten Mannes hören, oder?«, meinte er und blinzelte Annie zu. »Sie wollen wissen, was genau ich gesehen habe.«
      »Darum sind wir hier, Mr. Seaton«, sagte Brooke.
      »Sagen Sie doch Alf zu mir.«
      Diesen Namen hörte man heutzutage nicht mehr oft, dachte Annie, und wenn, konnte man sicher sein, dass er jemandem aus Mr. Seatons Generation gehörte.
      »Gut, also Alf.«
      »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen noch etwas sagen kann, das ich nicht schon Ihrem Kollegen in Uniform erzählt habe.«
      »Fangen wir mal damit an, was Sie gemacht haben.«
      »Gemacht? Ich saß in genau diesem Sessel hier und hab gelesen. Ich schlafe nicht besonders gut, deshalb habe ich mir angewöhnt, aufzustehen, eine Tasse Tee zu kochen und mich mit einem guten Buch hinzusetzen. Besser als rumzuliegen und über seine Probleme nachzugrübeln, wie man das nachts oft macht.«
      »Ja, stimmt«, bestätigte Annie. »Was geschah als Erstes? Hörten oder sahen Sie das Auto?«
      »Zuerst hörte ich es. Ich meine, in der Nacht ist hier manchmal ein bisschen Verkehr, aber nicht sehr viel. Das hier ist keine Hauptstraße, sie führt auch nicht direkt zu einer. Und besonders sehenswert ist die Straße auch nicht, merken Sie ja selbst. Um drei Uhr sonntags morgens ist es hier normalerweise ziemlich ruhig, nur hin und wieder kommen ein paar Jugendliche vom Feiern nach Hause.«
      »Können Sie sich an die genaue Uhrzeit erinnern?«, wollte Annie wissen.
      Alf Seaton schaute zu der massiven alten Uhr auf dem Kaminsims hinüber. »Zehn nach drei«, sagte er. »Ich hab auf die Uhr geguckt. Zuerst habe ich's gehört, dann hab ich das Licht gesehen. Das Auto hielt direkt gegenüber am Straßenrand. Dann blieb ein zweiter Wagen dahinter stehen.«
      »Und Sie konnten den Fahrer erkennen?«
      »Vom ersten Auto? Ja. Ziemlich deutlich. Da steht eine Laterne, und meine Augen sind in die Ferne noch ziemlich gut.«
      »Was können Sie uns über ihn sagen?«, fragte Annie mit Seitenblick auf Brooke. Ihr Kollege nickte, ein Zeichen, dass sie mit der Befragung fortfahren sollte. Alf schien sich wohl-zufühlen.
      »Ich schätze, ich war etwas aufgeregt«, erklärte Seaton. »Ich meine, bei uns in der Gegend ist so einiges passiert, und wenn man alt und gebrechlich ist wie ich, bekommt man schon Angst, oder? Vor zwanzig Jahren hätte ich jeden vom Hof gejagt, auch wenn er eine Pistole gehabt hätte, aber heute ...«
      »Das verstehe ich«, sagte Annie. »Aber Sie haben ihn ganz gut sehen können, oder?«
      »So viel Angst hatte ich nun auch wieder nicht. Ich weiß gerne

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